Re: Mehrfach-EMP-Sprengköpfe

Geschrieben von Swissman am 03. September 2004 23:47:01:

Als Antwort auf: Mehrfach-EMP-Sprengköpfe geschrieben von MPW am 02. September 2004 23:52:40:

Hallo MPW,

>die kritische Masse, um mit Uran eine nukelare Explosion auszulösen, liegt bei 50 kg. Vorher reicht es nicht zur Kettenreaktion. Die "Rucksack-Bomben" haben als Nuklearzünder Plutonium, da sollen bereits 10 amerikanische Pfund ausreichen.

Im Prinzip richtig: Die kritischen Massen bewegen sich in diesen Grössenordnungen. Wobei dieser Wert bei Plutonium rein theoretischer Natur ist - tatsächlich ist es nämlich physikalisch unmöglich, eine kritische Masse Plutonium zu bilden, da die Teilmengen bereits kurz vor dem Zusammentreffen unter Freisetzung von Neutronen "verpuffen" würden (deswegen ist es auch unmöglich, auf Putoniumbasis Nuklearwaffen nach dem "Kanonenrohrprinzip" zu bauen, was mit U-235 relativ leicht möglich ist).

Plutonium muss daher mittels Implosionsverfahren gezündet werden.

Soweit die Theorie. - In der Praxis sind jedoch mehrere Verfahrensweisen bekannt, die es ermöglichen, Massen zu zünden, die weit unter den Werten liegen, die normalerweise herumgeboten werden.

Die minimale Menge Plutonium, die sich laut "Fourth Generation Nuclear Weapons. The Physical Priniciples of Thermonuclear ExplosivesInertial Confinement Fusion, and the Quest for Fourth Generation Nuclear Weapons" (Verfasser: André Gsponer und Jean-Pierre Hurni - die beiden Kernphysiker arbeiten am CERN in Genf) zünden lässt, beträgt ca. 105g. Diese Menge lässt sich zünden, wenn sämtliche offiziell bekannten "Tricks" gleichzeitig eingesetzt werden (wobei nicht völlig auszuschliessen ist, dass der militärischen Forschung geheime Verfahren zur Verfügung stehen, die es erlauben, diesen Wert nochmals zu minimieren - Der Wert von 105g enstpricht auf alle Fälle dem aktuellen Stand der (zivilen) Kernforschung).

Die resultierende Waffe unterscheidet sich in der Wirkung erheblich von dem, was man sich landläufig unter einer Nuklearwaffe vorstellt: Die Sprengkraft bewegt sich in einer Grössenordnung, die dem Äquivalent von einigen hundert bis maximal einigen wenigen Tonnen TNT entspricht. Im Grunde handelt es sich eher um eine Verpuffung, als um eine Detonation. Die Hauptwirkung erfolgt durch die Emission grosser Mengen schneller Neutronen und harter Gamma-Strahlung, die in einem Umkreis von mehreren Dutzend, bis einigen hundert Metern tödlich wirken.

Aufgrund der erheblichen Mengen Gamma-Strahlung ist in der Folge sehr wohl mit einem EMP zu rechnen (auch wenn dieser bei einer bodennahen Zündung naturgemäss lokal begrenzt ausfallen muss).

Um einen EMP auszulösen ist es jedoch gar nicht unbedingt notwendig, Mitglied im exklusiven Klub der Nuklearmächte zu sein: Derselbe Effekt lässt sich auch mithilfe konventionellen Sprengstoffes und einiger handelsüblicher Elektrobauteile in der richtigen Anordnung, hervorrufen.

Versuche der US Army haben gezeigt, dass es möglich ist, mittels einer Investion von knapp 1000$ eine Vorrichtung zu bauen, die in der Lage ist, im Umkreis von 400 - 500 Metern einen EMP hervorzurufen. Das dazu notwendige Know-how soll sich durch den Besuch einer Universitätsbibliothek, Abteilung Physik, erwerben lassen, wobei die anschliessende handwerkliche Umsetzung selbst für einen ambitionierten Hobbybastler nicht unlösbar sein soll.

Die britische Armee entwickelt übrigens derzeit eine EMP-Artilleriegranate, die im wesentlichen auf demselben Prinzip basiert.

mfG,

Swissman


Antworten: