@ Mabo

Geschrieben von andika am 02. September 2004 20:20:51:

Als Antwort auf: Re: Gleichgültigkeit und Leere geschrieben von Mabo am 02. September 2004 16:52:02:

>Hallo Mabo,

klasse, deine Interpretation!

>Ich schätze, dass dieses Empfinden so eine Art Qualifikationskriterium für dieses Forum ist! ;-) Kein Wunder, dass so etwas hier viele kennen.
>Dieses anders sein. Nicht dazu gehören. Sich als Beobachter fühlen, aber irgendwie nicht als Teil der Gesellschaft. Und das, obwohl eigentlich alles prima läuft. Das Leben manchmal fast nur noch als Simulation empfindend...
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Das trifft es genau. Ich fühle mich und bin eine Beobachterin, die mit einem Teil das "normale" Leben führt und mit dem Rest ein sehr innerliches. Manchmal, wenn ich arbeite oder auf einer Feier bin, mit Menschen rede oder was auch immer, ertappe ich mich irgendwie dabei, wie ich meinen "öffentlichen" Teil beobachte. Anfangs habe ich mich sehr erschrocken darüber ( bin ich etwa schizophren?), inzwischen amüsiert es mich.
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>Woher kommt das?
>Eine meiner Erkenntnisse ist: Erkenntnis ist unwiderruflich! Das ist wie mit der roten und er blauen Pille. Man kann nicht einfach so tun als ob alles normal sei, wenn man bestimmte Dinge erst einmal verinnerlicht oder ihre wahre Natur dahinter erkannt zu haben meint.
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Ich habe ständig das Gefühl, ein Wissen zu haben, das ich jetzt nach und nach entdecke und mir bewusst mache. Es geschehen Dinge, bei denen ich instinktiv
weiss, wie, warum oder was etwas so oder so ist. Mit meinem Verstand kann ich das Ganze allerdings nicht erklären.
Ich kann dein Posting vollkommen nachvollziehen, könnte diese Gefühle jedoch einem "normalen" Menschen nicht erklären.
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>Es ist ein Spiel mit dem Feuer! Wie soll man unbeschwert weiterleben, wenn man das Leid der ganzen Welt ständig mit sich herumträgt. Und selbst wenn man das nicht zu tun glaubt, weil man ja eine klare Schutzlinie gezogen habe und das erst gar nicht an sich ran zu lassen vermeint, dann befassen wir uns un(ter)bewusst doch damit.
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Ich habe irgendwie gelernt, es einfach zu akzeptieren, na ja, wenigstens meistens.
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>Aber allein das Wissen darüber, wie die Welt hinter den materiellen Kulissen tatsächlich gestrickt ist, macht ein normales Erleben und unbefangenes Ausleben der "normalen" Welt schwierig. Man empfindet sich immer mehr als Darsteller in einem Film und spielt bloß eine Rolle darin.
>Man beobachtet den Nachbar, wie er sich fast heulend über einen kleinen Kratzer im Lack seines Autos aufregt, während man gleichzeitig weiß, dass heute wieder 30.000 Menschen verhungern werden.
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Inzwischen regt mich dieser Nachbar nicht mehr auf, weil ich irgendwie weiss, daß "unser" Wissen auch in ihm schlummert und er es einfach noch nicht entdeckt hat. Mit einem 5-jährigen schimpft man ja auch nicht, nur weil er noch nicht lesen kann.
Ich nehme ihn stattdessen als Prüfstein für mich selber: Gibt es noch nichtige Anlässe, die mich wütend machen? Bin ich noch irgendwo gleichgültig oder lieblos? Meistens fällt mir auf Anhieb einiges ein und dann bin ich direkt wieder ruhig, nach dem Motto: siehst du, du bist auch nicht besser.
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>Auch das Beispiel von Andika kann ich nachempfinden. Sie braucht diese "Show" einer weißen Hochzeit nicht. Ja, es ist eine Show!
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Seltsamer Weise hat mich das schon als Kind aufgeregt. Man gibt einem Menschen das Versprechen vor Gott und den Mitmenschen, zu ihm zu stehen und das Einzige, was wirklich wichtig ist, ist die Frage, war das Kleid nicht toll, was gibt es zu essen und hat Tante A oder Onkel B etwa mehr geschenkt als wir. Grrrrrr !!
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>Ich persönlich bekomme diese Transformation nur recht schleppend hin. Das hat, denke ich, auch mit der un(ter)bewussten Kettenreaktion zu tun. Also nicht nur, dass die gewonnen Einsichten nicht mehr gelöscht werden können, sie vermehren sich auch noch munter untereinander und spülen immer wieder neue Ideen nach oben, welche dem „normalen“ Leben im Wege stehen können.
>Was aber stimmt hier denn eigentlich nicht? Man sollte doch erwarten, dass Erkenntnisse einem helfen. Schließlich hat man mit jeder neuen Erkenntnis ein weiteres Werkzeug in der Hand das Leben zu meistern. Es müsste doch leichter werden. Wieso nur, bereitet einem aber jede neue Erkenntnis wieder neue Probleme im Umgang mit der „normalen“ Welt?
>Vielleicht, weil die andern alle gar nicht so „normal“ sind, wie sie denken oder wie wir selbst sie manchmal fast neidisch ob ihrer Ernsthaftigkeit beim Leben in der Illusion betrachten. Vielleicht stoßen sich geistige Erkenntnisse mit der Welt, weil die Welt nicht dem entspricht, was eigentlich „normal“ sein sollte. Vielleicht passen die Werkzeuge schlicht nicht, weil sie an sich verkehrt sind, sondern weil sie in der verkehrten Welt Anwendung finden sollen. Vielleicht ist das hier alles gar nicht so „normal“, wie wir immer denken.
>Es hat denke ich tatsächlich was mit der zweifelhaften Maxime „lieber dumm und glücklich“ zu tun, nur hält man es, obwohl einem ja eigentlich auch am Glück gelegen wäre, dennoch für besser, lieber kein Dummer zu sein.
>Wenn man sich bei aller Klugheit dann aber jeden Tag von Menschen umgeben wähnt, die irgendwie anders sind, die irgendwie mehr hier her gehören oder das Leben einfach besser ausleben, dann passiert sogar was ganz kurioses. Man kann einen regelrechten Minderwertigkeitskomplex daraus entwickeln. Quasi als Symptom der „Minderverwurzeltheit“ oder „Minderdazugehörigkeit“.
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Stimmt, anfangs habe ich mich immer - weil nicht dazugehörig f ü h l e n d - als minderwertig betrachtet. Was alle anderen aber nie so sahen. Ich habe mal mit mehreren guten Freunden darüber gesprochen, alle waren extrem geschockt, daß ich mich so fühle. Sie meinten, ich würde von allen geachtet und wäre in meiner Umwelt sehr beliebt. Was ich aber irgendwie nie so registriert habe.
Inzwischen fühle ich mich nicht mehr als minderwertig, sondern einfach als anders.
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>Wenn man anfängt, die Welt aus einer anderen, einer metaphysischen Sicht zu betrachten, dann relativiert man damit irgendwie automatisch die Wichtigkeit des „Normalen“. Wie, wenn man auf dem Eifelturm steht und die unzähligen leuchtenden Pünktchen der fahrenden Autos auf den Straßen beobachtet. Jedes dieser Pünktchen repräsentiert ein oder gar mehrere Menschen, die sich alle als das Zentrum des Seins empfinden und ihr „Ding“ durchziehen. Wie relativ (un)wichtig erscheint da doch das eigene Leben in Anbetracht dieser Aussicht!
>Und wir leben ja eingebettet in Superlativen. 6 Milliarden Menschen, mitten in einem unendlichen Universum, auf einem Planeten wo es schon seit Jahrmillionen Jahren Leben gibt, als Ahne von unzähligen Vorfahren... Diese materiell erfassbaren Aspekte sind schon erschlagend. Dies alles dann zusätzlich noch als nur einen winzigen Ausschnitt des Seins zu betrachten, als Splitter in einem multidimensionalen von Geist durchflutetem Schwingungssystem zu versuchen zu verstehen, macht es erst mal eher noch schlimmer.
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Das macht einfach nur demütig. Demütig im Sinne von "ich bin nichts besonderes" aber auch gleichzeitig wahnsinnig stolz im Sinne von " ja, ich bin ein Teil dieses ganzen Großen".
Und je länger man sich damit befasst, desto stolzer wird man. Nicht auf sich selbst oder seine Leistungen oder was auch immer, sondern ungefähr so, als würde man zu einem Fest eingeladen, zu dem man immer wollte aber nie gehofft hätte, es wert zu sein, dort eingeladen zu werden. (Mein Gott, was für ein Satz, kapiert den überhaupt einer?)
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>Die intellektuelle Vorstellung damit gleichzeitig eins mit allem ja letztlich Gott zu sein, erscheint dann zwar zunächst wieder aufbauend, jedoch ändert das nichts an der täglich erfahrbaren Inkompatibilität mit seinem Umfeld. Durch diese Andersartigkeit fühlt man sich manchmal regelrecht artungerecht gehalten.
>Diese Inkompatibilität ist aber nicht nur in eine Richtung spürbar. Ich finde es kurios, dass Leute wie der Nachbar oben, der über seinen Lack jammert als ginge die Welt gerade unter, auf der anderen Seite unbeschwert Kinder in die Welt setzt und sich dann leichtfertig scheiden lässt und es ihm scheinbar schnurz ist, was aus seinen Ablegern eigentlich wird. Neue Frau, neues Auto, neues Glück! Man könnte ja meinen, dass ein so verwurzelter Mensch, der materielle Aspekte so wertschätzt seine Rolle als Erdenmensch wirklich ernst nimmt, dass dieser dann das Leben auch voller Verantwortung gestaltete.
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siehe oben: Er wird es auch irgendwann lernen, wir sind halt in unterschiedlichen Lerngruppen.
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>Letztlich und in wenigen Worten zusammengefasst resultiert das Empfinden der eigenen Minderwertigkeit (besser „Minderwichtigkeit“) aus dem eintretenden Verlust des Egos. Ich zumindest muss da langsam etwas aufpassen, dass ich mein eigenes Ego, meine eigenen Egoismen, nicht zu rasant auflöse. Bis zu einem Gewissen Punkt ist das zu einer bestimmten Zeit für Erkenntnisgewinn und die eigene Entwicklung sicher unheimlich wichtig, aber diesen sollte man nicht einfach mutig überspringen. Das sind Prozesse, die sich sukzessive entwickeln. Man muss schlicht Acht geben, dass man nicht wirklich zum eigenbrötlerischen Kauz mutiert, der dann wirklich nur noch auf Widerstand unter den sog. „Normalen“ trifft. Denn damit macht man es sich selber sehr schwer profanes, alltägliches Glück zu empfinden, immer auf der Suche nach der ganz großen Wahrheit, umgeben von Gleichgültigkeit und Leere.
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Gehe es langsam an und versuche nicht, es zu erzwingen. Bei mir lief das immer phasenweise ab. Mal habe ich monatelang nur "schlaue" Bücher gelesen und mich innerlich zurückgezogen, dann wollte ich wiederum Monate nur "normal" leben und habe alles abgeblockt und unterdrückt und dann ganz urplötzlich war mir wieder irgendetwas, was ich am Tag zuvor noch nicht kapiert hatte, klar. Und ich habe selber mit dem Kopf geschüttelt, wie einfach doch die Erklärung war und weshalb ich da denn noch nicht eher drauf gekommen bin.
Also, immer mit der Ruhe! Du bist auf dem Weg und wirst irgendwann ankommen, wie wir alle. Es geht doch nicht darum, der erste zu sein, oder?

Liebe Grüße von deiner Mitschülerin
andika



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