Angriffskriege und die Lehre der Geschichte
Geschrieben von franke43 am 11. Januar 2002 12:13:17:
Als Antwort auf: Re: dazu stehen geschrieben von Ghost am 11. Januar 2002 10:48:13:
Hallo
>SoL333 schrieb:
>lieber SoL333 glaubst du nicht das die Menschen heute zumindest aus dem
>WW1 und WW2 gelernt haben, das ein Angriffskrieg gegen ein anderes Land
>überhaupt nichts bringt ? Die Geschichte lehrt.Was SoL333 glaubt, weiss ich nicht. Aber ich glaube, dass die Lernfähigkeit
der Menschen (wohlgemerkt: der Mehrheit) nicht ausgeprägt ist. Grund: das
Lernen aus der Geschichte setzt die Kenntnis derselben voraus. Sehr viele
Menschen haben nur rudimentäre Geschichtskenntnisse. Auch meine eigenen
Geschichtskenntnisse sind wohlgemerkt (leider) sehr begrenzt, obwohl ich
ständig mit der Geschichte argumentiere.Agriffskriege bringen nichts ? Da gibt es Beispiele und Gegenbeispiele
wie immer.Erfolglose Angriffskriege:
Erster Weltkrieg: Deutsches Reich und Österreich-Ungarn sind die
Verlierer, nachdem sie angegriffen haben. Auch Russland ist nach
seinem Angriff auf Deutschland und Österreich-Ungarn Verlierer
(Brest-Litowsk).Zweiter Weltkrieg: kein Kommentar. Die Angreifer Deutschland und
Japan verlieren.Vietnamkrieg: die Angreifer USA verlieren trotz haushoher technischer
Überlegenheit.Afghanistan und SU: dito.
Napoleonische Kriege: der Welteroberer Napoleon scheitert 1812 in
Russland mit seinen Angriffskriegen.Siebenjähriger Krieg 1756-1763: der Angreifer Friedrich II.
verliert trotz zahlreicher Einzelsiege seinen Angriffskrieg und
"gewinnt" lediglich die Friedensverhandlungen auf diplomatischem Weg.Das sind Beispiele, die die Theorie zu bestätigen scheinen.
Aber:
Friedrich II. hat seinen ersten Angriffskrieg 1740-42 gewonnen
(den "Ersten schlesischen Krieg") und die Kriegsbeute in den
Folgekriegen erfolgreich verteidigen können.Ludwig XIV. hat mehrere seiner Angriffskriege gewonnen, die
sogenannten Devolutionskriege. Erst den letzten, den Spanischen
Erbfolgekrieg, hat er verloren.Die Sowjetunion "gewinnt" ihre Angriffskriege von 1939 im 2. Weltkrieg
und behält das Baltikum sowie einen dominierenden Einfluss im
formal selbständigen Finnland. Der erste Krieg gegen Finnland ist
zwar eine Niederlage, aber der "Fortsetzungskrieg" endet mit einem
sowjetischen Sieg.Preussen gewinnt seinen Angriffskrieg gegen Frankreich 1870/71,
den man geschickt als vorweggenommene Verteidigung tarnt.Preussen gewinnt seinen Angriffskrieg gegen Dänemark 1864.
Russland gewinnt seinen Angriffskrieg von 1700 gegen das benachbarte
Schweden. Der Sieg (Frieden von Nystad 1721) lässt aber 21 Jahre auf
sich warten. Kriegsbeute: Baltikum.Schweden gewinnt alle seine Angriffskriege im 17. Jahrhundert
gegen Dänemark, Polen und auch gegen Deutschland.Russland gewinnt 1808/9 seinen Angriffskrieg auf das schwedische
Finnland und erhält das Land als Kriegsbeute.Russland, Preussen und Österreich/Ungarn gewinnen ihre drei
Angriffskriege gegen Polen in den 3 polnischen "Teilungen" in
der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.Die Türkei gewinnt ihre Angriffskriege gegen Europa bis zur
grossen Niederlage vor Wien 1683. Unter anderem die
Schlacht auf dem "Amselfeld" (Kosovo Polje) 1389 und die
Schlacht von Mohacs 1516.Die Mongolen gewinnen alle ihre Angriffskriege einschliesslich
der Schlacht bei Liegnitz in Schlesien 1241. Nur der Tod des
Grosskhans Ögedei verhindert, dass Europa eine mongolische
Provinz wird. Für Russland stirbt Ögedei ein paar Jahre zu spät.Die Engländer gewinnen um 1900 ihren Angriffskrieg gegen die
Holländische Kapprovinz ("Burenkrieg").Also: wer will behaupten, dass "sich Angriffskriege nicht lohnen" ?
Das ist leider kein Naturgesetz. Manche gehen für den Angreifer
schlecht aus, manche gut.>Die Russen haben genug Söhne in Afghanistan verloren, und was haben sie
>erreicht ?Die Russen haben noch viel mehr Söhne im "Grossen vaterländischen
Krieg" geopfert. Ebenso im Krieg 1812/13 gegen Napoleon. In beiden Fällen
haben sie nicht nur erfolgreich einen Angriff auf ihre Land abgewehrt
(was völlig legitim war), sondern den Krieg bis ins Land des Angreifers
zurückgetragen. Im neueren Fall sind sie dafür sogar mit der Dominanz
über ganz Osteuropa während der folgenden 40 Jahre "belohnt" worden.>So ein Krieg zu führen, da muss das ganze Volk dahinter stehen, sonst
>funktioniert das überhaupt nicht! Glaubst du das russische Volk würde
>einen Angriff auf den Westen befürworten ? um was zu erreichen ? Lebensraum ?Das kommt darauf an. 1941-45 und 1812/13 hat funktioniert, weil das
russische Volk zunächst in Selbstverteidigung gehandelt hat. Vielleicht
wird Putin ja einen Fall der "Selbstverteidigung" konstruieren ??
1914-1918 hat nicht funktioniert, weil da der Selbstverteidigungsfall
nicht vorhanden war. Als man "den Serben helfen" musste, waren die
russischen Bauern eben nicht so motiviert.>Für mich ist diese Idee so absurd, naja.
Der Krieg ist absurd und so alt wie die Menschheit.
>ABER! was ich mir vorstellen kann ist ein Scenario nach einer gewaltigen
>Naturkathastrophe. Alles ist im Chaos, es gibt keine Ordnung mehr.
>Dann könnten sich vielleicht ein paar Leute denken, wir ziehen jetzt
>erst mal die Grenzen neu, da wir ja eh wieder am Anfang sind ;)
>Gruss
>GhostGruss
Franke 43
- Re: Angriffskriege und die Lehre der Geschichte Ghost 11.1.2002 12:27 (10)
- Die www-Krise! King Henry 11.1.2002 16:26 (1)
- Re: Die www-Krise! MP42 11.1.2002 16:36 (0)
- Witze als Spiegelbild der Gesellschaft Mischel 11.1.2002 13:24 (6)
- Re: Witze als Spiegelbild der Gesellschaft Zet 11.1.2002 14:45 (5)
- Der ist aber auch nicht schlecht, Zet Mischel 11.1.2002 15:04 (4)
- Ganz schön pervers, lieber Mischel...:-))) - o.T. Zet 11.1.2002 17:13 (3)
- Re: Ganz schön pervers, lieber Mischel...:-))) - o.T. Space_Man 12.1.2002 06:45 (2)
- ???? (o.T.) Mischel 14.1.2002 09:06 (0)
- Re: Ganz schön pervers, lieber Mischel...:-))) - o.T. Zet 12.1.2002 12:44 (0)
- Re: Angriffskriege und die Lehre der Geschichte franke43 11.1.2002 12:34 (0)