Das Grundproblem der komplexen Prozessabläufe / Kriterien für Vorbereitung
Geschrieben von Elias Erdmann am 21. Juni 2004 20:15:00:
Als Antwort auf: Sinnvolle Vorsorge geschrieben von Johannes am 21. Juni 2004 14:05:44:
Hallo Johannes
> Viel wahrscheinlicher (sowohl aus Proph.-Sicht als auch aus allgemeiner
> politischer Einschätzung) ist es aber, daß es der Wirtschaft allmählich schlechter
> gehen wird, wozu dann auch Versorgungsengpässe gehören. Und dazu gehört gar
> nicht viel: Bei einem großen Stromausfall (siehe USA/Italien oder evtl. auch ein
> gezielter Streik) funktionieren weder die Kassen im Supermarkt noch die Tankstellen
> für die LKWs, die neue Lieferungen bringen. Wie lange wird man dann noch
> einkaufen können?Ich sehe die Sache so: In den letzten Jahren haben wir alle wirtschaftlichen Prozesse immer komplexer gestaltet. Ein Produkt wird heute nicht mehr in einer Firma hergestellt, sondern die Einzelteile vollführen die unterschiedlichsten Reisen quer über den Kontinent, bis sie schließlich zu einem Produkt zusammen gesetzt werden.
Und bei den Datenströmen ist die Situation ebenfalls recht komplex.
Um die komplexe Situation zu beherrschen, braucht man viele Mitarbeiter. Wenn durch eine langfristige Wirtschaftskrise die Mitarbeiter abgebaut werden, dann werden die Prozesse irgendwann unkontrollierbar.
Irgendwann stürzt dann zufällig irgendwo ein Rechner ab, von dem keiner mehr weiß, was da eigentlich drauf lief und dann nimmt das Chaos seinen Lauf. Um den Schaden zu begrenzen, wird man an anderen Prozessen rumbasteln, die man auch nicht mehr richtig beherrscht und wo man die letzten Spezialisten auch schon vor Jahren abgebaut wurden. u.s.w.
Dieses Szenario werden wir vermutlich in den nächsten Jahren in Variationen immer wieder erleben. Die Komplexität, die wir in den „fetten Jahren“ angeschafft haben, wird in den „mageren Jahren“ unbeherrschbar. Unsere komplexen Prozesse sind wegen ihrer Komplexität auch sehr anfällig.
> Ich muß nicht im Winter Erdbeeren essen und im Sommer Rosenkohl,
> sondern alles hat seine Zeit.Die Nahversorgung mit Lebensmittel ist natürlich auch deutlich komplexer und anfälliger, wenn die Lebensmittel aus allen Teilen der Welt kommen.
Ein weiterer Lebensbereich, der wegen seiner Komplexität zunehmend unbeherrschbar wird, ist unser Rechtssystem.
Das Problem der Komplexität verstärkt sich weiterhin durch eine enorme Beschleunigung der Abläufe und Produktzyklen.
Man muss immer schneller reagieren, obwohl die Prozesse immer unbeherrschbarer werden. Gewisse Fehlentscheidungen sind abzusehen, wenn man in intransparenten, komplexen und dynamischen Prozessen eingreifen muss, vor allem weil komplexe Situationen nicht immer so reagieren, wie man sich das zunächst vorstellt. Da gibt es ganz unterschiedliche „Einschwingvorgänge“, „Rückkopplungen“ und „Regelungsmechanismen“, die ineinander greifen und die zur Folge haben, dass man möglicherweise das entgegengesetzte Ergebnis bekommt, als das was man eigentlich erwartet hatte.
So kann es z.B. passieren, dass ein Staat unter Umständen weniger Steuereinnahmen hat, wenn er die Steuern erhöhnt. u.s.w.
Zum Thema der intransparenten , komplexen und dynamischen Systeme gibt es übrigens ein herrliches Buch: Die Logik des Misslingens
Kurzfristige Versorgungsengpässe und Ausfälle sind eine Folge der unbeherrschbaren Prozesse. Weiterhin wird Betrug und Korruption zunehmen. Und vermutlich wird es auch einige Katastrophen geben, die durch die Unbeherrschbarkeit von Anlagen ausgelöst werden.
Natürlich besteht auch die Gefahr, das Terroristen mit der Zeit herausbekommen, mit welchen punktuellen Aktionen man welche Folgewirkungen herbei führen kann.
> Auch generell meine ich, daß man sich nicht nur auf ein Extremszenario festlegen
> bzw. vorbereiten sollte, sondern eher allgemein, so daß es einem in vielen Situationen
> hilft bzw. man selbst helfen kann.Das predige ich hier seit drei Jahren.
Ganz allgemeine Kriterien:
- Leben ohne Strom (Geräte für Handbetrieb, Petroleum, Notstrom, ...)
- Leben ohne Wasser (Regentonne, Brunnen, ...)
- Leben ohne Heizung (Kohleofen, Allesbrenner, Decken, ....)
- Leben ohne Ersatzteile (Vorräte, Geräte mit geringen Ersatzteilbedarf, ...)
- Leben ohne Nahversorgung (Vorräte für ein paar Wochen, Anbaufläche)
- Leben ohne Handwerker und Spezialisten (Werkzeug, Anleitungen und Erfahrungen.)
- Leben ohne Job (Rücklagen, keine Schulden, DoItYourself,...)
- Leben auf der Flucht (Camping/Survival-Ausrüstung)
- Leben bei Unruhen (Verstecke, Fluchtpunkte, Waffen, ...)
- Leben ohne medizinische Versorgung (Hausapotheke, Verbandskasten, Ersatzbrillen, ...)
- Leben ohne soziale Sicherungssysteme (Überlebensgemeinschaft Familie/Verwandtschaft)
- Leben ohne Handy (Verabredungen für Notfälle treffen)
- Leben ohne TV, Radio, Internet, Telefon (Weltempfänger, Funkgeräte, ...)
- Leben ohne Auto, Bahn, ... (Fahrrad, Mofa, ...)In den letzten Jahren habe ich immer wieder im Forum Beiträge gelesen, die immer wieder auf ein typisches Flucht-Szenario rausliefen. Fluch ist aber nur dann sinnvoll, wenn es kurzfristig Probleme vor Ort gibt.
Vor langfristigen Problemen kann man nicht mal schnell in den Wald flüchten. Weiterhin sollte man bei jeder Flucht sehr genau bedenken, was man alles aufgibt:
- Dach über dem Kopf
- Vorratskeller
- Werkzeug
- Garten als Anbaufläche
- Ortskenntnisse
- Soziale Kontakte
- Evtl. SprachkenntnisseAlles das kann unter Umständen lebenswichtig sein. Wenn man flüchtet, sollte es sehr gute Gründe dafür geben, sonst verringert man sogar durch die Flucht die Überlebenschancen.
Viele Grüße
Elias
- Re: Guter Beitrag! Trifft es! Ahlfi 21.6.2004 20:22 (0)