Re: off topic: Warum haben die USA den Sturz des Schahs nicht verhindert?
Geschrieben von Swissman am 19. Juni 2004 01:34:03:
Als Antwort auf: Re: off topic: Warum haben die USA den Sturz des Schahs nicht verhindert? geschrieben von NoPasaran am 18. Juni 2004 19:13:51:
Hallo NoPasaran,
>Ach ja, und es ist natürlich schon auch eine interessante Frage, warum der eine amerikanische Versuch, die Teheraner Geiseln zu befreien, so gnadenlos in die Hose ging.Das ist leicht: Weil der ganze Plan von Anfang an heller Wahnsinn war. Im Grunde muss man froh sein, dass er bereits in einer sehr frühen Phase misslungen ist. "Operation Eagle Claw" sah vor, mit MC-130-Flugzeugen ein Team der Delta Force einzufliegen und in der Wüste abzusetzen. Gleichzeitig sollten acht Hubschrauber von einem Träger her zum selben Punkt fliegen. Dort sollten sie aufgetankt werden und die Delta-Force-Männer aufnehmen, um anschliessend in die Nähe Teherans zu fliegen, wo man Helikopter und Mannschaften während des Tages verstecken wollte.
In der zweiten Nacht sollte das Befreiungskommando mittels Lastwagen nach Teheran fahren, die US-Botschaft aufsuchen und dieselbe stürmen, um die Geiseln zu befreien. Gleichzeitig sollten 100 Rangers den Flughafen, der an einem ganz anderen Ende der Stadt liegt, in einer Luftlandeaktion einehmen und solange halten, bis das Delta-Force-Team mit den Geiseln eintreffen würde. Dies wollte man bewerkstelligen, indem man die Leute mit Lastwagen (quer durch eine Millionenstadt im revolutionären Fieber!) zu einem Stadion karrte, wo ein Treffen mit den Hubschraubern geplant war, um schliesslich auf dem Luftweg den Flughafen zu erreichen.
Ein solcher Plan mag im Kino ja durchaus funktionieren - in der Realität wären die Soldaten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bis zum letzten Mann aufgerieben worden. - Man fragt sich, welches militärische "Genie" solche Pläne entwirft... - Obwohl, gegenüber dem ersten Entwurf ist zumindest ein gewisser Fortschritt erkennbar: Ursprünglich plante man nämlich allen Ernstes, mit Lastwagen von der Türkei aus quer durch den Iran zu fahren, die Geiseln zu befreien und anschliessend auf dem selben Weg zu exfiltrieren...
Nun ist es natürlich immer leichter zu kritisieren, als etwas selbst zu tun. Daher nun mein (hypothetischer) Lösungsansatz: Da eine erfolgversprechende Militäraktion unter den gegebenen Umständen objektiv so gut wie unmöglich war, hätte ich Ayatollah Khomeini (inoffiziell, versteht sich) ein Geschäft vorgeschlagen. Dieses hätte in etwa die folgenden Punkte beinhaltet:
Die USA erklären sich bereit, die neue Regierung formell anzuerkennen und zum Courant Normal zurückzukehren, d. h. sämtliche Sanktionen werden zurückgenommen. Da Washington und die Ayatollahs ein gemeinsames Interesse an der Verhinderung einer kommunistischen Machtübernahme, und ergo an der Beseitigung des damals noch existenten linken Flügels der Regierung haben, anerbietet sich Washington, bei der Lösung dieses Problems insofern behilflich zu sein, als es den Mullahs dabei hilft, diesen Schritt politisch zu verkaufen.
Im Gegenzug muss Ayatollah Khomeini nichts weiter tun, als ein Bauernopfer zu bringen: Bei den Geiselnehmern handelte es sich bekanntlich um fanatische Studenten, die ursprünglich auf eigene Faust handelten. Die iranische Regierung wird sich daher nach Inkrafttreten des Abkommens von den Geiselnehmern distanzieren und diese als kommunistische Provokateure geisseln (einige Indizien sprechen übrigens dafür, dass dies sogar der Wahrheit entspricht!). Zu einem günstigen Zeitpunkt werden iranische Spezialeinheiten die Botschaft stürmen und die Geiseln befreien, wobei die Terroristen kämpfend untergehen werden.
Nach aussen hin hätten beide Seiten das Gesicht wahren können. Ich bin mir einigermassen sicher, dass ein solches Vorgehen eine realistiche Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
mfG,
Swissman