Re: Unterscheidung von Schauung und Überlagerung

Geschrieben von JoeKaiser am 16. Juni 2004 20:50:27:

Als Antwort auf: Unterscheidung von Schauung und Überlagerung geschrieben von Elias Erdmann am 16. Juni 2004 20:24:54:

Einiges erinnert mich an den mittelalterlichen Mystiker Meister Eckart und den Film 'Jacobs Ladder':

zitat anfang:
....Jacob Singer ist aus dem Vietnamkrieg heimgekehrt. Doch die Welt, in der er lebt, ist nicht mehr seine Welt. Sein gewohntes Umfeld ist zerbrochen. Der promovierte Akademiker arbeitet als Briefträger, hat seine Frau und die Kinder verlassen und wohnt mit Jezebel zusammen, einer jungen Kollegin.

Jacob weigert sich zu denken. Er hat sich auf die Grundfunktionen des Daseins zurückgezogen, auf einen überschaubare Alltag aus Essen, Schlafen, Arbeiten. Das ist überschaubar und auszuhalten. Doch auch diese Existenz bekommt Risse. Jacob sieht Dinge, die nicht real sind, Albträume überfallen ihn im Wachzustand, die Realität ist nicht mehr fest und sicher. Zudem quälen ihn Erinnerungen. An ein blutiges Massaker in Vietnam, bei dem er schwer verletzt wurde, an seinen kleinen toten Sohn, der bei einem Verkehrsunfall umkam.
Und sein Rücken macht ihm immer wieder zu schaffen. Dann ist er nahezu bewegungsunfähig und muß von Louis, seinem Chiropraktiker, wieder auf die Beine gestellt werden.

Jezebel versucht die bösen Erinnerungen auszulöschen. Sie vernichtet seine Familienfotos, steht ihm in seinem Wahn bei. Vergeblich. Jacobs Welt ist aus den Fugen. Er sieht Dinge, die nicht existieren, alltägliche Situationen entgleisen und werfen ihn wortwörtlich zu Boden.

Eines Tages trifft Jacob alte Kameraden aus Vietnam wieder. Und er entdeckt, daß er nicht allein mit seinen Problemen ist. In Vietnam ist etwas mit ihnen geschehen, dem sie auf die Spur zu kommen versuchen. Doch auch bei diesem Versuch stoßen sie auf Widerstand, werden mit geheimnisvollen Anschlägen und Todesfällen konfrontiert. Schließlich findet Jacob die Lösung alleine. Sie ist ebenso folgerichtig wie schrecklich.

Ebenen


Es ist nicht einfach, diesem vielschichtigen Film auf die Spur zu kommen. Sicher, am Ende klärt sich alles, paßt das Puzzle zusammen und Jacob findet seinen Frieden. Der Zuschauer jedoch keineswegs.

Versuchen wir, die Geschichte in ihre Ebenen zu zerlegen. Da ist zum einen das Geschehen in Vietnam. Nimmt man die in eingestreuten Brocken erzählte Episode für sich, ist sie die tragische Geschichte eines mißglückten Drogenexperiments der Army, bei dem die Beteiligten aufeinander losgehen, sich gegenseitig zerfleischen - und bei dem Jacob umkommt. Die gesamte restliche Handlung läßt sich dann als Vision eines Sterbenden erklären.

Doch so banal dies klingt, so wenig wird es dem gerecht, was in der „Gegenwart“ des Films geschieht. Hier findet eine tatsächliche Entwicklung des Jacob Singer statt: Er lernt den Tod zu akzeptieren. Den Tod seines Sohnes Gabe, den Tod der Kameraden, schließlich seinen eigenen. Er lernt, daß es die Hölle bedeutet, am Vergangenen festzuhalten, daß die Dämonen, die ihn quälen, die Erinnerungen an Gewesenes sind.

Bis er diesen Punkt erreicht hat, lebt Jacob in einer Zwischenwelt.

Zitat ende



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