Du und Sie
Geschrieben von franke43 am 12. Mai 2004 11:32:04:
Als Antwort auf: Schwedische Sprachpolitik/Englisch-Boykott geschrieben von JeFra am 12. Mai 2004 10:38:48:
Herr JeFra
>Ich habe mir dieser Tage Det sjunde insiglet auf DVD gekauft, und die >einzige Ausgabe war eine Ausgabe von Tartan DVD auf schwedisch mit englischen >Untertiteln. Ich habe mit google gesucht, aber nur diese Ausgabe gefunden. Ich >hätte mich ja gerne ihrem Boykottaufruf angeschlossen und eine DVD auf >Schwedisch mit schwedischen Untertiteln gekauft, denn eine DVD mit >schwedischer Tonspur und nur englischen Untertiteln zu produzieren ist ja >vollkommen widersinnig.
Es tut mir Leid, aber es kann sein, dass diese Fassung extra
für den internationalen Markt erstellt wurde. Als Ingemar Bergman
dieses Frühwerk drehte, hatte man wahrscheinlich noch gar keine
Untertitel.Das Schwedisch damals war gepflegter als heute, und in Filmen
verwendete man eine andere Aussprache als heute. Z.B. wurde
das lange "A" mehr in der offenen Richtung gesprochen und
noch nicht so dunkel und "O"-artig wie heute. Also mehr so wie
in der deutschen Sprache. Unter anderem daran erkennt man Filme
aus den 60-ern und von noch früher.>Ein anderer wunder Punkt in dieser Frage ist die von Ihnen so sehr gepriesene >sogenannte Du-Reform. Anscheinend hatten die meisten indogermanischen Sprachen >besondere Höflichkeitsformen der Personalpronomina 2. Sg, ausgenommen das >Englische. Selbst die Basken haben die Höflichkeitsform übernommen (und dazu >das ursprüngliche PP 2. Pl genommen, das sie dann zur leichteren >Unterscheidbarkeit abgewandelt haben). Ich betrachte die Vorstellung, daß >jeder jedermanns `buddy' sei, auch wenn man sich nicht näher kennt, als ein >Symptom des von Amerika ausgehenden kulturellen Niederganges.
Sie verstehen meine Denkweise wahrscheinlich nicht. Aber
sie sollten sehen, dass ich Ihren konsequenten Gebrauch der
Höflichkeitsform hier im Netz nicht kritisiere, sondern sogar
konsequent darauf eingehe.Ich bin kein Gegner der Höflichkeitsform. Es ist aus meiner
Sicht nicht grundsätzlich verkehrt, eine Anredeform für
Fremde oder flüchtige Bekannte zu haben und eine andere für
Blutsverwandte und enge Vertraute.Was mich stört, sind "asymmetrische Gesprächssituationen"
in denen informelle Ungleichheit zum Ausdruck kommt. etwa
wenn sie ein Ihnen fremdes Kind duzen (dürfen), das Kind
das aber umgekehrt nicht darf. Sie wissen sicher, was ich
meine.In meinen Augen hat jeder Mensch, der sich nicht massiv
krumm oder asozial verhält, a priori denselben Menschenwert
und dieselbe unteilbare Menschenwürde. Asymmetrische
Gesprächssituationen etwa der folgenden Art:- Erwachsener duzt Kind, Kind siezt Erwachsnenen
- Lehrer/Meister duzt Lehrling/Schüler, umgekehrt "Sie"
- Chef duzt Untergebene, Untergebene siezen Chef
- Polizist duzt "Ganoven", "Ganove" siezt zurücksind aus meiner Sicht mit diesem Grundsatz sprachlich
nicht vereinbar. Deshalb begrüsse ich, dass man hier und
auch in Norwegen und teilweise auch in Dänemark die alten
Höflichkeitsformen aus dem Gebrauch genommen hat, denn
dadurch werden asymmetrische Gesprächssituationen
vermieden.Noch schlimmer finde ich die Tituliererei, bei akademischen
Titeln (obwohl sie meist sauer erworben sind) und erst
Recht bei angeborenen Titeln z.B. Adelsprädikaten. Denn
vor Gott sind wir alle gleich und sofern keine Trisomie
vorliegt, haben wir alle 46 Chromosome pro Zellkern.Dazu kommt bei der skandinavischen Du-Reform, dass sie den
Umgang mit fremden Menschen praktisch sehr erleichtert
hat. Man muss nicht mehr lange nachdenken, um auf fremde
Menschen zugehen und mit ihnen Kontakt aufnehmen zu
können. Und das Du wird hier im Norden kaum mehr als
plumpe Vertraulichkeit empfunden, sondern einfach nur als
Status Quo für (fast) alle.Die Angehörigen der Königshäuser darf man allerdings auch
hier nicht duzen.Gruss
Franke