"Überirdische Explosionen können keinen Krater verursachen..." - ach ja?!

Geschrieben von Swissman am 29. April 2004 03:02:09:

Als Antwort auf: US-Anschlag in Nordkorea? Die Kacke dampft... geschrieben von Micha aus dem Süden am 28. April 2004 01:10:02:

Hallo Micha,

>ist Euch nicht auch komisch vorgekommen, dass die Großexplosion in Nordkorea von Chinesen und Koreanern völlig unterschiedlich beschrieben wird?

Nein.

Und die ganze Geheimnistuerei?

In kommunistischen Staaten ist dies die normale Vorgehensweise.

Und jetzt erweist sich das in der Tagesschau und weltweit präsentierte "Satellitenbild" mit der schwarzen Rauchwolke, angeblich 18 Stunden nach der Explosion aufgenommen, auch noch als Fälschung.

Das Satellitenbild ist schon echt, aber die Legende nicht.

Die BBC teilt jetzt mit: sorry, die britischen Sicherheitsbehörden haben uns da ein Bomben-Bild aus dem Irak untergejubelt. Warum machen die das?

Was jetzt? - Fälschung oder Verwechslung? Du wirst zugeben müssen, dass die beiden Varianten sich gegenseitig ausschliessen...

Die naheliegendste und wahrscheinlichste Erklärung ist die, dass es infolge Zeitdruck zu einer ganz ordinären Verwechslung gekommen ist. - Anhaltspunkte zu einer Verschwörung sehe ich deswegen keine.

>Komisch...komisch. Und ein paar Stunden vorher ist Nordkoreas Oberchef genau an der Stelle vorbeigefahren.

Das kann reiner Zufall sein, es ist aber genausogut möglich, dass man für den Sonderzug des fetten Kim alle anderen Züge von der Strecke genommen hat. Nachdem die Strecke wieder frei war, versuchten die Eisenbahner, die Verspätungen wieder hereinzuholen, und... Bumm!

Zugegeben: Wenn der "geliebte Führer" (so Kim Jong Ils offizieller Titel) mit in die Luft geflogen wäre, hätte dieser Unfall wenigstens eine positive Wirkung gehabt... *g*

War der Zeitzünder nicht richtig eingestellt? Oder haben die Amis die Zeitverzögerung vergessen?

Oder haben die Amis am Ende sogar "vergessen", eine Bombe zu legen...?

>Hier wird sogar darüber spekuliert, ob es ein US Mini-Nuke war,

Was habt Ihr nur immer mit Euren "Mini-Nukes"?! - Natürlich hat eine "Mini-Nuke" viel mehr Sex-Appeal als ein normaler Eisenbahnunfall, aber Tatsache ist nun einmal, dass die USA derzeit gar keine einsatzfähigen "Mini-Nukes" oder "Micro-Nukes" besitzen: Wie die meisten taktischen Gefechtsköpfe wurden auch die "Mini-Nukes" (da ja nun angeblich der ewige Friede ausgebrochen sein soll) in den 90er Jahren demontiert ("Micro-Nukes", die nach manchen paranoiden Verschwörungstheoretikern im Dauereinsatz zu sein scheinen, hat man überhaupt erst theoretisch angedacht - einsatzbereite Exemplare gibt es bislang noch keine).

Nur zur Erinnerung: Es war General Lebed, der vor einigen Jahren öffentlich ausgesagt hat, dass rund 120 russische Koffer-Atombomben verschwunden seien - wenn man schon unsinnigerweise über eine Atomexplosion in Nordkorea spekulieren will, wäre es eigentlich naheliegender und glaubwürdiger, anzunehmen, dass eine von Lebeds Waffen eingesetzt worden sein könnte...

Wenn sich in Nordkorea tatsächlich eine nukleare Explosion ereignet hätte, hätten die Nordkoreaner dies aufgrund der erhöhten Radioaktivität und der Strahlenkranken zweifellos schon längst bemerkt - in diesem Fall würde Radio Pjöngjang rund um die Uhr herausposaunen, was für Spitzbuben die Amis doch seien... Höchstwahrscheinlich wäre der Angriff zudem mit einem vernichtenden Trommelfeuer auf das südkoreanische Grenzgebiet, einschliesslich Seoul und die dortigen US-Basen, beantwortet worden - nördlich der Demarkationslinie befindet sich die stärkste Artilleriekonzentration der Militärgeschichte: Ein Telefonanruf von Kim Jong Il genügt, um ein Trommelfeuer auszulösen, dass diejenigen von Verdun oder der Somme weit übertrifft...

Da aber nichts von beidem eingetroffen ist, beweist dies, dass in Ryongchon keine Nuklearwaffe eingesetzt worden ist.

oder Nordkorea zum Angriff auf Südkorea provozieren soll, damit die Amis endlich einmarschieren können

Mich würde interessieren, WOMIT die USA denn eigentlich in Nordkorea einmarschieren sollten: Die USA haben derzeit zwei lächerliche Kampfbrigaden, die man als Reserve für Unvorhergesehenes verwenden kann.

Die Lage ist derzeit so angespannt, dass die US-Army es sogar nötig hat, fünf (!) Haubitzen, die sie an zwei Wintersportgebiete zwecks Lawinensprengung verliehen hat, zurückzufordern, weil diese dringend im Irak benötigt werden... - Als ich den verlinkten Artikel gelesen habe, musste ich daran denken, dass sich Adolf Hitler 1945, während der Schlacht um Berlin, höchstpersönlich darum kümmerte, dass vier Panther-Panzer wieder soweit zusammengeflickt wurden, dass sie Wenk als "Sturmspitze" für den Entsatzangriff dienen konnten...

Merkwürdig war ja auch, dass Nordkorea keine Bodentransporte durch die Pufferzone zulässt

Darf ich daran erinnern, dass die Pufferzone, von der Du sprichst, ein einziges, mehrere Kilometer breites Minenfeld ist? - Ich zumindest würde für kein Geld der Welt durch dieses Gebiet hindurchfahren.

und überhaupt supertotal zugeknöpft ist.

Die Führer Kommunistischer Staaten leiden eigentlich immer unter einer geradezu krankhaften Spionageangst. Dass diesen Leuten der Tod einiger hundert oder auch tausend Menschen egal ist, ist ebenfalls nichts neues.

Ich bin überzeugt, dass das Ausland von diesem Unfall überhaupt nur deshalb erfahren hat, weil sich die Explosion zufällig in Grenznähe ereignet hat – wäre der Unfall weiter im Landesinneren passiert, hätte Pjöngjang den Vorfall vertuscht, und er hätte offiziell nie stattgefunden.

>Ein paar Tage zuvor hatte man aus Nordkorea gehört, die USA bereiteten einen Angriff gegen das Land vor. Vielleicht doch keine Propaganda?

Das war die reinste Propaganda: Nordkorea wirft den USA vor, sie bereiteten einen Angriff vor, indem sie sich von der Grenze zurückzögen... Wenn man durch Rückzüge einen Krieg gewinnen könnte, müsste eigentlich Hitler den Zweiten Weltkrieg haushoch gewonnen haben...

Der Hintergrund ist ein ganz anderer: Wie bereits erwähnt, kann Nordkorea jederzeit ein vernichtendes Stahlgewitter auf die Südkoreanischen und amerikanischen Truppen loslassen - Realistischerweise bedeutet dies, dass die in einer Zone von etwa 40 Kilometer Breite stationierten Truppen innert weniger Minuten zerschlagen und als Verband zu bestehen aufhören würden. Da man durchaus damit rechnen muss, dass Nordkorea früher oder später angreifen wird, muss man die Truppen eben soweit von der Grenze zurückziehen, dass sie sich ausserhalb der Reichweite der kommunistischen Geschütze befinden.

Wenn die USA angreifen wollten, würden sie im Gegenteil alle verfügbaren Truppen möglichst nahe an die Demarkationslinie heranführen und daselbst massenhaft Kriegsmaterial bevorraten... ganz genau so, wie dies Nordkorea auf seiner Seite der Linie praktiziert.

Nordkorea wäre viel eher ein Kriegsziel gewesen wegen der Gefahr von Massenvernichtungswaffen, als der Irak.

Dem stimme ich absolut zu.

>But given that an area within 100 yards of the blast was scrubbed clear, and nearly 2,000 homes were destroyed, it is hard to see how any eyewitness could have survived.

Stimmt - es stellt sich natürlich die Frage, woher die Verschwörungstheoretiker ihre detaillierten "Informationen" haben... Vielleicht durch ein Medium...? *g*

>Uncertainty is a vaccum which officials like to fill, and this is one banal explanation for the multiplicity of causes cited.

Die Wahrheit ist mitunter eben banal.

>But Australian investigator Joe Vialls goes one further. He has published an analysis that only a micro-nuclear blast could have caused the crater and level of damage.

Mir scheint, dass man diesen Joe Vialls nicht allzu ernst nehmen muss - Ich zitiere von seiner Homepage:

"The fact that there is a giant crater tells us that this weapon was detonated underground, because surface weapons cannot dig craters at all, as explained comprehensively and conclusively in "Bali Bomb", linked at the bottom of this page."

In "Bali Bomb" erklärt Mr. Vialls diese Frage freilich überhaupt nicht, sondern behauptet lediglich, ohne einen Beweis zu liefern:

"The only way any explosive can cause a crater is if it is first dropped from an aircraft and penetrates sub-surface before exploding, or if it is physically positioned sub-surface in advance. The thousand-pound Omagh bomb detonated in Northern Ireland by the IRA during 1998 did not cause a crater, nor has any nuclear weapon ever detonated above-ground regardless of TNT equivalence yield."

Dies ist selbstverständlich keine Beweisführung im wissenschaftlichen Sinn, zudem sind beide Behauptungen falsch: Selbstverständlich können überirdische Explosionen, wenn sie genügend stark sind, Krater bilden.

Hierzu ein praktisches Beispiel: Am 21. September 1921 explodierte im Oppauer BASF-Werk eine Lagerhalle für Ammoniumnitratdünger. Die Explosion hinterliess diesen eindrucksvollen Krater (Durchmesser 100m, Tiefe 20m):

Dabei sollte man bedenken, dass Ammoniumnitratdünger ein vergleichsweise schwacher Sprengstoff ist - Dynamit oder militärische Sprengstoffe, wie sie in Ryongchon möglicherweise detoniert sind, haben eine vielfach höhere Detonationsgeschwindigkeit und führen zu dementsprechend grösseren Kratern pro Gewichtseinheit.

Mr. Vialls erste Behauptung ist hiermit zweifelsfrei widerlegt. Nachdem ich gezeigt habe, dass bereits konventionelle Sprengstoffe bei überirdischer Detonation zur Kraterbildung führen können, wird es niemanden verwundern, dass Nuklearwaffen dazu erst recht imstande sind: "Trinity", die erste Atombombe überhaupt, wurde für den Test auf einen 30 m hohen Turm befestigt. Laut dem (zwar nicht ganz billigen, aber insbesondere aufgrund der wunderschönen Bilder sehr empfehlenswerten) Bildband "100 Sonnen" hinterliess "Trinity" einen drei Meter tiefen Krater mit 350 m Durchmesser.

Hier eine Luftaufnahme, wenige Tage nach dem Test:

Und so sieht die Stelle heute aus:


"Mike", die erste funktionsfähige Wasserstoffbombe, detonierte drei Meter über dem Boden und hinterliess einen 50 m tiefen Krater mit einem Durchmesser von 1,6 km - die einst zum Eniwetok-Atoll gehörende Insel Eugelab gibt es seit dem 1. November 1952 nicht mehr...

Wie war das noch gleich - Oberirdische Explosionen können keinen Krater bilden...? Die Eingeborenen des Eniwetok-Atolls würden dieser Behauptung wohl entschieden widersprechen...

mfG,

Swissman



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