Pilatus und Kaiaphas

Geschrieben von franke43 am 28. April 2004 10:05:57:

Als Antwort auf: Re: Russ. Anschlag in Nord-Korea? geschrieben von Zwobbel am 28. April 2004 08:38:42:

Hallo

>>was ist wahrheit? die frage wurde schon vor 2000 jahren gestellt und ist heute wohl noch aktueller!
>Pilatus hätte besser fragen sollen:
>"Wer ist Wahrheit."
>Denn diese Frage hatte "sein" Angeklagter kurz vorher beantwortet.

Pilatus war als leitender römischer Beamter sicher philosophisch
geschult und hatte mit grosser Wahrscheinlichkeit das übliche
Studium an irgendeiner Rednerschule in Griechenland hinter sich.
Ob er Aramäisch oder Hebräisch sprach oder einen Dolmetscher
brauchte, das verraten uns die griechischen Evangelien nicht,
aber er konnte mit Sicherheit Griechisch.

Für Pilatus muss es ein verrückter Gedanke gewesen sein, eine
Person könne für sich die Rolle als die personifizierte Wahrheit
beanspruchen. Die Frage war wohl so gemeint:

"Erzähl mir hier keine Märchen. Ich habe im Jahr oft Leute zu
verhören und werde mit allen möglichen "Wahrheiten" konfrontiert.
Lass Dir eine bessere Ausrede einfallen, und Du bist frei."

Ich begreife nicht, warum Pilatus in den Evangelien und im
Glaubensbekenntnis eine so schlechte Rolle spielt. Er war ganz
im Gegensatz zur israelischen Priesterschaft um Recht und
Ordnung und (aus seiner Sicht) um Gerechtigkeit bemüht. Der
Straftenor der Juden ("Gotteslästerung") hat ihn nicht interessiert,
für ihn zählten politische Fragen ("Bist Du der Juden König ?"),
die die Interessen der Schutzmacht und des Kaisers berührt
hätten. Den König eines "Reichs nicht von dieser Welt" hätte
Pilatus nie freiwillig hinrichten lassen. Pilatus wollte es
auch mit ein paar Geisselhieben für den harmlosen vermeintlichen
"Spinner" bewenden lassen. Aber er wurde erpresst und hatte
zu seinem Schutz nur eine Kohorte griffbereit.

Heute wird uns Pilatus als Buhmann vermittelt, aber eigentlich
müsste es heissen:

"gelitten unter dem Priester Kaiaphas"

Gruss

Franke





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