Stauforschung
Geschrieben von Backbencher am 23. April 2004 14:50:07:
Als Antwort auf: Re: Kollektives Gedächnis - oder Blick auf eine andere Straße? geschrieben von WesenheitX am 22. April 2004 20:13:21:
Ich war neulich mit meiner Freundin in Italien unter anderem in der Hoffnung etwas mehr Wärme und Frühling zu erleben als hier in unserem Wetterloch in der Schweiz. Es war dort aber meist saukalt und nass, während uns mein Sohn berichtete, dass es zuhause plötzlich sehr warm geworden sei. Nach der Einholung von Wetterprognosen entschieden wir uns statt am Sonntag, schon am Freitag abend heimzufahren. Das führte uns dann direkt in einen 10km Stau vor dem Gotthard-Tunnel wegen Ferien-Rückreiseverkehr. Wir hatten leider keine Stauprognosen eingeholt und mussten jetzt im Radio eine Wartezeit von 2,5 Stunden vernehmen. Sollten wir jetzt schnell noch die letzte Ausfahrt nehmen und gut Essen gehen - um die Reise wie vorgehabt abzurunden - mit der Möglichkeit danach vielleicht in einen 14km-Stau zu kommen oder uns sofort ins Schicksal fügen? Der Hunger war da und wir hatten nur einen Apfel, einen Pfirsich, ein Red-Bull und Kaugummis. Meine Freundin ist so eine 'typische' Frau, die ungeniessbar wird, wenn sie Hunger hat. Ich plädierte dafür, das Ganze sofort durchzuziehen, und uns entsprechend innerlich einzustellen und per positivem Denken eben gemeinsam viel Spass zu haben. Vielleicht könnte sie später auch an der Raststätte (in 7km) schnell belegte Brötchen kaufen, während ich im Schrittempo weiterfahre...
Wir hatten die ganze Zeit unglaublich viel Spass, obwohl die Blase bei uns beiden zum Platzen angefüllt war. Die meiste Zeit verbrachten wir - neben der Lesung aus einem Buch über befriedigenden Sex - also damit, uns zu überlegen, wie meine Freundin während der Fahrt in eine Flasche pinkeln könnte, ohne dass was daneben geht und auch ohne die glotzenden Fernfahrer in der Nebenspur zu 'befriedigen'. Nach all den entsprechenden Vorbereitungen (Unterlegen einer grossen Tupperware, falls doch was daneben geht; Aufschneiden einer Plastikflasche zum Reinpinkeln - direkt in den Flaschenhals wollte sie's nicht versuchen - muss für die Zukunft erst mal zuhause geübt werden; Verschieben des Sitzes nach hinten; Sitzen an den vorderen Rand; Abdecken des Ganzen mit der Wolldecke...) konnte sie einfach nicht entspannen.
Aber die Zeit war optimal 'genutzt'.
Entspannen konnte sie dann schliesslich im Tunnel. Und zu essen haben wir was nach dem Tunnel auf einem Landgasthof bekommen. Man sollte es bei der Schweizer Qualitätsfuzzierei nicht glauben, aber man kann in der Schweiz wirklich unglaublich schlecht essen.
Insgesamt war der Stau also das geringste Problem.
Es grüßt Euch vom Fahrersitz
der Hinterbänkler
PS.In Berlin fuhr vor Jahren immer ein Traktor durch die Stadt mit einem grossen Plakat 'Stauforschung'. Gibt's den noch?