Re: Die Rückkehr des 'Kommunissmus' durch Wladimir Schirinowski vor 25.04.2006

Geschrieben von NoPasaran am 25. März 2004 09:50:39:

Als Antwort auf: Re: Die Rückkehr des 'Kommunissmus' durch Wladimir Schirinowski vor 25.04.2006 geschrieben von Johannes am 24. März 2004 23:23:09:



Hi Johannes,

sorry, aber ich seh' da ein paar Dinge offenbar anders, und da ich das für ein grundsätzliches Problem halte, antworte ich nochmal, obwohl das jetzt vielleicht ein bißchen off topic wird.

Zunächst mal eine Frage, begründet im Unstand, daß ich nicht *so sehr* der Experte bin bezüglich wer im Detail wann was wo und wie prophezeit hat: In welchen der wirklich ernstzunehmenden Prophezeiungen - also nicht die von Frau Esmeralda aus dem Goldenen Kopfschußblatt - ist explizit und definitiv von den Kommunisten die Rede? Nicht von Rußland, den Russen, der Bedrohung aus dem Osten, eventuell auch den Rotjankerln - letzteres Irlmaier, wenn ich mich nicht irre -, sondern explizit von den Kommunisten? Das tät' mich mal definitiv interessieren.

Ansonsten zwei Argumentationslinien, eine eher politische und eine eher psychologische.

Politisch: Vorab mal, ich hab' überhaupt kein Interesse daran, das, was zwischen der Oktoberrevolution und dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums in Rußland gelaufen ist, in irgendeiner Art und Weise verteidigen und/oder schönreden zu wollen. Das Einzige, was man daraus lernen kann, ist, daß es so nicht geht. Der Gulag spricht für sich, womit eigentlich schon so ziemlich alles gesagt wäre. Und Putin mitsamt seiner Kamarilla, daß da die alten KGB- oder neuerdings FSB-ler ihr Regime installiert haben, das steht ja auch außer Zweifel. Wenn Du diese Clique weiterhin als Kommunisten bezeichnen willst, bitte sehr, wer bin ich, daß ich Dir das verbieten wollte ?

Jedoch: Der Gedanke daran, daß da *eine* Clique - implizit: Ein kontinuierlicher politischer Wille - am Werken ist seit 1917, dieser Gedanke hat eine verschwörungstheoretische Dimension. Zunächst okay, mich interessieren derartige Dinge ja auch selber nicht zu knapp, nur würd' ich dann schon noch einen Schritt weitergehen und mir gleich mal Antony Suttons Wall Street and the Bolshevik Revolution vornehmen, das Buch ist nun wirklich nicht uninteressant, was das Thema Drahtzieher im Hintergrund betrifft, und von dort nach New Haven, Connecticut, ist es nur noch ein Katzensprung, auch wenn Sutton, als er das Buch schrieb, das noch nicht wußte.

An dem Punkt noch eine direkte Frage: Gesetzt den Fall, es ist tatsächlich so, wie Du meinst, daß da 'Die Clique' am Werk ist seit 1917, was ist dann die politische Stoßrichtung dieser Typen, was wollen die, was haben die vor, was ist das Ziel, das die seit nunmehr knapp neunzig Jahren verfolgen?

Psychologisch: Wieder die Sache mit den Realitätstunneln. Man sollte die Wirkung von zwanzig, dreißig Jahre Leben unter permanenter Berieselung in Sachen 'Der böse, böse kommunistische Feind im Osten' nicht unterschätzen, umsomehr, als da ja tatsächlich eine Bedrohung vorhanden war. Es ist ja nicht so, daß die UdSSR nicht interessiert gewesen wäre an der Weltherrschaft, und das, was dann die Breshnew-Doktrin wurde, war für die Tschechen 1968 sicher genausowenig witzig wie für Ungarn 1956, diese Bedrohung war absolut real. Soweit, so schön, oder unschön. Was aber machen wir mit der Causa Mossadegh, in den fünfziger Jahren, im Iran, mit Guatemala und der United Fruit Company, mit Chile, sozusagen dem anderen 11. September, mit Nicaragua - ich kann nach wie vor Ari ben Menashes 'The Profits of War' nur dringend zur Lektüre empfehlen -, was machen wir mit dem allen? Wo ist der Unterschied zwischen zwischen den Kriegen in Vietnam und Afghanistan, letztlich?

Ich mein', klar, wenn ich die Wahl hab' zwischen dem Leben im Ostblock der siebziger Jahre oder in einem westlichen Land der siebziger Jahre, dann wähl' ich letzeres, aber das bedeutet erstens nicht, daß das, was der Westen in den letzten zwei oder zweieinhalb Jahrhunderten an Politik implementiert hat, prinzipiell *so* viel besser gewesen wäre als die Taten des Ostens seit 1917, zweitens ist es schon so, daß der böse rote Osten für diejenigen Typen in westlichen Regierungen, die ihren östlichen Kollegen an Niedertracht um nichts nachstanden, und deren gab's so einige, die ideale Ausrede war, wobei die Propaganda, die man auf die Bevölkerung niederregnen ließ, nicht von schlechten Eltern war - mal was von Senator McCarthy gehört in den USA der fünfziger Jahre? -, und schließlich drittens: Mal schauen, wo das alles hinführt, jetzt unabhängig von den Prophezeiungen. Die ganze Kiste mit dem islamistischen Terror ist ja recht apart, und ja, die hat natürlich auch eine spirituell/geistige Komponente, aber wenn man sich einmal die politische Landkarte ansieht, wird man merken, daß die Länder, aus denen *der* trouble kommt, hübsch deckungsgleich sind mit dem, was mal das Britische Empire war, und daraus läßt sich sehr wohl und berechtigt der Schluß ziehen, daß das eben rauskommt, wenn man Leute über ein-, zweihundert Jahre so behandelt, wie *diese* Leutchen behandelt wurden.

Sorry, Johannes, das ist nicht bös' gemeint, wirklich nicht, aber ich hab' halt den Eindruck, daß hier im Forum einige Leute - und Dein Posting ist für mich ein Indiz dafür, daß Du da auch dazugehörst - die heutige Realität der Welt nach wie vor durch die Brille von vor dreißig, vierzig Jahren sehen. Nicht, das das eo ipso schlecht wäre, es ist halt nur die Frage, wie akkurat die Landkarte ist, die aus derartiger Optik resultiert. Und wie gesagt, das ist nicht bös' gemeint, laß' uns nicht aufhören zu reden deswegen.

Ich komm' zurück zu meiner Eingangsfrage: Wo in den Prophezeiungen, soweit ernstzunehmen, ist explizit von "den Kommunisten" die Rede? (Etwas provokative Einschränkung: Prophezeiungen aus der explizit katholischen Ecke mal außen vorgelassen.)

So, und jetzt ist es höchste Zeit, daß ich wieder mal was arbeit' .....


lg NoPasaran






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