Keine Hinweise auf vollständige Vorhersagbarkeit, sondern nur einzelne Treffer
Geschrieben von Elias Erdmann am 02. März 2004 19:39:22:
Als Antwort auf: RE: Doch Grund für uneingeschränkte Unfreiheit geschrieben von Fred Feuerstein am 01. März 2004 23:13:32:
Hallo Fred
> Habe ich mir doch gedacht, daß du immer noch eifrig hier mitliest :-)Für diesen „Eifer“ habe ich nicht so viel Zeit, weil ich eigentlich andere Ziele und Schwerpunkte habe. Ich beschäftige mich ja hauptsächlich mit der symbolischen Bildsprache, über die sich das Göttliche offenbart. Dabei bin ich inzwischen auf Origenes und auf seine „allegorische Methode“ gestoßen und beschäftige mich nun etwas mit diesem frühchristlichen Autor. Er geht übrigens sehr ähnlich an die biblischen Texte heran wie ich, kommt aber teilweise zu anderen Deutungen.
Für mich gibt es dabei übrigens einen direkten Zusammenhang zum Thema Prophezeiungen, denn wenn man einmal diese Symbolsprache gelernt hat, dann erkennt man, dass sich auch ganz viele Prophezeiungen in dieser typischen Sprache an uns wenden, z.B. das dritte Geheimnis von Fatima.
Ich würde inzwischen sogar so weit gehen, dass ich die heiligen Schriften als „Übungsbuch“ betrachte, um daran diese Sprache zu lernen, damit man das Göttliche überhaupt erkennen und erfassen kann, wenn es in Bildern, Träumen und Visionen zu uns spricht.
Da die Kirche im 6. Jahrhundert die Lehre des Origenes verdammt hat, findet man natürlich davon im heutigen Christentum nur noch sehr wenig. (Worauf sich das „davon“ bezieht, kann jeder selbst entscheiden. ;-)
Dass ich im konkreten Fall mich mal wieder gemeldet habe, liegt daran, weil es auch hier um ein Thema geht, das für mich von ganz zentraler Bedeutung ist. Vor allem kenne ich diese Denkfalle, in der Du gerade steckt, sehr genau. Ich habe nämlich am Anfang meiner Forenzeit auch mal genau in der gleichen Falle festgehangen.
Nach Deiner Argumentation habe ich den Eindruck, dass Du aus einigen tatsächlichen Treffern schlussfolgerst, dass alle Details feststehen.Für einzelne Treffer gibt es tatsächlich Belege. Aber für die Behauptung, dass alle Details feststehen, gibt es absolut keinen greifbaren Hinweis. Und alle scheinbaren Beweise, die Du bringst, beweisen bestenfalls, dass es einzeln Treffer gibt. Mehr nicht!
Das ist der entscheidende Knackpunkt !
Wenn wir diesen „kleinen“ Unterschied berücksichtigen, dann gibt es das Paradoxon nicht und das Problem löst sich ganz von selbst auf.
Eine eingeschränkte Vorhersagbarkeit und ein eingeschränkter „freier“ Wille sind tatsächlich miteinander vereinbar.
Nehmen wir an, wir schauen auf den Bundesbahnfahrplan und stellen fest, dass es tatsächlich etliche Treffer gibt. Manchmal soll es ja auch einen Zug geben, der tatsächlich pünktlich ankommt. Können wir dann schlussfolgern, dass tatsächlich alle Züge planmäßig eintreffen?
Nein. Das können wir nicht. Die hohe Trefferquote ist kein Beweis für eine feststehende Zukunft, sondern eben nur für einen Plan, der in gewissen Grenzen eingehalten wird.
Wenn wir auf den Plan schauen, dann schauen wir eben nicht in die tatsächliche Zukunft, sondern nur in eine geplante Zukunft.
Hier liegt der prinzipielle Fehler in Deiner Argumentationskette.
Danach geht es bei Dir wieder logisch und folgerichtig weiter:Wenn tatsächlich alle Details vorhersagbar sind, dann gibt es keinen freien Willen.
Die Schlussfolgerung stimmt, aber die Prämisse ist falsch, denn nicht alle Details sind vorhersagbar. Eine richtige Schlussfolgerung aufgrund einer falschen Prämisse liefert uns mitunter falsche Ergebnisse.
Wenn 1=0, dann ist 5=4.
> Es gibt mehrere Quellen, die bisher fehlerlos (exclusive Datumsangaben,
> aber das weißt du ja) sich bewahrheitet haben.Das reicht aber für die Annahme noch lange nicht aus, dass alle Details feststehen. Das recht bestenfalls für die Aussage, dass diese wenigen Aussagen tatsächlich eingetreten sind.
> Lied der Linde.
> Wo ist da ein Fehler zu finden, ich kann ihn nicht erkennen.Allgemein wird das Lied der Linde auf 1850 datiert. Für die Zeit von 1850 bis heute enthält das Lied der Linde überhaupt keine eindeutigen Aussagen und wo keine eindeutigen Aussagen sind, da gibt es natürlich auch keine Fehler ;-)
Fremden Völkern front dein Sohn als Knecht, Tut und läßt, was ihren Sklaven recht, Grausam hat zerrissen Feindeshand Eines Blutes, einer Sprache Band.
Natürlich ist man heute verführt, diesen Vers auf die Deutsche Teilung nach dem zweiten Weltkrieg hin deuten und die fremden Völker auf die Siegermächte. Aber vor 1850 gab es auch ein geteiltes Deutschland, bis Preußen dem „Deutschen Bund“ beitrat. Vermutlich hat der Autor also eine deutsche Teilung beschrieben, die er damals selbst erlebte.
Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Bund
Der vorangehende Vers gibt uns leider auch keinen verwertbaren Hinweis auf den Zeitraum, denn er bezieht sich vermutlich auf ein noch weiter zurückliegendes Ereignis.
Großer Kaiser Karl, in Rom geweiht, Eckstein sollst du bleiben deutscher Zeit,
Hundertsechzig sieben Jahre Frist Deutschland bis ins Mark getroffen ist.Karl wurde am 25. Dezember 800 zum Kaiser gekrönt.
Wenn wir nun die Zeit zwischen 960-967 betrachten, so liegt darin der zweite Italienfeldzug von Otto I und die Verlagerung der Reichspolitik nach Italien:
Während des 2. Italienzuges 961 bis 965 wurde er am 2. Februar 962 in Rom zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt und gilt seither als Gründer des Heiligen Römischen Reichs. Mit der Kaiserwürde begann - auch für seine deutschen Nachfolger - die Schwerpunktverlagerung der Reichspolitik nach Italien.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_I._(HRR)
Es geht hier also um eine Fremdbestimmung von außen – im konkreten Fall von Italien aus. 1850 lag die Zeit noch nicht allzu weit zurück, als Deutschland unter französischer Herrschaft war. Darauf bezieht sich „Fremden Völkern front dein Sohn als Knecht“.
Nach diesen Zeilen kommen nur noch ein paar schwammige Aussagen und dann geht es über in eine angebliche Zukunft, die aber bislang noch nicht eingetroffen ist.
> Er kommt zum Schluß, daß Mühlhiasl und Stormberger wahrscheinlich ein und die
> selbe Person waren.
> Wenn du darin einen Fehler findest: ich lerne gerne dazu.Mühlhiasl wurde 1753 geboren. Sein genaues Alter weiß man nicht. Stormberger soll im Jahr 1806 gestorben sein. (Quelle: http://www.vfgp.de/weiss.htm)
Mühlhiasl sagte: Wann es kommt? Eure Kinder werden es nicht erleben, aber eure Kindskinder bestimmt.
Gerade durch die Unterscheidung von Kindskindern und Kindern können wir hier die Kindskinder nicht als allgemeines Synonym für Nachkommen betrachten, sondern als ein Synonym für Enkel.
Da stellt sich für mich die Frage: Lebt denn eigentlich heute noch ein Enkel von jemandem, der 1806 gelebt hat?
Nehmen wir an, Stromberger/Mühlhiasl hätte zu Kindern gesprochen, die 1800 geboren sind, so sind deren Kinder bis spätestens 1850 geboren und deren Kinder bis spätestens 1900. Davon sind sicherlich die meisten bis heute tot.
Theoretisch wäre es natürlich auch möglich, dass ein paar „Lustgreise“ noch mit 90 für Nachkommen gesorgt haben. Da könnte eventuell schon noch vereinzelt ein Enkel leben, aber ganz sicher kann man unsere Zeit aus damaliger Sicht nicht als die Zeit der Kindeskinder deuten. Das würde eher für eine andere Zeit passen:
Wenn wir davon ausgehen, dass sie Zuhörer im Jahre 1790 durchschnittlich 40 Jahre alt waren und die Kinder 10, dann sind die Kinder etwa 1780 geboren und durchschnittlich 1860 gestorben und die Enkel haben dann noch bis 1890 gelebt. (Dabei habe ich schon die Lebenserwartung recht großzügig auf 80 Jahre gesetzt.)
Also ich denke, wir können beim besten Willen „Stromberger/Mühlhiasl“ nicht auf unsere Zukunft umdeuten und damit sind alle bislang nicht eingetretenen Ereignisse schlicht und einfach ausgefallen.
> Die Rillschen Feldpostbriefe:
> Sind in ihrem Detailreichtum unübertroffen, die Authentizität steht ja außer Frage.
> Da ein ein, zwei Fehler darin auftauchen (exclusive Datumsangaben) ....Aber die Datumsangaben für den dritten Weltkrieg liegen nicht nur etwas, sondern so richtig voll daneben. Darüber sollten wir nicht so locker hinweg gehen.
Die Treffer für die Zeit des zweiten Weltkriegs sind natürlich verblüffend. Aber das ist kein Beweis für eine feststehende Zukunft. Die „Visualisierung eines Plans“ reicht auch hier als Erklärung vollkommen aus. Mit „Plan“ meine ich nicht, dass ein Mensch es mit seinem Tagesbewusstsein bewusst geplant hat. Es kann auch ebenso ein „karmischer Plan“ sein.
Das es in einem Detail zu keiner Abweichung vom Plan kam, das bedeutet nicht, dass keine Abweichung möglich ist.
> Zu guter Letzt: Altmeister Nostradamus.
> Das wir seinen Code noch nicht geknackt haben, liegt an uns Stümpern, nicht an ihm.So lange wir keine eindeutige Zuordnung der Verse zu den bisherigen Ereignissen haben, können wir Nostradamus wohl kaum als Beweis für eine feststehende Zukunft heran ziehen.
Nehmen wir an, ich würde den Lehrplan der Schule kennen und auch die üblichen Unterrichtsmaterialien. Dann könnte ich meinen Kindern prophezeien, welche Aufgaben in der Schule drankommen und dabei hätte ich sicherlich auch eine gewisse Trefferquote.
Dann könnte ich orakeln: „Die Spule bringt Spannung, die Spannung bringt Licht.“ Und irgendwann würde mein Kind im Physik-Unterricht sitzen und genau diese Erfahrung machen.
Und dennoch hätte ich nicht die Zukunft gesehen, sondern nur den Plan!
Vielleicht kannte Nostradamus ja nur die wichtigsten Lektionen, die uns in der Schule des Lebens begegnen.
> Somit wären Multi-Zukünfte möglich, was, wie ich schon in mehreren
> Postings dargelegt habe mit der über 90% Übereinstimmung ALLER Seher
> in allen Zeiten logisch nicht übereinstimmt.Wenn es zu allen Zeiten eine 90%-Übereinstimmung bei Prophezeiungen gab, dann ganz sicher darin, dass es angeblich „bald“ passieren soll ;-)
Zunächst einmal ist der angeblich so hohe Grad an Übereinstimmung nur eine Fiktion, die durch selektives Zitieren entsteht und durch ein Gesamtszenario, das so konstruiert ist, dass wirklich jedes schreckliche Ereignis irgendwo darin Platz findet.
Weiterhin basieren manche Motive auf bekannten Quellen (z.B. auf die Bibel) und da ist es absolut kein Wunder, wenn sich manche Motive wiederholen. (z.B. drei finstere Tage).
Und drittens führen auch gleiche methodische Fehler zu ähnlichen Ergebnissen. Wenn die gleichen archetypischen Grundmotive, die jeder Mensch in sich hat, als Zukunftsvisionen fehlinterpretiert werden, so ergibt das halt gleichartige „Zukunftsvisionen“, auch wenn die Motive eigentlich nix mit der Zukunft zu tun haben.
> Nun, es ist eine einfache Schlußfolgerung, wenn jemand (egal ob Gott , oder ein Mensch)
> die Zukunft en detail kennt, muß sie festgelgt sein. Andererseits gäbe es ein Paradoxon.Da ist schon wieder die falsche Prämisse. Es gibt keinen Hinweis, dass überhaupt jemand die Zukunft en detail kennt. Es gibt nur Hinweise, dass jemand ein paar einzelne Details kannte, die tatsächlich eingetroffen sind.
> Die Zukunft war in den wenigsten Fällen zu Zeiten der Seher schon zu erkennen.
Sicherlich nicht vom Tagesbewusstsein. Aber es gibt ja unterschiedliche Bewusstseinsebenen, die planen und abschätzen können – bis hin zum kosmischen Bewusstsein.
> Nehmen wir das alte Beispiel:
> Ein Seher sagt dir unaufgefordert, daß du in naher Zukunft einen schrecklichen Autounfall > erleben wirst.
> Als intelligenter Mensch hast du dann nat. zwei Möglichkeiten:
> 1. Du glaubst ihm nicht, und fährst munter weiter mit deinem Auto
> 2. Du glaubst ihm, verkaufst dein Auto und schwörst dir NIEMALS mehr in deinem Leben > in einem Auto zu fahren, egal was für Umstände eintreten.
> Ich gebe dir Brief und Siegel (WENN der Seher präkognitive Fähigkeiten besitzt),
> der Unfall passiert in beiden Fällen !Das ist eine Annahme und keine Begründung.
Und es ist nur ein fiktives Beispiel und keine Realität. Wenn etliche solcher Fälle belegt wären und wenn vor allem NUR solche Fälle belegt wären, dann könnte es tatsächlich so sein.
Aber so ist es eben nicht.
Es gibt auch etliche Wenn-Dann-Prophezeiungen: Wenn ihr dass tut oder nicht tut, dann passiert dieses oder jenes. Und es gibt eben auch Prophezeiungen, die nicht eingetreten sind.
Viele Grüße
Elias