Re: war ein großer Krieg 1933 absehbar?

Geschrieben von Fred Feuerstein am 20. August 2006 15:20:10:

Als Antwort auf: Re: Motive Russland(???) geschrieben von Leo am 20. August 2006 13:20:36:

>Ich will nicht tippen. Hinter meiner herangehensweise stehen viele Diskussionen mit Verwandten und Bekannten, die den 2.Weltkrieg erlebt haben. Ich kann einfach nicht glauben, dass man 1933 nicht halbwegs absehen konnte, was 1939 letztendlich losgetreten wurde. Es gibt momentan einige Indikatoren die auf einen Weltkrieg/Regulierung deuten könnten. Wirtschaftliche,Politische,Ideologische etc. Doch definitiv wissen werden wir es alle erst, wenn es los gegangen ist.

Hallo Leo,
Auch meinereiner hat sich im Verwandenkreis schlau gemacht wie die Bevölkerung die Machtergreifung der Nazis miterlebt hat und wie damals die Zukunft mit Hitler gesehen wurde. Mein Opa mütterlicherseits hat vor der Machtergreifung Hitlers immer wieder im Bekanntenkreis gesagt:"Wenn der "Saubazi" (=Hitler) an die Macht kommt, gibt es Krieg". Kaum einer hat da widersprochen. Mein Opa war ein einfacher Bauer, kein Kommunist, sondern einfach bodenständig. Hilters Buch "Mein Kampf" hatte er nicht gelesen.

Bei wikipedia habe ich mal nachgeschaut wie bekannt "Mein Kampf" 1933 war:
"Von der einbändigen Volksausgabe wurden bis zum Machtantritt Hitlers im Januar 1933 287.000 Exemplare zum Preis von je 12 Reichsmark verkauft. Hitler erhielt pro verkauftem Buch 10 Prozent Tantieme. Danach schnellte die Auflage gewaltig in die Höhe. Allein vom Februar 1933 bis zum 31. Dezember 1933 wurden gut 1,5 Millionen Stück vertrieben. Bis 1939 stieg die Gesamtauflage auf 5,45 Millionen, bis 1943 auf 10,24 Millionen".

"Mein Kampf" sollte literarisch und geistig gesehn natürlich eher "Mein Krampf" heißen. Die ursprünglich vielfach verworrenen Passagen mußte bis Kriegsende öfters von anonymen Lektoren aus Hitlers Umfeld bearbeitet werden (->wikipedia).

Aber abgesehen davon konnte man damals schon sehen wohin die Reise mit Hitler hingehen könnte:

Inhaltliche Kurzzusammenfassung
Es wird der Anschluss Österreichs (Deutsch-Österreich) an das Deutsche Reich gefordert;
neben dem ausführlichen Entwurf des oben erwähnten, für den Nationalsozialismus typischen Antisemitismus wird besonderes Augenmerk auf den angeblich jüdischen und daher zu vernichtenden Marxismus gelegt,
bei gleichzeitigem Gegenentwurf eines nationalen Sozialismus (unter der Vorstellung Rassenkampf statt Klassenkampf und zur Gewinnung der deutschen Arbeiterschaft);
speziell betont wird das als Bolschewismus bezeichnete System der Sowjetunion mit der Forderung nach deren Zerschlagung durch einen Eroberungskrieg (auch als Rassenkrieg tituliert),
bei gleichzeitiger Schaffung eines Lebensraums im Osten (für die "eingeengten" Deutschen),
unter der Vorstellung, dass sich ein Zweifrontenkrieg nicht wiederholen dürfe und speziell, entgegen anderer deutschnationalistischer Positionen, ein Bündnis mit England anstrebend;
es wird polemische Kritik am Parlamentarismus geübt mit dem Gegenentwurf eines germanischen Führerstaats (Abschaffung der als den wahren Interessen der Volksgemeinschaft angeblich entgegengesetzten Demokratie);
schließlich folgt die Vermengung all dessen zur Programmatik der NSDAP im zweiten Teil.
Weiterhin finden sich ausführliche autobiographische Abschnitte und eine Geschichte der NSDAP (beides nur bis 1924)

In der Hoßbach-Niederschrift legte Hitler der Generalität seine zukünftigen Eroberungspläne vor.:
"Am 5. November 1937 erklärte Hitler vor der militärischen Spitze des Dritten Reiches und dem Reichsaußenminister, dass die deutsche Raumfrage nur durch einen Krieg gelöst werden könne, den man spätestens zwischen 1943 und 1945 führen müsse. An der Zusammenkunft nahmen Kriegsminister von Blomberg, die Oberbefehlshaber von Heer, Marine und Luftwaffe, von Fritsch, Raeder und Göring, Außenminister von Neurath und Hitlers militärischer Adjutant, Oberst Friedrich Hoßbach, teil. Das eigentliche Thema der Konferenz waren Probleme der Rüstungswirtschaft, insbesondere die unzureichende Versorgung mit Eisen. Unmittelbarer Anlass war das Drängen Raeders, der Marine mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um die Schlachtflotte für einen künftigen Krieg zu rüsten. Die Konferenz sollte einen Ausgleich zwischen den widerstrebenden Interessen der einzelnen Teilstreitkräfte um die Rohstoffe, die durch den Vierjahresplan verwaltet wurden. Hitlers Ausführungen ignorierten dieses Thema allerdings; stattdessen bot er den Teilnehmern Einblicke in seine weit gespannten außenpolitischen Ideen und Expansionsziele. Erst im Anschluss daran wurden die rüstungswirtschaftlichen Schwierigkeiten beraten."

Im Januar 1939 kündete Hitler in einer Reichstagsrede an, ein neuer Weltkrieg werde die "Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa" bedeuten

Ergo: 1933 konnte man zumindest erahnen wohin die Reise geht, Januar 1939 mußte es selbst dem Dümmsten klarsein was da kommt.

mit freundlichen Grüßen
Fred

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