Viele Deutungen von Paulus

Geschrieben von Odin am 02. August 2006 11:43:25:

Als Antwort auf: Re: Verfasserkreise geschrieben von Udo am 02. August 2006 10:54:07:

Hallo

Der "Apostel" Paulus (Apostel = Nachfolger) ist eine der
kompliziertesten Gestalten in der ganzen Bibel.

>Hallo !
>Die Bibel ist wohl das heißeste Eisen,
>dass ich kenne.So wird der Apostel Paulus
>zu den Aposteln gerechnet obwohl er "Jesus"
>nie pers. kennen gelernt hat.

Naja zunächst hat sich Paulus selber zum Apostel ernannt.
Er behauptete in der Nachfolge von Jesus zu stehen, nachdem
ihn dieser in der berühmten Vision auf der Reise nach
Damaskus direkt in die Nachfolge berufen habe. Diesen
Standpunkt vertrat er ja auch gegenüber den anderen
("echten") Aposteln auf dem Apostelkonzil im Jahr 50. Der
Kompromiss zwischen den echten etablierten Aposteln und
dem selbsternannten paulus kam in Form eines Kompromisses:

Er durfte unter den Juden nicht als Apostel tätig sein und
die neue christliche Lehre verkündigen, sondern wurde mit
der "Heidenmission" beauftragt sprich: abgefunden und aus
dem Zentrum des Geschehens verbannt.

Zudem war er im Gegensatz zu den anderen Schriftgelehrter,
also bibelkundiger AT-spezialist und Theologe. Ein grosser
Unterschied zu dem "Menschenfischer" Simon Petrus vom See
Genezareth und dessen Verwandtschaft.

Es ist anzunehmen dass die Bekehrung des Paulus eigentlich
auf etwas anderem beruhte. Er erkannte die Karrieremöglichkeit
in der neuen religiösen Bewegung, mit deren Bekämpfung er
eigentlich beauftragt war. Im konservativen Judentum war
er nur ein Schriftgelehrter unter vielen, in der neuen
Jesusbewegung (später: Urkirche) konnte er als einziger
Schriftgelehrter schnell entscheidende Spitzenpositionen
erreichen, sobald der die Seite wechselte.

Das Ergebnis war dann aber sein Sonderauftrag, mit dem er
aus jüdischer Sicht "in die Wüste", also in die Welt der
Nichtjuden gejagt wurde. Als römischer Vollbürger hatte
er damit aber keine Probleme, denn er hatte im Gegensatz
zu den reinen Provinzbewohnern volle Reisefreiheit im
ganzen römischen Reich und sprach nicht nur Hebräisch
und Aramäisch, sondern auch die Lingua Franca des Römer-
reichs, also Griechisch. Daher war er DER geeignete
Kandidat für die Heidenmission, auf die von den anderen
streng jüdischen Apostel keiner Bock hatte.

Dass Paulus die inneren seelischen Aspekte des neuen
christlichen Glaubens betonte, hat mit der Funktion
seiner Gemeindebriefe zu tun. Er musste den Neubekehrten
in den in der Regel von ihm selbst gegründeten Gmeinden
die Grundlagen der von ihm verkündeten Erlösungslehre
erklären, denn die Evangelien waren noch nicht geschrieben.
Dabei war wichtig zu erklären, dass ein getaufter Heiden-
christ nicht erst frommer Jude werden musste, um Christ
sein zu dürfen, denn die anderen Apostel sahen das ganz
anders.

>Da die Bibel auch immer ein "Fundament" der
>jeweils Mächtigen war und ist,die man wie
>Gummi hin und her zerren kann und was auch
>heute noch sehr effektiv getan wird, dakann
>auch von keiner prophezeihungsrelevantem
>Innhalt aus gegagen werden, denke ich.

Prophezeiungen waren im alten Orient etwas völlig Normales,
so auch in den Schriften der Bibel. Was das Hin- und
Hergezerre angeht, so kann sogar ein Kochbuch für
politisches Ränkespiel missbraucht werden, wenn man
diese Absicht hat. Das tut aber dem Kochbuch keinen
Abbruch. Bedenklich wird die Sache, wenn man anfängt
(was leider viele tun) am Text von Übersetzungen hin-
und herzuzerren, weil man der Ursprachen der Bibel nicht
mächtig ist. Deshalb sollte man die Textauslegung den
Fachtheologen überlassen, die das gelernt haben.

>Obwohl ja auch der Apostel Paulus seine
>"Visionen" hatte. Böse Zungen behaupten,
>er wäre ein römischer Spion gewesen und
>vielleicht hat er ja auch nur etwas zu viel
>gebechert oder unter der Sonne gelitten.

Römischer Spion glaube ich nicht. Ich glaube eher
an die These einer Blitzkarriere in der neuen
Glaubensbewegung.

>Zumindes aber wurde er instrumentalisiert
>und so sieht es mit den anderen Visionen
>der Bibel wohl auch aus.

Alle heiligen Bücher sind instrumentalisiert worden,
was noch lange nicht heisst, dass das der Zweck
ihrer Entstehung gewesen ist.

>Da sind mir die Vorausschauungen von Basey
>viel bedeutender,denn sie spiegeln die
>Realität wieder und wenn er von solchen
>Extremen "träumt", dann kommt es unbewusst
>zur Vernetzung von sehr realen Fakten.

Und das was Basey erlebt hat, das soll den Menschen
damals nicht widerfahren sein ? Warum eigentlich
nicht ?

>Da ich weiß, dass dieses Universum ein
>seelisches ist und wom Materialismus
>des Kapitalismus sowie Stalinismus
>"vergewaltigt" wird, sehe ich solche
>Visionen als Ventil der Realität der
>gesammten Menschheit. Das ist aber vorbei,
>wenn es um Geld geht, dann erstickt der
>Materialismus die innere Stimme, denke ich.

Der Materialismus in seiner doppelten Ausprägung
(individueller vs. kollektiver Materialismus)
tötet ganz bestimmt viel Seelisches, denn das liegt
in seiner Wesensart. Aber die Visionen stelle ich
mir durchaus als den Kontakt vor, den eine höhere
Wesenseinheit (= Gott oder seine Boten = Engel)
von sich aus mit ausgewählten Menschen aufnimmt,
um wichtige Botschaften zu vermitteln, genau wie
an die Propheten im AT.

Gruss

Odin

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