Das Gesetz und die Propheten
Geschrieben von Odin am 02. August 2006 08:40:33:
Als Antwort auf: 1) Bibel als Quelle von Schauungen - altes testament/thora (n/t) geschrieben von detlef am 02. August 2006 04:15:30:
Hallo
Das Alte Testament ist - wie die ganze Bibel - eine Buchsammlung.
Die Bücher des AT sind fast ausnahmslos im klassischen Hebräisch
(masoretisches Hebräisch) verfasst.Die Thora ist nur der erste Teil des Alten Testaments, die Sammlung
der fünf Mosebücher (Pentateuch). Sie wird im Neuen Testament als
das "Gesetz" bezeichnet, weil sie die mosaischen Gesetze enthält,
an die sich fromme Juden zu halten haben. Die Bibelforschung geht
davon aus, dass mindestens vier Verfasser oder Verfasserkreise an
der Thora mitgeschrieben haben:Der "Jahwist" (bezeichnet Gott als "Jahwe" = "Ich bin")
Der "Elohist" (bezeichnet Gott als "Elohim")
Die Priesterschrift, vermutliche Verfasser ein Priesterkollegium
Der Deuteronomist (Verfasser des 5. Buches = Deuteronomium)
Der zweite Teil sind die "Propheten", also die ganzen anderen
Schriften. Das sind aber nicht nur prophetische Schriften. Die
meisten dieser Bücher des zweiten Teils erheben den Anspruch
Geschihctswerke zu sein, etwa die Bücher Josua, Richter, Könige 1+2,
Samuel 1+2 sowie die Chroniken. Dazu kommen noch poetische Bücher
wie die 150 Psalmen (Tefilim) oder das Hohelied Salomos. Ausserdem
gibt es natürlich auch echte prophetische Bücher, also Bücher wie
Jesaja, Jeremia, Hiob, Daniel, Sacharja, Hesekiel und die kleineren
Bücher der sogenannten "Zwölfprophetensammlung". Ausserdem kommt
noch die Weisheitsliteratur dazu, z.B. die Sprüchesammlung.Bei den Büchern des zweiten Teils waren die Verfasser sicher
noch zahlreicher als bei der Thora. Die Bibelforschung hat z.B.
herausgefunden, dass am Buch Jesaja mindests 3 Autoren beteiligt
waren.Die Propheten waren nicht einfach Wahrsager, die Aussagen über
die Zukunft machten. Das kam auch vor, aber ihre Hauptaufgabe
war der Kontakt zwischen Gott und den Menschen. Sie hatten von
Gott den göttlichen Willen in Empfang zu nehmen und den anderen
Juden mitzuteilen. Für die umgekehrte Verständigung waren die
Opferpriester zuständig. Sie hatten die Gebete und die Opfer
der Menschen an Gott weiterzuvermitteln. Es gab also eine strikte
Arbeitsteilung zwischen Propheten und Opferpriestern. Zum Propheten
wurde man berufen, weshalb es viele Berufungsgeschichten gibt.
Die meisten wollten sich drücken (siehe Jona), denn der Beruf
des Propheten war undankbar und riskant. Der Beruf des Opfer-
priesters war ein normaler Karriereberuf, der aber nur den
Leviten offenstand.In der prophetischen Literatur müssen wir unterscheiden zwischen
Zukunftaussagen, die mit einer Bedingung verbunden sind, und
solchen, die un-bedingt dastehen. Bei den bedingten Aussagen
heisst es etwa: "Wenn ihr nicht ... dann werde ich ...". Bei
den unbedingten heisst es einfach nur, Gott werde in Zukunft
(unklar wann) dies oder jenes tun.Weiterhin müssen wir unterscheiden zwischen bereits eingetretenen
und noch nicht eingetretenen (eschatologischen) Aussagen.Wir können davon ausgehen, dass das AT (Gesetz + Propheten) in
der uns bekannten Form, die Luther dann übersetzt hat, etwa
im 2. vorchristlichen Jahrhundert vorlag, und zwar zuerst in
griechischer Übersetzung für die Juden in Alexandria, die oft
kein Hebräisch konnten. Dazu kommen noch die Apokryphen des AT,
die von einigen Kirchen als kanonisch angesehen werden, von
anderen nicht. Grund der Ablehnung ist meist der, dass diese
Bücher nicht im klassischen (masoretischen) Hebräisch geschrieben
wurden.Das war ein kleiner hoffentlich sachlicher Beitrag, eine Art
Gedächtnisprotokoll vom Kurs Bibelkunde, den ich im vorigen
Herbst mitgemacht habe. Ein Rabbiner oder ein Theologe könnte
noch viel mehr dazu schreiben.Gruss
Odin
Antworten:
- Re: Das Gesetz und die Propheten detlef 02.08.2006 12:02 (2)
- Re: Das Gesetz und die Propheten schlumpf 02.08.2006 12:31 (1)
- Klasse Odin 02.08.2006 12:34 (0)