Re: Zukunft für Hartz-IV-Betroffene: staatlicher Zwang zum Porschefahren

Geschrieben von Johann Ohneland am 06. Juni 2006 11:55:52:

Als Antwort auf: Re: Zukunft für Hartz-IV-Betroffene: staatlicher Zwang zum Porschefahren geschrieben von detlef am 06. Juni 2006 11:11:09:

Hallo Detlef,

danke, sehr interessante Antwort mit Erfahrungen aus Lateinamerika.
Nun kann man aber in den Industrieländern nicht mehr wie früher die Leute zurück in den Urwald jagen, wenn´s keine Jobs mehr gibt.
Polnische Spargelstecher gehen nach 14 Tagen wieder heim, wohin gehen die Mercedes- oder Siemens-Arbeiter nach 14 Tagen?

Die Modelle mit dem sogenannten bedingungslosen Grundeinkommen, gezahlt vom Staat, stammen ja nun nicht vom DM-Werner, von der PDS-Kipping oder vom Zukunfts-Liga-Wiegand, sondern aus den 60er-Jahren. Da haben die Herren Zukunftsforscher (Kahn und Co.) in US-"Denktanks" bereits prophezeit (aha! prohezeiungsrelevant!), daß das westliche Wirtschaftssystem die Arbeit abschafft und nach einer Einkommensalternative für die zum Weiterfunktionieren der Wirtschaft nötigen dann aber arbeitslosen Konsumenten gesucht.

Damit jetzt nicht wieder der Gedanke naheliegt, hier ginge es um die 10 % die keinen Arbeitsplatz mehr bekommen werden in Deutschland: dieses Grundeinkommen sollen ja ALLE erhalten, jeden 1. vom Finanzamt. Dann heißt es fleißig ausgeben, damit der Kapitalismus brummt. Dann muß ja auch keiner für den Fall der Arbeitslosigkeit zurücklegen.
Das ist zwar ein ganz anderes System als das was wir jetzt haben, aber das einzige mit dem es "weitergeht" in Europa.
Mit allen anderen Lösungen, da hast Du recht, Detlef, geht es nämlich zurück.
Zwar gab es vor Bismarck die "Versorgung" und ihr Denken überhaupt nicht, aber das ist wie mit dem deutschen Reich von 1918: innen denkt man, das war schon immer so, die Nachbarn aber denken: VOR 1871 war das doch viel commoder und kleiner, so muß das wieder werden . . . Das geht aber nicht mit dem Wohlfahrtsstaat, wer dem Volk einmal den Kuchen an das Tor von Versailles hat bringen lassen (hallo BB!) könnte genau diesen Kuchen im Munde herumgedreht bekommen, bis er unter der Guillotine steckenbleibt wie bei der guten Marie Antoinette.

Viel wichtiger in diesem Modell sind nicht die 10 % für die einfach keine bezahlte Arbeit mehr da sein wird,
es sind die von Dir angesprochenen 50 % Kapitäne in den hemmenden und kontraproduktiven Ämtern.
Die wird man nämlich so ganz ohne Beamtenaufstand ganz einfach los.
Mit ihrem bedingungslosen Grundeinkommen brauchen sie nicht mehr den ganzen Tag ihre Existenz mit wirtschaftshemmenden Schikanen nachweisen. Zwar liegen sie dem Staat immer noch auf der Tasche, aber das tun sie doch JETZT auch. Was also mit den 50 % geht, sollte mit den 10 % nicht gehen?

Und sind die Kapitäne erstmal ausgebootet, kostet bald auch der Mercedes-Geländewagen wieder die Hälfte.

Ich will keinen Rückschritt, man muß es ja nicht gleich mit den Worten Honeckers beschreien:
vorwärts immer, rückwärts nimmer!

Mit der Zukunft zugewandtem Gruß
Johann Ohneland

>hallo,
>>Die, die jetzt durch Hartz IV weniger haben, beschweren sich. Die, die Angst haben, durch Hartz IV bald weniger zu haben, beschweren sich auch. Und die, die Arbeit haben, beschweren sich auch. Denn sie haben Angst, dass sie mehr für die zahlen sollen, die keine Arbeit mehr haben. Also erklären sie hier, warum es gut ist, dass Arbeitslose erstmal viel Besitz verlieren sollen. Denn sie haben selbst Angst, ihren Besitz zu verlieren. Also lieber schöne Worte finden, warum der andere verlieren soll. Und nicht man selbst.
>also eines haben wir nun geklaert. dies thema ist vielschichtig, und die ansichten haengen grossenteils von der momentanen individuellen situation ab.
>>...Und sagt "gebt alles her, bevor andere (wir?!) etwas für euch abgeben müssen".
>ich wuerde hier anders formulieren: ... bevor andere noch mehr abgeben muessen.
>>Nein, nicht der Arbeitslose ist per se schuld, dass er arbeitslos ist. Und also gefälligst alles hergeben soll, bevor er eine (früher) Versicherungsleistung in Anspruch nehmen darf.
>schuld? - geht es in zukunft um schuld, oder um machbarkeit?
>>Die Politiker trauen sich nicht, zum Kern der Sache zu kommen
>haben wir uns missverstanden? meine kernaussage war, die meinung der politiker zu ignorieren. sie sind das problem, nicht die loesung
>>...Aber es wird eins vergessen: Wenn alle Arbeitslosen völlig flexibel, lernbereit und alles wären: Dann wären alle offenen Stellen besetzt, aber es gäbe noch immer Millionen Menschen ohne Arbeit.
>ja. hast du auch darueber nachgedacht, warum das so ist?
>>Die Lösung liegt nicht darin, mehr vom Einzelnen Arbetslosen zu fordern. Auch das ist wichtig, aber das sind Details für die Verwaltung. Für die Politik wäre es wichtig, der Tatsache ins Auge zu sehen: Wenn alle Arbeit haben sollen, dann muss die Arbeit anders verteilt werden.
>>Ich habe die Diskussion hier und in anderen Foren gelesen. Da ging es um die Mehrarbeit für den öffentlichen Dienst. Und viele schrien: "Diese Faulenzer. Die sollen sich nicht so anstellen. Wegen der paar Minuten mehr pro Tag."
>>Doch, die Aufregung im öffentlichen Dienst war berechtigt. Die gefordert Mehrarbeit ist Wahnsinn. Nicht für den Einzelnen, aber für die Gesamtgesellschaft! Eine Lösung müsste anders aussehen: Nicht 40 Stunden statt 38,5 - sondern stattdessen nur 30 Stunden. Für die würde man zwar weniger Geld bekommen - aber in den 10 Stunden müsste dann jemand anderes arbeiten.
>>Höre ich da jemanden schreien? "Nur 30 Stunden die Woche - wie soll ich denn davon alles bezahlen?". Ähm, wie waren deine Forderungen an die, die keine Arbeit mehr haben? Warum dann nicht wenigstens eine echte Lösung versuchen?
>ja, du hoerst mich schreien. (obwohl ich den ausdruck argumentieren vorziehen wuerde)
>30 stunden? bei moeglichst hohem lohnausgleich natuerlich? ausgerechnet im oeffentlichen "dienst"?
>fein! du wuerdest somit den oeffentlichen dienst um ein fuenftel teurer machen wollen? also dem (noch) produktiven teil der bevoelkerung noch mehr steuerlast aufbuerden?
>was waere denn da der efolg? -erstmal natuerlich, dass sich in zukunft nicht die eingaengliche frage mehr stellen kann, da ja schon die arbeitenden verarmen, bevor sie arbeitslos werden.
>doch moechte ich einen vergleich ziehen. was in deutschland jetzt beginnt, der zusammenbruch der wirtschaft und des staates, haben wir in lateinamerika schon hinter uns.
>in den laendern hier wurde auf verschiedene weise darauf reagiert.
>die schnellsten (kleinen) verbesserungen wurden erreicht, wo nicht besitzstand- (arbeitsplatz-) sicherung betrieben wurde.
>heute geht es den leuten am wenigsten schlecht, wo man ein maximum an funktionaeren aus dem staatsdienst entfernt hat (und staatliche funktionen weitgehend privatisiert hat)
>mit dem ziel, die produktivitaet der buerger nicht mehr so stark mit abgaben auszubremsen.
>zugegeben, die situation ist da weit weg von gut. aber sie ist wesentlich besser, als in den laendern, wo man den staatlichen wasserkopf froehlich/duemmlich weiter ausgeweitet hat.
>natuerlich muessen noch reste von mittelstaendischem privatvermoegen vorhanden sein, damit legale und formlose unternehmungen gegruendet werden.
>>Ich weiß, ich habe selbst Zweifel. Für eine echte Lösung ist es wohl zu spät. Aber, bitte, kritisiert nicht die, die zuerst alles verlieren. Sondern denkt daran, dass ihr alle in einem Boot sitzt.
>ja, und dies boot wird zuegig untergehen. da sind fast 50% kapitaene (oeffentliche dienste) da sind 30% passagiere, die sagen, ich tu nix. ich hab frueher geschoepft. ich hab ein anrecht, dass jemand anderes schoepft. (arbeitslose & rentner) und der kleine rest versucht mit einer hand zu rudern, und soll noch mit der anderen schoepfen...
>>Ach ja, Hartz IV ändert noch etwas: Wer früher alles ausgegeben hat, bekommt jetzt sofort Geld. Wer aber wusste, dass er eine Versicherung hat, die ihn bei Arbeitslosigkeit schützt, der hat jetzt nur noch die "Armenspeisung" zu erwarten. Nein, nochmal, die Armenspeisung ist nichts schlechtes - aber der Kernpunkt ist, dass gerade eine Versicherung abgeschafft und durch Armenspeisung ersetzt wird. Ohne das direkt beim Namen zu nennen.
>eine versicherung ohne ruecklagen, mit zu wenig einkuenften kann keine sicherheit mehr bieten.
>von dir hier zwar nicht angesprochen, aber doch immmer wieder in dies thema hineingezogen: schuld des kapitals und irgendwelcher verschwoerer.
>wer hat denn nun "schuld" an der deutschen misere?
>ich glaub, ich bin das. (zusammen mit einigen milliarden anderer) vor zwanzig jahren hab ich mir hier im entwicklungsland ein deutsches auto, einen deutschen fernseher und eine deutsche stereoanlage gekauft. (zuzueglich kleinigkeiten, wie deutsche buecher etc)
>heute hab ich ein japanisches auto, koreanische unterhaltungselektronik und englische buecher. das zeug hat inzwishen die gleiche gute qualitaet, wie die deutschen waren. allerdings zum halben preis. durch unser egoistisches kaufverhalten haben ich, und die anderen milliarden kaeufer deutschlands wirtschaft ruiniert.
>wirklich? - oder habt ihr das traut vereint selber gemacht? mit faulheit? wir, eure ehemaligen kaeufer, arbeiten immer noch 48 stunden in der woche... - ... und eure "fortschrittlich" produzierten gueter sind fuer uns inzwischen unerschwinglich.
>ich habe das beduerfniss, einige saetze aus meinem letzten post zu diesem thema hier als grundlegend zu wiederholen:
>hier wird um den (moeglichen) verlust von luxus gejammert.
>ob arbeitsloser, arbeiter, rentner oder selbststaendiger, wacht auf! der staat kann nichts mehr fuer euch tun! der kann sich ja nichtmal mehr selbst richtig erhalten.
>"HILF DIR SELBST, DANN HILFGT DIR DER HIMMEL!"
>(hinzuzufuegen waere noch, sonst hilft dir sowieso keiner.)
>und euren staat, in seiner jetzigen organisation, koennt ihr vergessen. der ist kontraproduktiv!
>gruss,detlef


Antworten: