Re: Italiens Wirtschaft und der Ölpreis

Geschrieben von Bern8 am 17. April 2006 15:02:51:

Als Antwort auf: Italiens Wirtschaft und der Ölpreis geschrieben von Stephan Berndt am 17. April 2006 12:36:34:

Hallo Stephan,

die Schwelle von 80 $ ist definitiv zu niedrig angesetzt. Dies entspräche einem Aufschlag von ca. 15 %. Der Anstieg in den letzten 7 Jahren betrug jedoch bis zu 600 %! Mein persönlicher Schwellenwert für eine Wirtschaftskrise durch Ölpreisanstieg liegt bei ca. 120 und für einen wirtschaftlichen Zusammenbruch aufgrund eines Versorgungsengpasses, der z. B. dazu führen würde, dass die Bauern im Gäuboden wie vom Mühlhiasl vorausgesagt das Korn wieder von Hand mähen und zu Kornmanndln aufschlichten müssten, bei 200 - 500 US-$ pro Barrel.

Wohlgemerkt, interessant ist nicht die Summe des Anstieges in prozent, sondern die Geschwindigkeit und somit der Schockeffekt auf die Bevölkerung. Ein Anstieg um 50 % in einer Woche ist sicher psychologisch schlimmer als einer um 300 % in 5 Jahren, da man in letzterem Falle durch geeignete Maßnahmen gegensteuern könnte (Kohleverflüssigung, Atom, etc.), in ersterem jedoch überfahren würde.

Die substantielle Schwäche der südlichen Volkswirtschaften (Italien, Spanien) ist kein gegenwärtiges, sondern bereits seit mehreren Jahrhunderten latent bzw. chronisch vorhanden und wird derzeit durch die EU nur kaschiert, da massiv deutsche Gelder hineingepumpt werden. Für eine Krise macht dies die Sache jedoch nur schlimmer, da in dem Fall die eigenen Lebensgeister der Gesellschaften weiter geschwächt werden, im Falle Deutschlands jedoch nur unterdrückt und überfordert werden; im Falle einer Deglobalisierung würde bei einer Innenlenkung der Kräfte Deutschland innerhalb kürzester Zeit gegenüber den schwachen Staaten überproportional an Gewicht gewinnen. Dies ist meiner Meinung nach der eigentliche Grund für das Überschwappen (d. h. den gezielten "Export") des Bürgerkrieges auch auf deutschen Boden. Russland lacht sich natürlich ins Fäustchen bei der derzeitigen Entwicklung, wäre aber im geschilderten Fall, d. h. Zerfall der EU mit Erstarken Deutschlands, vor die Situation gestellt, dass sein großes Spiel im Geheimen bald aus wäre und müsste ob gewollt oder nicht, dann schnell handeln. Dies ist m. E. der Grund dann für das Ausgreifen Russlands nach Westen.

Dies ist meine Einschätzung zum Thema.

Bern.


>Hallo!
>(Mit Bezug zu Beitrag ein paar Zeilen tiefer.)
>Vermutlich dürfte ein externer Schock a la Weltwirtschaftskrise der Auslöser sein.
>Der dürfte dann gleichzeitig Frankreich, Deutschland etc. treffen.
>Die wirtschaftliche Lage Italiens ist definitiv ein wichtiger Indikator für die gesamte Lage.
>Aber es wäre wohl ein Fehler, zu sehr auf Italiens wirtschaftliches Siechtum zu starren.
>Meine - nicht überzubewertende - Vermutung:
>Im Rahmen der Konfrontation USA-Iran wird im Laufe dieses Jahres der Ölpreis steigen, die Weltwirtschaft ernsthaft bedroht werden, so dass dann in der Bevölkerung eine unterschwellige Zustimmung zu einem Angriff auf den Iran entstehen wird, nach dem Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. (Auch wenn das nur 40% sein mögen. Aber so viele kurzsichtige Egoisten werden sich finden lassen.)
>Nach Einschätzung russischer Beobachten (Quelle nicht parat) wird es ab einem Ölpreis von über 80 Dollar pro Barrel für manche europäische Wirtschaften kritisch. Diese ökonomische Sollbruchstelle wurde meiner Beobachtung nach von hiesigen Medie bisher nicht thematisiert.
>Aber es wird sie geben: Ab soundsoviel Dollar pro Barrel werden die schwächsten Wirtschaften in die Knie gehen.
>Dann fragt sich: Wäre das für die USA von Vorteil, weil dann immer mehr Regierungen einem Angriff auf den Iran zustimmen werden?
>Kurzum:
>Eine Phase deutlich erhöhten Ölpreises im Vorfeld eines Angriffes auf den Iran könnte für die USA u.U. von Vorteil sein. Und höhere Ölpreise noch ohne Krieg wären in sofern ein deutlicher Indikator für einen folgenden Militärschlag, weil er die Regierungen, Medien und Massen schwacher Staaten weichkneten wird. Gleichzeitig wird teureres Öl Russlands Position stärken - auch im Hinblick auf den Nahen Osten.
>Darüber hinaus wird all das natürlich auch Folgen für den Geldbeutel der Forumsteilnehmer haben.
>Soviel zum Thema Theorie und Praxis.
>Gruß
>Stephan


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