Re: Muslime zur Ausreise aus den Usa aufgerufen.
Geschrieben von Leo am 06. Oktober 2006 22:24:56:
Als Antwort auf: Muslime zur Ausreise aus den Usa aufgerufen. geschrieben von Leo am 05. Oktober 2006 20:06:50:
"Die Welt" widmet der Warnung ebenfalls einen Artikel.
DIE WELT.de
Terrorismus
Taliban kündigen "göttliche Bestrafung Amerikas" an
Kein Zoll der USA werde ausgespart werden, heißt es in der jüngsten Drohung. In Amerika lebende Moslems werden aufgefordert, das Land sofort zu verlassen. Großsprecherei ist bei Terroristen üblich. Diese Warnung hat aber Gewicht - aus drei Gründen.Von Torsten Krauel
Washington - Der Nachrichtenagentur AFP wurde Donnerstag ein Tonband zugespielt, auf welchem ein hoher Taliban-Funktionär die „göttliche Bestrafung Amerikas“ ankündigt, und zwar in der nächsten Zeit. Kein Zoll der USA werde ausgespart bleiben. Der Funktionär rief die in Amerika lebenden Moslems auf, das Land sofort zu verlassen.
Großsprecherei ist bei Terroristen üblich. Die Warnung aber hat aus drei Gründen Gewicht.
Erstens: Sie stammt von Massoum Afghani. Als die Taliban unter ihrem Chef Mullah Omar noch in Kabul regierten und Osama Bin Laden beherbergten, war Massoum ihr Botschafter in Pakistan. Es war der wichtigste Posten überhaupt, denn Pakistan war Ziehvater und Geldgeber der Taliban und ihr einziger Verbündeter. Massoum hat das unbedingte Vertrauen seines 2001 untergetauchten Chefs Mullah Omar.
Zweitens: Die Warnung enthält den Verweis auf ein historisches Ereignis, die Schlacht von Badr im Jahre 624. Sie erfolgt außerdem vor etlichen Jubiläen, die für al-Qaida Bedeutung haben. Al-Qaida legt Angriffe gern auf solche Tage.
Drittens: Seit einigen Monaten warnt al-Qaida die Christen Amerikas, zum Islam überzutreten. Auch das hat Bedeutung.
Weshalb könnte Massoum die Schlacht von Badr erwähnt haben? Sie war der erste Sieg Mohammeds auf dem Weg zur Eroberung Mekkas und ist ein Eckpunkt des Islam. Der Kampf war eher ein Scharmützel als eine Schlacht, 300 gegen tausend Mann. Gerade das macht die Erwähnung brisant.
Al-Qaida sieht sich als Vorhut Allahs
Mohammeds Schar bestand aus Versprengten, die sich für Allah zusammentaten. So sieht sich auch Al-Qaida. Bin Ladens Araber, die Ägypter seines Vize Ayman al-Sawahiri, sowie der aus Pakistan stammende Clan des Chefplaners des 11.September, Khaled Mohammed – sie alle legen gern nahe, eine neue Vorhut zu sein.
Der Kampf bei Badr fand am 17.Tag des Fastenmonats Ramadan statt. 2006 begann dieser Monat am 23.September. Sein 17.Tag ist also am Montag. Hat Massoum den Moslems fünf Tage Zeit gegeben, um aus den USA zu fliehen?
Vielleicht. Denn am Montag jährt sich nicht nur die Schlacht von Badr, sondern auch der Geburtstag des geistigen Ziehvaters al-Sawahiris. Das war der Ägypter Sajid Qutb. Der Ideologe, der als erster den islamischen Kampf gegen die westliche Moderne forderte, wäre am Montag 100 Jahre alt geworden, hätte Kairo ihn nicht vor 40 Jahren hingerichtet. Will Sawahiri den Märtyrer radikaler Moslems mit einem Angriff würdigen?
Vielleicht. Denn am Dienstag sind zwei weitere für al Qaida wichtige Daten. Am 10.Oktober 732 schlug Karl Martell die Araber bei Tours und Poitiers. Es war das Ende der islamischen Eroberung Europas. Zuvor fand am 10.Oktober 680 die Schlacht von Kerbala im Irak statt. In ihr unterlagen die Schiiten den sunnitischen Kalifen. Sie ist der Ursprung islamischer Spaltung.
Bin Laden verfolgt Islamisierung Europas als Ziel
Osama hat Europas Islamisierung zum Ziel erklärt. Sawahiri sagt oft, daß die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten tragisch sei. Moslems müssten geeint gegen Israel und die USA kämpfen. Osama verfluchte bis 2001 Schiiten als Ketzer. Sein Vize umwirbt sie und trägt dabei einen weißen Turban. Schwarze Turbane sind das Privileg der Nachfahren Mohammeds. Sawahiri nutzt einen schwarzen, wenn er sich an Sunniten wendet. Richtet er sich an Schiiten, trägt er einen weißen. Das entspricht einem evangelischen Pfarrer, der ein Papstbild aufstellt, wenn er von der Ökumene spricht.
Sawahiri meint es ernst mit der Einheit gegen den Westen. Am Gedenktag zweier getrennter Niederlagen – Sunniten gegen die Christen in Tours, Schiiten gegen die Kalifen in Kerbala – den gemeinsamen Feind Amerika anzugreifen: Könnte er das vorhaben?
Vielleicht. Denn am Dienstag jährt sich auch die dritte Invasion Ägyptens im Jahr 1168 durch den Kreuzfahrer-König Amalric. Der Feldzug scheiterte an der Uneinigkeit der Kreuzritter und der plumpen Diplomatie Amalrics. Er fällt mit dem Aufstieg Saladins zusammen, der die Kreuzritter vertrieb. Parallelen zum Irak und George W. Bush sind weit hergeholt. Aber gilt das auch für al-Qaida mit seiner historischen Obsession?
Am Donnerstag vor sechs Jahren schließlich attackierte al-Qaida den US-Zerstörer „Cole“ in Aden. Es war der erste offene Angriff auf die US-Streitkräfte, ein von al-Qaida gefeiertes Datum. Am Donnerstag vor sieben Jahren übernahm außerdem Pervez Musharraf in Pakistan die Macht. Al-Qaida hält ihn für den Prototyp des proamerikanischen Verräters. Wer nach historischen Daten sucht, findet für Donnerstag die Eroberung Babylons, des heutigen Bagdad, durch den Perserkönig Cyrus, 539 vor Christi. Er begründete Irans Größe.
Zu den Jubiläen kommen die Aufrufe al-Qaidas, zum Islam überzutreten, bevor es zu spät sei. Al Sawahiri sagte das im Januar. Am 7.Juli und am 2.September folgte der Amerikaner Adam Gadahn, ein Konvertit, der al-Qaida als Dolmetscher dient. Er wandte sich auf englisch an Amerika. Al Sawahiri empfahl in einem Vorwort, genau zuzuhören.
Aufrufe sind beunruhigend
Die Aufrufe sind beunruhigend. Denn nach dem 11.September 2001 lobten radikale Prediger zwar Osamas Angriffe. Sie sagten aber: Er hätte die Ungläubigen vorher warnen müssen. Der Koran schreibe vor, ihnen die Chance zur Reue zu bieten. Nur Verstockte dürften getötet werden. Beherzigt al-Qaida das jetzt? Redet Gadahn englisch, damit niemand sich herausreden kann, arabisch nicht zu verstehen? Und sollte das so sein – hätte al-Qaida die Mittel, Amerika militärisch dafür „zu bestrafen“?
Auch das ist denkbar. Der renommierte, Bush-kritische US-Autor Ron Suskind schreibt in einem neuen Buch: In Afghanistan fanden die USA Blaupausen eines Labors zur Herstellung des Anthrax-Virus. Experten sagen: Die Blaupausen zeigen ein Labor, das für Waffen geeignet wäre. Gefangene Terroristen wurden sofort hart verhört. Der Indonesier Hambali nannte ein Haus im afghanischen Kandahar. Dort stießen die Amerikaner auf Anthrax-Spuren.
2003 bat Washington die Saudis, in Riad ein Apartment zu stürmen. Man fand Pläne einer chemischen Bombe, nicht größer als eine Konservendose. Experten sagen: Sie funktioniert, ist technisch genial, und eine reicht für eine U-Bahn-Station. Man fand auch Fotos aus New York – Klimaanlagen in Hotels, Banken, Bahnhöfen, selbst Detailfotos von Drehtüren, die für Viren geeignet wären.
Bin Laden lud Atomexperten zum Grillabend ein
Einmal holte Bin Laden sogar Atomexperten zum Grillabend. Pakistans Geheimdienst hält das für eine Tatsache. Die Saudis glauben angeblich, al-Qaida habe bis zu zehn Bomben. Moskau soll bis zu 35 für möglich halten. Sie sind schwer zu zünden und verrotten rasch. Aber wenn al-Qaida Zugang zu Fachleuten hätte?
Solche Fragen machen Massoums Warnung unerfreulich. Terroristen verbreiten gern Angst. Eine Warnung abzutun kann zwar vernünftig wirken. Aber genau das haben manche im Sommer 2001 ja auch gedacht.
Artikel erschienen am 06.10.2006
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- Re: Muslime zur Ausreise aus den Usa aufgerufen. Leo 06.10.2006 22:40 (0)