1902 - Glücklichsein ohne Strom und warmes Wasser (Freie Themen)

Baldur, Samstag, 17.09.2022, 00:59 vor 586 Tagen (1173 Aufrufe)
bearbeitet von Baldur, Samstag, 17.09.2022, 01:25

Hallo, zusammen,

Die feuchten Träume der grünen Khmer, der Zeugen Morgenthaus, äh, der Zeugen von Morgenthau, in einem Feldversuch, Leben wie 1902 in Schwarzwald. ..

Der grosse Bruder sagt, ....und Du wirst glücklich sein.....

Beste Grüsse vom Baldur

Illusionen betreffend Subsistenzwirtschaft

Baldur, Samstag, 17.09.2022, 03:07 vor 586 Tagen @ Baldur (808 Aufrufe)

Hallo, zusammen,

Als Ergebnis des Zeitreiseversuchs, als ErgebnisIn von dem/der ZeitreiseversuchIn schreibt das grosse Erklärportal im Internet ernüchternd und zutreffend:

Der harte 18-stündige Arbeitstag brachte die Familienmitglieder an den Rand der physischen und psychischen Belastbarkeit. So erlitt Ismail Boro aufgrund der körperlich harten Arbeit schon in der ersten Folge einen Leistenbruch.

Marianne Hege-Boro zog sich aufgrund der Kälte und des Fehlens jeglicher Unterwäsche (auch die Kleidung war authentisch) eine Blasenentzündung zu.

Vater Ismail und Tochter Reya liefen sich beim Marsch zum Markt nach Staufen die Füße blutig. Außerdem erlitt Reya eine Sehnenscheidenentzündung und Sohn Akay eine Blutvergiftung.

In der Realität hätte Familie Boro wohl kaum überlebt – Rückschläge und eine fatale Fehlentscheidung brachten enorme wirtschaftliche Probleme: Sie verloren die Kartoffelernte durch Pilzbefall.

Die einzige milchgebende Kuh erkrankte an einer Euterentzündung, sodass keine Milchprodukte mehr verkauft werden konnten. Ende August traf die Familie die Entscheidung, mit der Heuernte zu warten, da Seras Geburtstag gefeiert werden sollte. In der Nacht nach dem Geburtstag endete die wochenlange Schönwetterperiode und der Regen setzte ein. Zwar versuchten die Boros zum Ende der Regenperiode mit Erntehelfern das Heu noch einzuholen, doch auch dieser Versuch wurde vom einsetzenden Regen vereitelt. Das für den Winter so wichtige Viehfutter verfaulte und obendrein verlor die Familie den größten Teil ihres Geldes für die Bezahlung der Erntehelfer.

Als Folge mussten sie eine Kuh und das Schwein „Barney“ verkaufen.

Im Jahre 1902 wäre das wohl das Aus für den Hof gewesen. Bei der im Winter gedrehten zweiten Staffel stellte sich dann auch noch heraus, dass die im Sommer angelegten Vorräte größtenteils verdorben waren.

Nein, die waren in GrünSprech gar nicht verdorben, die waren nur vorübergehend nicht mehr ganz frisch.

Aber ihr werdet glücklich sein...

:mauer:

Meine heuer gestarteten Kartoffelanbauversuche endeten genauso, Totalausfall.

Aber im Wald solls ja für den Notfall ganz viele tolle Sachen geben, die wo man dann essen können tut.

Hm. Rinde gibts, und Gras. Tannenzapfen und Äste.
Wohl bekomms.

Leute, vielleicht sind leichtgläubige Illusionen die grösste Gefahr, die uns bedroht....

Ich möchte nochmals eindringlich auf Biographien und Leidensberichte hinweisen, die uns Soldaten über ihren improvisierten Heimweg durch feindliche Linien hinterlassen haben.
Niemand schaffte es durch die Wälder, falls er keine milde Gaben von mitfühlenden Ortsansässigen bekommen hat.

Beste Grüsse vom Baldur

wetterabhängig

gecko, Samstag, 17.09.2022, 10:11 vor 586 Tagen @ Baldur (697 Aufrufe)

Hallo Baldur,

immerhin hielt diese im Fernsehen gezeigte Familie ein oder 2 Jahre durch.
Im 20. Jhdt gab es 2 Versuche, Neubauern die Sache schmackhaft zu machen, in den 1930ern und 1950ern. Beide sind, soviel ich weiß, fast vollständig gescheitert - nach einem halben Jahr rannten die davon.
So fatale Fehler wie Geburtstagfeiern statt Heuernten darf man sich als Bauer nicht erlauben - nicht umsonst gab es im Spätsommer traditionell keinerlei Feiertag.

Grüße,
gecko

Angkor Wat

Giraffus, Samstag, 17.09.2022, 11:54 vor 586 Tagen @ gecko (735 Aufrufe)

Hallo,

Es braucht Gemeinschaften, Familienbanden oder religiöse Gemeinschaften, wie die Amisch und Mennoniten. Alleine zu überleben ist ein Glücksspiel, vielleicht noch am ehesten möglich wenn man relativ jung ist.

Aus meiner Erfahrung wachsen Kartoffeln, Topinambur und Kürbisse am besten. Als Ausgleich zur möglichen Missernte bräuchte es eigentlich Getreide, jedoch dies anzubauen, zu ernten, zu mahlen und dann zu verarbeiten ist höchst arbeitsintensiv und erfordert eigentlich Infrastruktur, die nicht mehr vorhanden ist, wie zb funktionierende Wassermühle mit Mühlstein und Holzofen.

Was mir noch einfällt, Eicheln und Haselnüsse. Jedoch gibt es nicht in jeder Region Eichen und nicht jedes Jahr gibt es Haselnüsse.

Schlussfolgerung für mich ist dass ohne die moderne Infrastruktur vielleicht 100,000 Menschen oder so im Raum Deutschlands überleben könnten. Die in solchen Zeiten geborene Generation, falls ein Bruchteil von ihnen es schafft erwachsen zu werden, hätten überhaupt keine Möglichkeit die Hochhäuser und Villen in den verlassenen Städten geistlich zu begreifen, dies käme dem Szenario von Angkor Wat gleich...

Durchhaltedauer

Baldur, Samstag, 17.09.2022, 21:58 vor 585 Tagen @ gecko (721 Aufrufe)

Hallo, gecko,


immerhin hielt diese im Fernsehen gezeigte Familie ein oder 2 Jahre durch.

Sofern ich es richtig verstanden habe, gab es eine kurze Einschulungszeit von 1-2 Wochen.
Und dann lief das Experiment wohl in zwei verschiedenen Blöcken, der erste ging zwei? Monate lang. Später dann nochmal kurz im Winter, das geht aber aus den Sendungen nicht hervor.

Bereits nach Teil 1 war schon Ende Gelände.

Jemand, der heutiges Leben gewöhnt ist, hält das nicht durch, weil ihm die Motivation fehlt. Da ist dann ein Balken und ein Strick die bequemere Lösung.

Damals kannten die Leute keine Alternative, das Abmühen, die Entbehrungen waren normal, und es konnte eigentlich nur besser werden - auch wenn es durchaus noch schlechter werden konnte, erhofftermassen vorübergehend.

Genau das wäre heute auf den Kopf gestellt.

Ich bin keinesfalls dagegen, Vorsorge zu betreiben.
Sich Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen.

Im Einzelfall scheitert eine rechtzeitige, parallele Subsistenzwirtschaft schon an gesetzlichen Hürden, weil Nichtlandwirte in manchen Ländern keine landwirtschaftlichen Flächen oder Güter erwerben dürfen, und für Schrebergärten gibts meterlange bzw. jahrzehntelange Wartelisten.

Hausgärten haben vielleicht noch 100qm.

Wie BB schon darlegte, scheint es keine brauchbare, finanzierbare Lösung mehr zu geben.
Als Kompromiss bleiben Konservendosen und Kerzen, in der Hoffnung, dass die Vorräte länger halten, als die Krise.
So lange es sich erkennbar um Schweinefleisch in Büchsen handelt, gibts vielleicht sogar eine Chance....

Beste Grüsse vom Baldur

falscher (Denk)Ansatz

styx, Samstag, 17.09.2022, 11:55 vor 586 Tagen @ Baldur (782 Aufrufe)
bearbeitet von styx, Samstag, 17.09.2022, 12:06

Hallo Baldur,

Diese Videoreihe zeigt eigentlich nur das auf, was für 98% in irgendeiner Form gilt: Eine (fast völlige) Entfremdung vom Leben und vor allem ein Verständnis darüber.
Die Grundvorraussetzungen sind auch Unsinn, eine Stadtfamilie die keine Vorkenntnisse hat, quasi auf Null in Landleben von vor 120 Jahren setzen zu wollen ist einfach zum Scheitern verurteilt, und demotiviert andere Menschen, es zu versuchen.
Sprich (Schreib) sich für autarke Lebensweisen zu interessieren.

Woran es bei den meisten Leuten mangelt, ist schlicht Desinteresse an der Natur, an altem Wissen; sich die Hände zu beschmutzen, Verzicht auf teils sinnfreien "Komfort" unserer Zivilgesellschaft usw usf.
Das Fleisch kommt halt aus dem Supermarkt; das Gemüse und Obst ist ständig verfügbar, und Werkzeuge brauchen eh nur die "armen" die sich keine anständige Technik leisten können (ff). So ist (leider) die Denkrichtung des Großteils der Leute.

Der Wald und das Leben darin, ist für die Wenigsten von Interesse, da wir zugegebenermaßen, auch eher Kulturlandschaften haben, anstelle natürliche Wälder; und diese eher als Spielplatz oder Hobbyraum dienen.
Bei Vorstellungen im Sinne von das Reh ist die Frau vom Hirsch, muss man nichts mehr zu sagen.

Wer weiß denn groß, welche Pflanzen man für medizinische Zwecke nutzen kann? Einen Bogen aus Hasel oder Esche baut? Wie Losungen von Tieren ihren Wanderweg erzählen? Wie man ein Haus baut (oder Blockhütte)? Ein Feuer macht, ohne Feuerzeug? Boden urbar bekommt?
Deine "Beispiele" ala Zweige, Rinde, Gras... zeigen doch, dass da kaum Substanz vorhanden ist, schlicht, weil wir so übersättigt und verwöhnt worden sind, in unserer "just in time" Supermarkt Versorgung.

Notfallvorsorge heisst auch, sich nicht nur mit Kistenweise Essen oder Wasser, Solaranlagen usw. einzudecken, oder Klopapier zu horten; sondern sich Wissen anzueignen. Und dieses, wenn man es braucht, abrufen zu können. Sicher kann niemand alles wissen, kennen, umsetzen. Deswegen ja idealerweise auch (Klein)Gruppen, wo man vor Situation X oder Z schonmal voneinander lernt (Ist natürlich ein Idealfall und die "goldene Lösung"; - auf 100.000 Personen trifft das vielleicht auf 20-50 zu, die das machen).
Saatgut ist ebenso wichtig und wird vernachlässigt; und damit meine ich keine Monsanto Hybridsachen aus dem Baumarkt, sondern alte Arten. Oder, Tiere, Pflanzen beobachten, diese zeigen schon an, wie zB das Wetter wird, oder ob sie Nährstoffe brauchen (Dünger); oder wo man Wasser findet, welcher Boden gut ist , und so vieles mehr.
Natürlich ist das immer gebietsabhängig, und in den meisten Zonen von D schwer möglich. V.a. für Urban großgewordene Menschen, die nur Neonlicht und Bildschirme kennen. Selbst auf dem Land ist es leider so.


100% Vollverpflegung rund ums Jahr nur aus dem Wald ist, wie ich auch schon schrieb, natürlich recht illusorisch, zumindest in D. Aber auch nicht unmöglich.
Wenn man sich nicht im Vorfeld einige Kenntnisse aneignet, die ausserhalb der Komfortzone Wohnung nützlich sind, gehen solche Experimente wie im Video natürlich nach hinten los.
Ein temporäres "Aus der Natur" leben, funktioniert aber, ob Du es Dir vorstellen kannst bzw. glaubst oder nicht - aber, es erfordert Umdenken, Anpassen, lernen (und das VOR irgendeiner "Krise" )und Übung.
Menschen vor 120 Jahren sind in diese Lebensweise hineingeboren und haben von Klein an gelernt (18Std Arbeitstag ist Quatsch, aber klingt medial natürlich ungeheuerlich). Das fehlt uns heute, und wird auch, dank solcher Berichte, nicht grad gefördert.

Schau bzw. lies mal bei BCUSA, wieviele Menschen dort schreiben, die teils seit Jahrzehnten "offgrid" wie es im Neudeutschlich heisst leben.
Einfach ist es sicher nicht, das zu behaupten wäre dumm und gelogen.
Wer allerdings nur Lieferdienste kennt, Onlinebestellungen, Billigkrempel aus Fernost, und Wegwerfmode; Wischtelefone, GPS etc pp. wird da definitiv Probleme bekommen.

Die Mischung macht es. Die moderne Welt zu verteufeln ist falsch; eine Vorstellung ala "Jäger & Sammler" Leben ist auch zu einseitig.
Wir haben heute die Möglichkeit, uns dank Internet mit Büchern/Wissen einzudecken, uns Kenntnisse anzueignen, dieses auszuprobieren, und sogar mit wenig Geld, weitestgehend langlebige, hochwertige Ausrüstung anzueignen, die ein Leben in Natur sehr sehr viel einfacher machen, als eben vor 100 Jahren. Nur macht es eben kaum jemand, und die die es tun, werden müde belächelt oder als Weltfremde Spinner, Sonderlinge uvm. betitelt. DAS ist verrückt.

Zu dem Soldaten die hinter Feindlinien und Hunger usw.... muss man, denke ich, nichts schreiben. Selbsterklärend, dass nach physischen, psychischen Stressbelastungen, ggf. Gefangenschaft, Verwundung usw usf. die Kräfte nicht oder kaum ausreichen, um auch noch groß Lager, oder Nahrungsbeschaffung etc. aus/in der Natur zu bewerkstelligen.

Serie angeschaut

aber @, Samstag, 17.09.2022, 15:35 vor 586 Tagen @ styx (600 Aufrufe)

Hallo,

ich habe mir die Serie angeschaut und finde, dass so doof die Familie sich gar nicht angestellt hat. Vor allem die Frauen (Mutter und beide Töchter) haben sich in der Haus-, Ernte- und Stallarbeit und bei der Essenszubereitung mit einfachen Mitteln überraschend geschickt hervorgetan - bis auf die Sache mit dem Schwein. Naja, dass man Tiere nicht aus dem Stall herauszerrt, sondern austreibt, hätte man ihnen vielleicht mal etwas früher sagen können.

Im Jahr 1902 hätte sich eine Akademikerfamilie aus der Stadt weitaus dämlicher angestellt, da der Standesdünkel damals viel ausgeprägter war und bessersituierte Städter viel größere Abscheu gehabt hätten, sich die Finger schmutzig zu machen und zu körperlicher Arbeit herabzulassen.

Überlebensuntauglichkeit kann mithin nicht nur an der Verblödung heutiger Generationen liegen. Auch heute noch ernähren sich Menschen von einem landwirtschaftlichen 18-Stunden-Arbeitstag ohne maschinelle Hilfe. Nur eben nicht im verwöhnten, degenerierten Deutschland, wo fast jeder ein verweichlichter Städter ist:
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Für Millionen Menschen in Asien und Afrika ist das Leben in solch primitiven und harten Verhältnissen, die hier als extreme “Survival“-“Prepper“-Situation angesehen werden, ganz normales Alltagsgeschäft. Und wenn bei einem globalen wirtschaftlichen Zusammenbruch genau diese Menschen zu den Überlebenden gehören, weil sie eh nichts anderes gewöhnt sind als den täglichen Überlebenskampf, dann gönne ich ihnen das von Herzen, dass das Blatt sich für sie wendet.

Was in der Serie schön angesprochen wurde, ist die Tatsache, dass man ohne Nachbarn und Helfer aufgeschmissen ist. Sei es der Nachbarsbauer, der sich in der Geburtshilfe bei Rindern auskennt oder die Alteingesessenen, die noch mit der Sense umzugehen wissen und sich mit dem Wetter auskennen, auf die Hilfe anderer wird man immer angewiesen sein. Wer sich in seinen 4 Wänden mit seinem Ofenrohr isoliert, wie das hier im Forum so mancher Traumtänzer vorstellt, hat schon verloren - und hat es so verdient. Karma ist ne Bitch.

LG,
und

Karma

Windlicht, Hedwig Holzbein, Sonntag, 18.09.2022, 11:51 vor 585 Tagen @ aber (574 Aufrufe)

Hallo aber!

Fallen solche Worte
"Wer sich in seinen 4 Wänden mit seinem Ofenrohr isoliert, wie das hier im Forum so mancher Traumtänzer vorstellt, hat schon verloren - und hat es so verdient. Karma ist ne Bitch."

die voller Häme, Gehässigkeit und schlechter Wünsche sind, auch unter "Karma ist ne bitch"? Erwartest Du dafür Strafen?

Windlicht

Karma und New-Age Verdrehung

styx, Sonntag, 18.09.2022, 12:40 vor 585 Tagen @ Windlicht (566 Aufrufe)

Hallo,
Karma ist eines der Schlagworte, was durch die New-Age Bewegung (und damit den im Hintergrund agierenden Gruppen) als Kampfbegriff genutzt wird, ohne die eigentliche Bedeutung des Wortes zu erklären. Das Wort wurde verdreht, korrumpiert, wie so vieles anderes auch.
Würde das Verständnis "Karma is ne bitch" zutreffen, warum sind dann seit Jahrhunderten die selben Familien, Blutlinien usw. an der Macht, und ziehen die Strippen? Und "gute menschen" die sich ernsthaft Gedanken machen und für das Leben einstehen, werden bestraft, und das in weiten Teilen des Planeten?
Karma hat nichts mit einem Punktekonto zu tun, sondern heisst wörtlich: "Impuls zur Möglichkeit einer Entscheidung".
Ohne Bewertung, ohne Strafandrohung oder anderen Übeln, die drohen.


Zu der Serie und dem Leben vor 120 jahren:
@aber, Du schriebst auch, man ist auf Nachbarn o.ä. angewiesen. Das ist nichts anderes wie meine Formulierung bzgl. der Funktion in Kleingruppen, nämlich das Miteinander leben und Voneinander lernen.
Ja, in anderen Teilen des Planeten gibt es das noch; es gibt auch noch Jäger und Sammler; Teilzeitnomaden uvm.
Das Problem bei "uns" ist, wir haben es verlernt, miteinander zu leben. In Großstädten sieht man das besonders deutlich, wo jeder isoliert für sich in seinen Betonwänden gluckt, und via Bildschirm mit der Welt kommuniziert.
Auf dem Land ist das in weiten Teilen auch der Fall; da macht die Gegend keinen Unterschied. Selbst wenn auf dem Dorf nach außen hin immer gern von Dorfgemeinschaft etc. geredet wird, hintenrum ist da auch Isolation und ein Gegeneinander (großteils).
Weil die Mehrheit eben nur aufs Eigenwohl bedacht ist, im Sinne von:
"Es ist egal was anderen passiert, solange es einem selbst nicht passiert."
Die wenigen Ausnahmen die es gibt, im Sinne von funktionierenden Gemeinschaften, die sich gegenseitig stützen und unterstützen, kann man an einer Hand abzählen, weil es fast überall nur um Kohle geht.

Die Leute wollen dass sich die Welt verändert, bzw. überhaupt dass sich etwas ändert; sind aber nicht bereit, SICH zu ändern, und das betrifft viele Bereiche, lokal angefangen, bis hin zu exterritorial und Länder bzw. Kontinenteübergreifend.
Momentanes Paradebeispiel: die Masse beschwert sich dass Energie teuer geworden ist (was ja stimmt). Aber auf Smartkram, E Bikes; Bitcoin Trading, Amazonbestellungen, Lieferdienste etcpp. verzichten will auch keiner. Seltsam.
Was verbraucht den meisten Strom? Rechenzentren mit den Mobilfunknetzwerken und die Bitcoingenerierung.
Karma???

Der Respekt vor dem Leben ist schlicht abhanden gekommen, das ist unser großes Problem. Nicht Regierungen, Politaffen, Geheimbünde, oder Religionen.
Wie steht es bei Taurec auf dem Avatar: Revolte gegen die moderne Welt (oder so ähnlich), nur, merkt man nichts davon.
Wie auch immer.

Avatar

Zivilisation und Eigenwohl

Taurec ⌂, München, Sonntag, 18.09.2022, 13:57 vor 585 Tagen @ styx (794 Aufrufe)

Hallo!

Auf dem Land ist das in weiten Teilen auch der Fall; da macht die Gegend keinen Unterschied. Selbst wenn auf dem Dorf nach außen hin immer gern von Dorfgemeinschaft etc. geredet wird, hintenrum ist da auch Isolation und ein Gegeneinander (großteils).
Weil die Mehrheit eben nur aufs Eigenwohl bedacht ist, im Sinne von:
"Es ist egal was anderen passiert, solange es einem selbst nicht passiert."

Solche moralisch wertenden Begründungen halte ich nicht für zielführend. Die Menschen leben so, weil in den letzten grob 200 Jahren sukzessive die Lebensgrundlagen aus der jeweils eigenen Umgebung und Eigenverantwortung nach "oben" auf unpersönliche Systeme und Maschinerien verlagert wurden. Wir nennen das Zivilisation (die gemäß Spengler im Gegensatz zur Kultur steht, die es bis dahin gab). Gleich ob man auf dem Lande lebt oder in der Stadt, kommt die Nahrung aus dem Supermarkt, der Strom aus der Steckdose, die Nachrichten aus dem Fernseher (statt vom Nachbarschaftstratsch – zudem betreffen sie nicht das eigene Umfeld, sondern das Weltgeschehen, das für den Einzelnen eigentlich uninteressant sein sollte). Die Kinder werden nicht von der Sippe oder der Gemeinschaft erzogen, sondern vom Bildungssystem (auch negativ durch Abwesenheit dessen Funktionierens) bzw. vom Staat. Selbst Körperfunktionen werden maschinell oder pharmakologisch ans System ausgelagert. Wer früher Silber oder Gold sein Eigen nannte und dadurch einen "Wert an sich" in Händen hielt, trägt nun Banknoten herum oder verfügt über abstrakte Kontostände, deren Wert vom System nur versprochen wird. Auch das wurde (wie bald alle Aspekte des Eigentums) vom Einzelnen weg verlagert, so daß letztlich alles, was der Mensch früher selbst war und besaß, ihm nunmehr vom System zugewiesen wird und auch entzogen werden kann. Entsprechend sind die Menschen logischerweise nicht mehr wechselseitig aufeinander bezogen, sondern allein auf das System, den "großen Bruder" oder wie man es nennen will. Sie leben nicht mehr miteinander, sondern nebeneinander her und stoßen sich, wenn sich ihre Bahnen zufällig kreuzen. Wer den Menschen zum Vorwurf macht, was eigentlich eine kühle Zustandsbeschreibung sein sollte, gelangt nicht zum Kern des Problems dessen, was hier eigentlich vor sich geht. Selbst wenn die Mehrheit anders leben wollte, wäre es ihr praktisch völlig unmöglich. Man kann aus diesem Kartenhaus der Zivilisation nicht beliebig viele Karten herausziehen, ohne daß es mit tödlichen Folgen für alle Bewohner, deren Lebensgrundlage davon abhängt, zusammenbräche. Man vergesse nicht, daß diese Bevölkerungsmassen ohne globale Nahrungsmittelindustrie, weder entstanden wären, noch am Leben erhalten werden könnten. Ohne die Zivilisation und ihre die Einzelwesen entfremdende und in auf bloßes Funktionieren in Systemkreisen ausrichtende Existenzweise wären all diese Menschen, die von einem moralischen Standpunkt aus anders leben sollten, gar nicht vorhanden. Man kann aber von Menschen, die als eines ihrer Erzeugnisse (!) in der modernen Welt gefangen sind, nichts verlangen, das nur außerhalb dieser möglich ist. Wenn es heißt, daß nur einer von hundert oder einer von tausend zum "Waldgange" (also dem Austritt aus dem System) fähig sei, ist das mehr als eine Frage der geistigen Voraussetzungen. Es ist eine energetische/technische Zwangsläufigkeit. Die Mehrheit lebt nicht nur in der Zivilisation, sie ist die Zivilisation und wird mit ihr verschwinden, sich aber niemals ändern.

Das Bedachtsein aufs Eigenwohl halte ich übrigens für eine durchaus gesunde Einstellung, die dem Leben wahrscheinlich als "Grundprägung" eingegeben ist. Der springende Punkt liegt wieder im Unterschied zwischen der modernen und der alten Welt. Während das Eigene früher durchaus die eigene Lebensgemeinschaft umfaßte und dessen Wohlergehen das altruistische Engagement des Einzelnen förderte (wodurch dieser umgekehrt profitierte), ist in einer Zivilisation des Zurückgeworfenseins des Einzelnen auf sich selbst und Betreuung durch anonyme Subsysteme das Eigene schlicht die eigene Person (die ihrer Konditionierung folgt, um vom großen Bruder mit Konsummöglichkeiten belohnt zu werden) und sonst nichts. Am Primat des Eigenwohls ändert das nichts. Es wurde nur wie alles andere korrumpiert, so daß es nunmehr negativ wirkt.

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

@Windlicht

Ulrich ⌂, München-Pasing, Sonntag, 18.09.2022, 14:05 vor 585 Tagen @ Windlicht (576 Aufrufe)

Hallo Windlicht,

Schon Dein letzter Herdentrieb-Ausgrenzungs-Versuch hielt ich für eine Zumutung:

"Das "Forschungsobjekt" war in keiner Weise abwertend oder schlecht gemeint, niemand außer Dir würde auf so eine Idee gekommen sein."

Woher kennst Du die Ideen anderer Leser?
Meine Ideen jedenfalls nicht:
Menschen, insbesondere Kinder, oder auch Tiere, als "Forschungsobjekte" zu bezeichnen unterläuft entweder Jemandem "aus Versehen", weil in dessen Lebensalltag Kinder keine Rolle spielen, das ist für mich dann nachvollziehbar und verständlich als Ausdruck gedankenloser Neusprech-Übernahme, oder aber "aus Prinzip" als Ausdruck einer Geisteshaltung, die im Sinne der Forschung die Welt und auch die Menschen utilitaristisch in Subjekte und Objekte einteilt und geradewegs in die Welt der Doktor Mengeles führt: Wer ist nützlich für Wen.

Hilfreich:
Eckhard Henscheid: "Dummdeutsch. Ein Wörterbuch.", Stuttgart 1993.

Zu Deiner aktuellen Frage:

Fallen solche Worte
"Wer sich in seinen 4 Wänden mit seinem Ofenrohr isoliert, wie das hier im Forum so mancher Traumtänzer vorstellt, hat schon verloren - >und hat es so verdient. Karma ist ne Bitch."
die voller Häme, Gehässigkeit und schlechter Wünsche sind, auch unter "Karma ist ne bitch"? Erwartest Du dafür Strafen?

"Häme", "Gehässigkeit", "schlechte Wünsche" ?

Um mit Deinen Worten zu antworten: "niemand außer Dir würde auf so eine Idee gekommen sein"

... wenn man die Sätze zuvor gelesen hat:

- "dann gönne ich ihnen das von Herzen, dass das Blatt sich für sie wendet..."
- "Was in der Serie schön angesprochen wurde, ist die Tatsache, dass man ohne Nachbarn und Helfer aufgeschmissen ist"
- "auf die Hilfe anderer wird man immer angewiesen sein."

Warum hast Du den Bezug unterschlagen? Aus Vorsatz, weil Du Dich nun mal stutenbissig auf aber eingeschossen hast?
Oder die Vorahnung persönlicher Betroffenheit? ("Ich rede mir seit langer Zeit den Mund fusselig in Sachen Vorbereitung oder Auswandern. Wenn der Partner nicht will und die Kinder noch die Ausbildung brauchen, tut man sich schwer.")

Willst Du Mädchenpensionat-Regeln im Forum einführen? Bewirbst Du Dich für die Rolle der Leitkuh? Ist mit der Einführung einer Hui-oder-Pfui-Wortliste zu rechnen?
Fragen über Fragen...

mit freundlichem Gruß
Ulrich

Du kein Problem

Windlicht, Hedwig Holzbein, Sonntag, 18.09.2022, 16:08 vor 585 Tagen @ Ulrich (588 Aufrufe)

Hallo Ulrich!

Du, kein Problem.
War halt nur ne Gegenfrage.
Mach damit, was Du meinst. Ich finde es halt lächerlich, "Strafen" zu erwarten oder irgendeinen Ausgleich oder Karma, was immer damit gemeint ist.

Windlicht

Avatar

die Funktion des Fernsehers in der real existierenden Bildungsrepublik

BBouvier @, Sonntag, 18.09.2022, 13:23 vor 585 Tagen @ aber (632 Aufrufe)

<"da der Standesdünkel damals viel ausgeprägter war ...">

Hallo!

Der Flachbildfernsehkucker im Nachbarhaus, dazu befragt:
"Ich weiß aus der Serie "Fritz und die Forstadjunktriene"
doch ganz genau, was z.B. das Fräulein von Sauer sich alles so dachte!"

:lehrer:

Gruß,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Gouvernanten und Hauslehrer

aber @, Sonntag, 18.09.2022, 14:01 vor 585 Tagen @ BBouvier (545 Aufrufe)

<"da der Standesdünkel damals viel ausgeprägter war ...">

Hallo!

Der Flachbildfernsehkucker im Nachbarhaus, dazu befragt:
"Ich weiß aus der Serie "Fritz und die Forstadjunktriene"
doch ganz genau, was z.B. das Fräulein von Sauer sich alles so dachte!"

:lehrer:

Gruß,
BB

Hallo BB,

das nun grade nicht. Aber Schriftstellerinnen wilhelminischer Zeiten wie Else Ury oder Johanna Spyri berichteten damals aus dem Nähkästchen, was sich beispielsweise ein Fräulein Rottenmeier so alles dachte.

Sodann hat sich der Standesdünkel der Anthroposophen seit 1902 bis heute ungebrochen erhalten und deren ganz oben getragene Nasen bilden ein ver“steiner“tes Zeugnis damaliger Verhältnisse ab.

LG,
und

Versicherungsglaube versus Lebensrealität

rauhnacht, Samstag, 17.09.2022, 21:27 vor 585 Tagen @ styx (680 Aufrufe)

Hallo styx,

ja, ähnelnd betrachte ich dies auch.

Es geht nicht um "Versicherung", sondern lediglich um Möglichkeit.

Klar, kann mensch sagen, in der Mehrzahl der Fälle ist solch Vorbereitung wohl umsonst und die Lebenszeit kann man auch anders verplempern.

Klar, kann Mensch aber auch sagen, die Minderheit, die solch Totalabbrüche zu Wende- ich versichere mich rück zum Forumstitel "Weltenwende", überlebt, sind sicher wiederum in Mehrheit in hiesigen Zeitzonen die Minderheit, die was können und vorbereitet sind, Glück haben und Schicksal gewogen und blah.

Ist schon witzig: So vor egal welcher Prüfung würde wohl niemand sagen, Vorbereitung ist völlig nutzlos, lass es bleiben.
Du kannst eh nicht bestehen. Das einzige, was sich unterscheidet, ist die Relation derer, die antreten zu denen, die übrig bleiben UND DER GRUND.

Wie immer, kommt es halt darauf an, wozu man sich entscheidet.

Und das kann durchaus "in Vorbereitung" sehr nett mit Verbindung zur Natur, sinnerfülltem Irgendwas, selbstwirksamen Erleben, Lernen, Staunen über Jahre angefüllt sein. Wie bei mir und co, stinknormal in Jahrhunderten.

Oder panisch mit Unmengen Geld, Ehrgeiz und Angst durchwoben Lebensenergie abziehen.

Der Grat ist schmal!!!

Grüße Rauhnacht

Illusionen

Esorarenna, Montag, 19.09.2022, 05:36 vor 584 Tagen @ Baldur (643 Aufrufe)

Danke, Baldur, für den Realitätscheck - im offenbar nicht mehr existenten Vorsorgeform gab es vor Jahren mal den für mein Dafürhalten genialen Beitrag eines "Bär", in etwa "Die 10 größten Irrtümer oder wie begehe ich einen Suizid möglichst qualvoll", hat den evtl. noch jemand?
Grüße,
Esorarenna

Der hier?

schwelmi, Montag, 19.09.2022, 16:35 vor 584 Tagen @ Esorarenna (575 Aufrufe)

Hallo Esorarenna,

du meinst vermutlich diesen hier.

LG schwelmi

--
Warum haben sie das Recht, über mich zu bestimmen?

Was zum Nachdenken

attempto. @, Dienstag, 20.09.2022, 23:37 vor 582 Tagen @ Baldur (595 Aufrufe)

Guten Abend allerseits.
Leider entnehme ich der Diskussion, daß in diesem Forum überwiegend die Auffassung überwiegt, man könne ohne Versorgung von außen nicht (über-) leben. Als Beweis führte Baldur eine Fernsehserie (!) an.
Natürlich stimme ich dieser Auffassung in den Bereichen Bildung, medizinische Versorgung, Telekommunikation, und weiterer Nischen, die von Kleingruppen nicht abzudecken sind, zu, nicht aber beim Thema Lebensmittel.
Dazu folgende Denkanstöße:

1. Warum wird die Simulation im Schwarzwald durchgeführt, und nicht im Markgräflerland? Die Schwarzwaldhänge waren schon immer eine harte Gegend, auch für alteingesessene bäuerliche Familien. Nicht wenige Höfe waren bis ins letzte Jahrhundert, im Winter von der Außenwelt abgeschnitten, und mußten daher die überwiegende Zeit autark leben.

2. Warum wurde eine Familie ausgewählt, welche vom Landleben überhaupt keine Ahnung hat? Sofern ich mich recht erinnere, lebten sie zuvor in Berlin. Alleine das Mähen mit der Sense erfordert sehr viel Geschick und Übung, will man das fragile Werkzeug, oder seine Finger, noch intakt sehen.

3. Fällt niemand auf, daß die Familie nur zum Dreh auf dem Hof anwesend war? Wo waren sie die übrige Zeit? Wo waren die Tiere,und wer hat sich um diese gekümmert?

Als die Serie lief, fühlte ich noch mit den Darstellern. Mittlerweile, mit heutigem Wissen über den Informatons äh Bildungs, nein, den Erziehungsauftag des Fernsehers, scheint mir diese Folge nicht in das Genre "Dokumentation" zu passen. Es ist eher eine Botschaft an das Publikum : "Seht her! Ihr könnt euch noch nicht mal selbst mit dem Nötigsten versorgen. Falls wir* euch nicht mehr füttern können/wollen, werdet ihr jämmerlich verrecken! versucht es nicht mal, ihr werdet scheitern, wie unsere Schauspieler!"

Letzte Anmerkung:
Meine Schwiegermutter feierte dieses Jahr ihren 80. Geburtstag. Ihre monatliche Rente beträgt knapp über 200€. Das reicht ihr, um für schwere Arbeiten zu bezahlen, Fleisch-, und Milchprodukte, sowie Mehl, Öl, und Honig zu kaufen, und die Kosten für Strom, Wasser und Heizung zu tragen. Sogar Geldgeschenke für die Enkel sind noch drin, weil ihr selbstbewirtschafteter Garten genug Ertrag erbringt.
Warum soll eine Familie, die sich rechtzeitig und praktisch in die Thematik eingearbeitet hat, weniger erfolgreich sein, als eine alleinstehende, achtzigjährige Frau?
Allerdings scheint mir der Zeitrahmen für "rechtzeitig" mittlerweile recht eng.

Mit freundlichen Grüßen
attempto

Schwarzwald

gecko, Mittwoch, 21.09.2022, 14:10 vor 582 Tagen @ attempto. (624 Aufrufe)

Hallo attempto,

1. Warum wird die Simulation im Schwarzwald durchgeführt, und nicht im Markgräflerland?

Schätzungsweise, weil im Schwarzwald Höfe leerstehen bzw. unprofitabel sind, im milden Markgräflerland dagegen nicht. Die Markgräfler haben keine Zeit für Jahrhundertwende-Dreharbeitenzirkus, die sind agrarindustrialisiert und seit 1960 mindestens an die Kanalisation angeschlossen. Auf dem kargen Wald ließ sich vielleicht noch der ein oder andere Hof finden, der noch (Wasser! Elektrik! Sanitäre Anlagen! Heizung!) weitgehend im Zustand vor der großen Renovierungs- und Ausbauwelle ab den 1960ern verharrte.

Die Schwarzwaldhänge waren schon immer eine harte Gegend, auch für alteingesessene bäuerliche Familien. Nicht wenige Höfe waren bis ins letzte Jahrhundert, im Winter von der Außenwelt abgeschnitten, und mußten daher die überwiegende Zeit autark leben.

Oh ja. Die Erzählungen meiner Großeltern und meiner Mutter sind da sehr einschlägig: im Winter Tunnel durch den Schnee graben (in den 1920ern oder 30ern); im Sommer wurde jede Hand für die Heuernte gebraucht (nichts mit nach der Schichtarbeit Feierabend - raus aufs Feld!); Speisekammer war immer abgeschlossen, damit keiner zwischendurch heimlich ißt (meine Urgroßeltern, bei denen das so war, gehörten zu den Wohlhabenden im Dorf! Bei anderen war es karger.); Zwiebeln, Kohl, Rotrahnen (Rote Bete), Gelbrüben (Karotten, Möhren), Sellerie, Pastinaken wurden im Garten am Haus angebaut und im Keller mit Lehmboden gelagert, z.T. in Sandkisten. Der Abort hatte Plumpsklo, dessen Inhalt den Misthaufen vergrößerte (welcher Mist und welche Gülle wann für was gut ist, war auch eine Wissenschaft für sich, denn manches ist "zu scharf" für die Pflanzen und muß lange ablagern). Tiere hatten sie Hühner, Kühe, 2 Ochsen (zum Pflugziehen geeignet), und sogar ein paar Pferde, denn sie hatten auch einen Fuhrbetrieb.
Meine Urgroßmutter hatte immer Rheuma von der Kälte, deswegen zogen sie in den 1920ern von der Höhe ins Tal, wo es etwas wärmer ist. Im Winter war meine Urgroßmutter die ganze Zeit beschäftigt, die Chuuscht ("Kunst"/"caustum", eine spezielle Art großer Kachelofen) anzufeuern, was reichlich Holz brauchte, das im Sommer im Wald gefällt, zerlegt und gespalten werden mußte. Obstbäume gab es auch, Äpfel wurden auf Hurden (Holzgestelle) gelegt und mit der Zeit runzlig, aber nicht schlecht. Kirschen wurden seit Jahrhunderten zu Schnaps destilliert (Fürstabt Gebert von St.Blasien gründete im 18. Jhdt die Brauerei Rothaus, um "das Schnapssaufen auf dem Wald" zu verringern).

Letzte Anmerkung:
Meine Schwiegermutter feierte dieses Jahr ihren 80. Geburtstag. Ihre monatliche Rente beträgt knapp über 200€. Das reicht ihr, um für schwere Arbeiten zu bezahlen, Fleisch-, und Milchprodukte, sowie Mehl, Öl, und Honig zu kaufen, und die Kosten für Strom, Wasser und Heizung zu tragen. Sogar Geldgeschenke für die Enkel sind noch drin, weil ihr selbstbewirtschafteter Garten genug Ertrag erbringt.

Offensichtlich kann sie das mit dem Gärtnern. Ähnlich wie meine vor 10 Jahren verstorbene Großtante (das war die, die nach der Schichtarbeit zur Ernte aufs Feld mußte), die sich auch bis auf die letzten 3 Jahre weitgehend aus dem eigenen Garten versorgte.

Warum soll eine Familie, die sich rechtzeitig und praktisch in die Thematik eingearbeitet hat, weniger erfolgreich sein, als eine alleinstehende, achtzigjährige Frau?

Vor allem braucht die 80jährige Frau Nachfolger, denn viele Jahre wird sies nicht mehr machen können.
Irgendwann fängt es an mit dem Umkippen, und dann ist bald Schluß. Deswegen, unbedingt jetzt oft hingehen, helfen, reden, sich nach und nach erklären lassen, wie was am besten wächst und wie man was lagert (aufschreiben!). Über Jahre, denn Garten hat Jahreszyklus, und man bekommt nicht alles in nur 1 Jahr mit.

Liebe Grüße, gecko

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