Vorteil des kritischen Denken? (Freie Themen)

Giraffe, Mittwoch, 10.02.2021, 16:28 vor 1164 Tagen (883 Aufrufe)
bearbeitet von Giraffe, Mittwoch, 10.02.2021, 16:36

Hallo Miteinander,

Eine Frage an die Runde, gibt es einen Vorteil wenn man kritisch denkt? Wenn man z.b. Schauungen hinterfragt oder ganz allgemein wenn man Nachrichten und gesellschaftliche Entwicklungen hinterfragt?
Ich kenne sehr viele spirituelle Lehrer, Priester, Bekannte, die die Nachrichten der Massenmedien unhinterfragt übernehmen. Bei mir war es auch lange so. Meine Frage ist nun, gibt es irgendeinen Vorteil dadurch das man Dinge hinterfragt?
Es gibt ja einige Nachteile Dinge zu hinterfragen, z.b. bringt es wenig um die Karriere Leiter innerhalb von Religionen oder Unternehmen zu besteigen. Im Gegenteil es sind meistens jene die bereit sind sich zu unterwerfen und andere auszuschalten, welche befördert werden.
Ist es also nicht von Vorteil die Beschreibung von gut und schlecht aus den Medien und Religionen zu übernehmen, um sich im Lichte der Gemeinschaft zu sonnen?
Gibt es einen Grund warum manche (wenige) Menschen Dinge hinterfragen und die weit aus größere Menge dies mit Abscheu tituliert? Hat es irgendeinen Vorteil?

Danke!

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Rudelwesen

BBouvier @, Mittwoch, 10.02.2021, 18:39 vor 1164 Tagen @ Giraffe (797 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Mittwoch, 10.02.2021, 19:01

<"Gibt es einen Grund warum manche (wenige) Menschen Dinge hinterfragen ...?">

Hallo, Giraffe!

Ja, sicherlich.
Menschen sind Rudelwesen. (keine Herdentiere)
=>
"Innerhalb eines Rudels herrscht oft eine Rangordnung
und eine gewisse „Arbeitsteilung“.
Im Unterschied dazu beschreibt die Herde eine Ansammlung großer,
in der Regel gleichartiger Säugetiere.
"

Zusammenfassung Tocquevilles Erkenntnis:
"Die öffentliche Meinung.
Gerade unter den Bedingungen einer Demokratie brauchen die Menschen
eine gemeinsame Grundlage politischer Überzeugungen.
In einer egalitären Gesellschaft sind Menschen weniger bereit, großen Denkern
oder weisen Staatsführern zu folgen.
Sie vertrauen eher der öffentlichen Meinung, also dem Urteil der Mehrheit,
das sie schon fast für die Wahrheit halten.
Das geht in Amerika so weit, dass es die Menschen der Notwendigkeit enthebt,
sich eine eigene Meinung zu bilden; sie folgen einfach der öffentlichen Meinung.
In dieser Tendenz zur Verabsolutierung der öffentlichen Meinung liegt die Gefahr,
dass die individuelle Vernunft und die geistige Freiheit erstickt werden."

Die "öffentliche Meinung" (= die Wahrheit) erfährt heutzutage Jedermann
aus den Systemmedien.
Stichwort: "Orwell-Wahrheitsministerium".

Tocqueville:
"In den demokratischen Republiken geht die Tyrannei anders (als in Despotien) zu Werk;
sie geht unmittelbar auf den Geist los.
Der Machthaber sagt hier nicht mehr: 'Du denkst wie ich, oder Du stirbst';
er sagt: 'Du hast die Freiheit, nicht zu denken wie ich (...),
aber von dem Tag an bist Du ein Fremder unter uns.
Du wirst Dein Bürgerrecht behalten, aber es wird Dir nichts mehr nützen ( ...)
Du wirst unter Menschen wohnen, aber Deine Rechte auf menschlichen Umgang verlieren.
Wenn Du Dich einem unter Deinesgleichen nähern willst,
so wird er Dich fliehen wie einen Aussätzigen; sogar wer an Deine Unschuld glaubt,
wird Dich verlassen, sonst meidet man auch ihn.
Gehe hin in Frieden, ich lasse Dir das Leben,
aber es ist schlimmer als der Tod'."

Du fragst:
"Hat es (das Selbstdenken) irgendeinen Vorteil?"

Sicherlich nicht (unmittelbar) für das Rudel und dessen Führer.

Laute Selbstdenker sind anfangs lästig und später einsam.
(siehe oben)
In manchen Staaten landen sie auch durchaus in der
Klapsmühle oder hinter Gittern.

Grüße,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

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Enneagramm

BBouvier @, Mittwoch, 10.02.2021, 19:20 vor 1164 Tagen @ BBouvier (765 Aufrufe)

Hallo!

Nochmal zu Deiner Frage:
Menschen sind halt unterschiedlich.

Grundsätzlich gibt es 9 unterschiedliche Grundtypen:
=>
https://www.google.de/search?source=hp&ei=AyEkYMeWJqW9ggf9n7m4AQ&iflsig=AINFCbYAAAAAYCQvE8s-gSoseujHChb3i-gIvLMpYEwI&q=Enneagramm&oq=Enneagramm&gs_lcp=Cgdnd3Mtd2l6EAMyBQgAELEDMg...

Die "Fünfer" sind die "Denker".
Wissen und das Streben nach Erkenntnis befriedigt sie.
Andere trachten nach sattem Wohlbefinden, Selbstdarstellung, Reformen,
Kunst, Außenreizen, Abgesichertheit, Helfertätigkeit oder einer Machtposition.

Gruß,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

"Markierungen" ßß!!

rauhnacht, Mittwoch, 10.02.2021, 22:01 vor 1164 Tagen @ BBouvier (684 Aufrufe)
bearbeitet von rauhnacht, Mittwoch, 10.02.2021, 22:18

Hallo Bouvier,

so grundsätzlich hat Dich zur Fragestellung derselbe Gedanke getroffen. :ok:

Allerdings hab ich so "denkend" variierendes Ergebnis, so für die Enneagramm Denker:
- Der "Fünfer" kommt nicht um die Ecke, weil ihn " Geiz, Hochmut und Furcht" hindert, natürlich durchaus in Lernerfahrung.

- Der "Sechser", durchaus hinterlegten erkennend Strukturen mächtig, kommt nicht um die Ecke, weil ihn Angst und durchaus sinnvolles Gehorsamsstreben so manchmal nicht in EIGENbemächtigung bringt.

-der "Siebener" im Denkertrio hat zwar super Ideen, doch vor lauter Lebensgenuß in Versuchung zu "Völlerei und Trägheit" vergißt er schlicht seine Erkenntnisse zu teilen.

Was um die Ecke kommt, sind in Rudel oben die "Achter":

Mit Gerechtigkeitssinn, Verantwortungsgefühl, Macht, Führungsstärke und blah.

Aber auch:

In der Acht ist nicht die Angst ( die ist in der Sechs vorherrschend) , sondern die Psychopathie (Lieblosigkeit, Bindungsunfähigkeit, Empathielosigkeit) und Hochmut weit verbreitet.


Auch Du solltest Dich angesprochen fühlen. In diese, wie jene "Überlegung" :waving:

Wir sind alle nur auf dem Weg,

Herzliche Grüße
Rauhnacht

P.S.: Weil das so drüber gelesen so derb klingt. Ich bin bekennende Achter, durchaus nach etlichen Wirren und wortreich verteidigtem "Fünfer". Wir sind allesamt nur auf dem WEG und DAS IST ÜBERHAUPT DAS VERSÖHNENDE RESULTAT AUS DEM ENEAGRAMM.

Wirklich ziemlich genial!

Was hat die Evolution von der Innovation----- oder auch nicht

rauhnacht, Mittwoch, 10.02.2021, 21:02 vor 1164 Tagen @ Giraffe (593 Aufrufe)

Hallo Giraffe,

ich hole zur Antwort weit aus und stelle zum Einstieg dies voran:

Ein Interview von 2016 mit dem Psychologen Ernst Pöppel:


https://www.welt.de/wissenschaft/article159033795/Wir-verlassen-uns-darauf-dass-fuer-uns-gedacht-wird.html


Ich teile nicht alles, was er erzählt, aber folgendes z.B. schon--------samt weiter denken:

„Damit leben wir in selbst verschuldeter Unmündigkeit. Wer vage denkt, kann auch nur vage handeln. Denken ist eine Voraussetzung für richtiges Handeln – es ist gleichsam eine überlebenswichtige Dienstleistung unseres Gehirns“


Im übrigen „kann“ gerade dabei natürlich der Effekt eintreten, den Du da nennst. So im Input zum Überleben ist der Mensch geprägt, wie B.B. ganz richtig sagt, zum „Rudel“ samt naturgemäß Hierarchie. Das liegt nicht daran, weil da noch nicht genug „Zivilisation“ über uns herein gebrochen ist, sondern daran, dass wir mitsamt Zivilisation immer noch! „Räuber“ sind und auch bleiben werden. Und meine just das ist das Problem, welches er dann bedauernd resümiert: In Hierarchien ist es durchaus ÜBERLEGENSWERT , ob mensch seine Kehle für unlauteres Bellen oder das Vorpreschen bei der Jagd darbieten MUSS.

Das lernt mensch in der Schule und dem Leben aber leider, leider EBEN NICHT mehr nur angemessen für vorlautes Bellen, sondern für jede Lautäußerung ohne „Erfolg“. Der unzivilisierte z.B. Wolf darf sich im allgemeinen leben in Rudelgrenzen, durchaus artgemäß. Beim Kind sieht das anders aus. Artgemäß, als Bewegungstier, muss das in z.B. Schule erstmal nicht auf konzentriert Jagd, sondern auf bewegungsarm herunter gedimmt werden. Erfolg versprechen „Laute“,die gerade abgefragt werden. Wers kapiert, hat Lernerfolg, aber keineswegs „Denken“ gelernt.

Was, und das als Anmerkung, ja auch keineswegs 100% lernen müssen. Vermutlich reichen durchaus 10 %, gar weniger für „Überlebenstrategie“, neue Erfindungen, uhhh Rudelführung.


Die spannende Frage ist wohl eher, WOMIT, WODURCH privilegiert sich denn „Rudelführung“?

Besonders gut auswendig gelernt und linientreu? MACHT ausüben oder stricken oder austricksen können?
Führen und Innovation durch Sicherheit überhaupt ermöglichen und zulassen können. - Letzteres wäre Idealzustand und war mit Sicherheit zeitgeschichtlich IMMER nur kurz möglich.

Dennoch verlief die Evolution des Menschen IMMER UND NUR über die „Denker“ ( Quer ist verboten, wie meist), immer und nur wenige Prozente, immer kaum in Gegenwart anerkannt, immer Randläufer und keineswegs in „sozial anerkanntem Rahmen“. WAS KEINESWEGS Qualitätsmerkmal sein muss, kann, die krassesten Soziopathen oder auch eher schlichte Gewaltverbrecher sind auch sozusagen „innovativ“ in Ihren kruden Ideen, -einzeln bis zu beherrschten Massenszenarien derer.

„Ich denke, es ist eher eine Frage der Trägheit. Die gehört wohl irgendwie zur menschlichen Natur. Beim Denken träge und faul zu sein wird in der buddhistischen Lehre als Ursünde bezeichnet. Ich schätze, dass nur rund zehn Prozent der Menschen selber denken und ihr Leben in die eigene Hand nehmen.“

1. Superbia
Hochmut (Stolz, Eitelkeit, Übermut)
2. Avaritia
Geiz (Habgier, Habsucht)
3. Luxuria
Wollust (Ausschweifung, Genusssucht, Begehren, Unkeuschheit)
4. Ira
Zorn (Jähzorn, Wut, Rachsucht)
5. Gula
Völlerei (Gefräßigkeit, Maßlosigkeit, Unmäßigkeit, Selbstsucht)
6. Invidia
Neid (Eifersucht, Missgunst)
7. Acedia
Faulheit (Feigheit, Ignoranz, Überdruss, Trägheit des Herzens)
Und dann ÜBERLEGE mensch mal über die propagierten Todsünden hinaus und ich komm da auf die Achte:

8. Timor

Angst- (nicht Furcht!- anlaßbezogen), durchaus „mehr“ wie Feigheit, unterwürfigerer Gehorsam, Selbstmißachtung)

(9. gibt’s wohl auch noch…..)


Und unter Dem Aspekt wird dann etliches deutlich.

Zurück zur Frage: Was Mensch davon hat, wenn er selbst denkt.

Nicht immer, aber manchmal:


verständig (sóphron), gerecht (díkaios), fromm (eusebés) und tapfer (agathós)


Und nu mag ein Jeder selber denken-----------
----------------wie er nicht ganz dumme, aber unvollständige „Kardinalstugenden“ im übrigen GANZ im Sinne von Rudel an die „Sünden“ pappt, um damit denkend und fühlend an AUSRICHTUNG zu gewinnen.


Und DAS, ist das dann das einzige Ergebnis, um das es geht!

Freundliche Grüße

Rauhnacht

Unabhängiges Denken

nemo, Mittwoch, 10.02.2021, 23:59 vor 1163 Tagen @ Giraffe (593 Aufrufe)

Hallo Giraffe,

die Frage ist falsch gestellt. Kritisches Denken ist unwichtig, denn jeder denkt auf seine Weise, dass er kritisch denken würde. Ja, sogar die Medienanstalten glauben von sich selbst, dass sie kritisch denken würden.
Vielmehr geht es um Wahrnehmung. Eine richtige Wahrnehmung führt zum richtigem Denken. Ein Denken, das von Grund auf falsch ist, kann weder kritisch noch unkritisch sein. Denken ist ein sehr feiner Prozess, der durch unser ganzes Wesen bestimmt wird. Und wo das Denken nicht durch unser Wesen bestimmt wird, führt es in die Irre. Es ist ein unglaubliches Phänomen. Ganze Nationen und Völker können in den Sog einer wahnsinnigen Irrlehre geraten und sogar anfangen dafür zu töten. Wenn man später die Menschen danach befragt, wie es dazu kommen konnte, dann sagen sie: Es war einfach so.
Wenn in einem Menschen eine klare Wahrnehmung vorherrscht, die ihn den jetzigen Augenblick, völlig unabhängig von anderen Sichtweisen erkennen lässt, dann können daraus wirkliche Gedanken entstehen. Ein wirklicher Gedanke ist unparteiisch, denn er resultiert aus einer unabhängigen Wahrnehmung und sonst nichts. Es liegt also daran, dass die Wahrnehmung nicht funktioniert, wenn unwirkliche Gedanken vorherrschen. Würde sie funktionieren, würden wir nicht in Situationen geraten, in denen jemand anderes unsere Gedanken bestimmen könnte. Eine gesunde Wahrnehmung würde das ausschließen.

Gruß
nemo

nachher

detlef, Donnerstag, 11.02.2021, 10:38 vor 1163 Tagen @ Giraffe (623 Aufrufe)

moin,

Vorteil des kritischen Denken?

man weiss nachher, warum man was falsch gemacht hat.

gruss,d

Vorteile kritischen Denkens

Bea, Donnerstag, 11.02.2021, 10:53 vor 1163 Tagen @ Giraffe (651 Aufrufe)

Eine Frage an die Runde, gibt es einen Vorteil wenn man kritisch denkt? Wenn man z.b. Schauungen hinterfragt oder ganz allgemein wenn man Nachrichten und gesellschaftliche Entwicklungen hinterfragt?
Ich kenne sehr viele spirituelle Lehrer, Priester, Bekannte, die die Nachrichten der Massenmedien unhinterfragt übernehmen. Bei mir war es auch lange so. Meine Frage ist nun, gibt es irgendeinen Vorteil dadurch das man Dinge hinterfragt?
Es gibt ja einige Nachteile Dinge zu hinterfragen, z.b. bringt es wenig um die Karriere Leiter innerhalb von Religionen oder Unternehmen zu besteigen. Im Gegenteil es sind meistens jene die bereit sind sich zu unterwerfen und andere auszuschalten, welche befördert werden.
Ist es also nicht von Vorteil die Beschreibung von gut und schlecht aus den Medien und Religionen zu übernehmen, um sich im Lichte der Gemeinschaft zu sonnen?
Gibt es einen Grund warum manche (wenige) Menschen Dinge hinterfragen und die weit aus größere Menge dies mit Abscheu tituliert? Hat es irgendeinen Vorteil?

Danke!


Hallo Giraffe!

Nicht zu hinterfragen kann man sich leisten, wenn es einem gut geht und wenn es keine Probleme und Missstände gibt.
Da die Erde aber definitiv kein Paradies ist, kommt man ohne kritisches Denken nicht aus, denn ohne hinterfragend zu denken, findet man keine Lösungen und ist unangenehmen oder sogar schädlichen Bedingungen und Ereignissen hilflos ausgeliefert.
Des Weiteren erkennen kritisch Denkende sehr viel leichter und schneller, wenn sie über den Tisch gezogen werden sollen und müssen dann nicht soviel Lehrgeld zahlen.
Im Übrigen kann Denken auch Spaß machen - viel mehr, als vor der Glotze zu hocken und sich berieseln zu lassen. :-)
Die Reaktion auf kritische Denker hängt im Übrigen auch von der Art und Weise ab, wie sie ihr Denken/ihre Erkenntnisse vermitteln und wenn man sich als solcher umsieht, merkt man früher oder später, dass man nicht wirklich alleine damit ist.
Man kann sich also aussuchen, mit wem man Kontakt pflegt - mit denen, mit denen man klar kommt oder mit denen, die einen ablehnen.

Grüße, Bea

Knifflig

Isana Yashiro, Montag, 15.02.2021, 03:36 vor 1159 Tagen @ Giraffe (547 Aufrufe)

Hallo!

Eine Frage an die Runde, gibt es einen Vorteil wenn man kritisch denkt? Wenn man z.b. Schauungen hinterfragt oder ganz allgemein wenn man Nachrichten und gesellschaftliche Entwicklungen hinterfragt?

Die Frage beschäftigt mich inzwischen so sehr, daß ich mich schon frage, warum sie mich eigentlich so sehr beschäftigt. Das liegt vielleicht daran, daß ich unter einer Nachricht etwas ganz anderes verstehe als unter einer gesellschaftlichen Entwicklung und darunter wieder etwas ganz anderes als unter einer Schauung. Bei dem Versuch das alles in einem beantworten zu wollen hat sich mir wohl ein Gehirnknoten gebildet.

Ich kenne sehr viele spirituelle Lehrer, Priester, Bekannte, die die Nachrichten der Massenmedien unhinterfragt übernehmen.

Das gehört bei Lehrern und Priestern zu ihren Aufgaben. Wenn man sich schon als Organ der staatlichen Propaganda versorgen läßt, dann sollte man sich auch wie ein Organ der staatlichen Propaganda benehmen. Bei spirituellen Lehrern ist es peinlich.

Bei mir war es auch lange so. Meine Frage ist nun, gibt es irgendeinen Vorteil dadurch das man Dinge hinterfragt?

Dazu gab es schon gute Antworten. Eine fehlte bisher: Weil man sonst anfängt, Zeit und Geld dafür zu verschwenden, ein U-Boot zu bauen. Das gilt dafür, Schauungen zu hinterfragen. Falls man dagegen gesellschaftliche Entwicklungen hinterfragt, dann wird man eher von Fernweh ergriffen und fängt an, ein Boot zu bauen.

Es gibt ja einige Nachteile Dinge zu hinterfragen, z.b. bringt es wenig um die Karriere Leiter innerhalb von Religionen oder Unternehmen zu besteigen. Im Gegenteil es sind meistens jene die bereit sind sich zu unterwerfen und andere auszuschalten, welche befördert werden.
Ist es also nicht von Vorteil die Beschreibung von gut und schlecht aus den Medien und Religionen zu übernehmen, um sich im Lichte der Gemeinschaft zu sonnen?

Ja, das ist es. Falls man dieses Ziel im Leben hat.

Gibt es einen Grund warum manche (wenige) Menschen Dinge hinterfragen und die weit aus größere Menge dies mit Abscheu tituliert? Hat es irgendeinen Vorteil?

Für gewöhnlich unterliegen biologische Eigenschaften einer Gauß-Verteilung. Das gilt auch hier. Diejenigen Menschen, die Dinge hinterfragen, sind überdurchschnittlich kritisch und überdurchschnittlich gebildet. Auf der gegenüberliegenden Seite der Glockenkurve befinden sich Menschen, die (neuro-)physiologisch nicht dazu in der Lage sind, etwas zu hinterfragen, selbst wenn sie es wollten. Im Hauptteil der Glockenkurve befinden sich Menschen, die schon dazu in der Lage wären, aber sich lieber im Lichte der Gemeinschaft sonnen. Darum konnte ich vor einigen Tagen im Gelben Forum lesen (aber jetzt leider den Beitrag nicht mehr finden), daß die Menschen ganz schnell wieder intelligenter würden, sobald es ihnen schlechter ginge.

Ein weiterer Fakt aus der Biologie spielt noch eine Rolle: Lebewesen leben nicht in der Umwelt, an die sie angepaßt sind. Das ist ein häufiges Mißverständnis. Obwohl die gesamte Theorie der Evolution auf Funden der Geologen beruht, werden Erkenntnisse der Geologen in der Biologie viel zu wenig beachtet. Zum Beispiel sind sämtliche Theorien zum Landgang der Arten hinfällig, denn vor einmilliarden Jahren schwammen die Lebewesen fröhlich vor sich hin und dann fanden sie sich plötzlich an Land wieder: https://www.wissenschaft.de/astronomie-physik/erdentwicklung-kontinente-tauchten-ploetzlich-auf/ Logischerweise waren die Lebewesen davon völlig überrascht und in keinster Weise an das Leben auf dem Land angepaßt! Sie mußten nur irgendwie damit zurechtkommen und sei es nur, indem sie einen Weg zurück ins Wasser fanden. Kaum hat man sich an eine neue Umwelt angepaßt, schon ändert sie sich wieder. So fiel mal der Sauerstoffanteil der Atmosphäre ab (das beendete das Zeitalter der Rieseninsekten) und ab und zu gefror der Planet zu einem Eisklumpen und taute später wieder auf.

Die Anpassungen an solche Veränderungen erfolgen unter Ausnutzung der Gauß-Verteilung. Nur wenn die Eigenschaften weit genug gestreut sind, dann gibt es Exemplare in einer Art, die mit neuen Umweltbedingungen besser klarkommen. Andernfalls stirbt die Art aus. Der Mensch hat bisher an Umweltveränderungen nur eine Teilvereisung und ein paar kleinere Temperaturschwankungen erlebt. Außerdem hat er es geschafft, an ein paar Stellen durch Grundwasserentnahme den Boden abzusenken und durch Entwaldung in einigen Gegenden die Erosion stark voranzutreiben. Das Dümmste, das der Mensch bisher geleistet hat, ist sich selbst einen Lebensstil aufzuzwingen, an den der Mensch nicht angepaßt ist. Der Mensch ist nämlich noch immer weitgehend an das Leben in der Altsteinzeit angepaßt. Da gab es keine Karrieren in Religionen oder Unternehmen. Es gab auch keine Massenmedien. Kritisch zu denken half einfach nur dabei, Gefahren zu erkennen und dadurch zu überleben. Darum gibt es für die Zukunft drei Möglichkeiten:

1. Das kritische Denken schleift sich noch aus.

2. Wir fallen in die Altsteinzeit zurück und dadurch bleibt das kritische Denken nützlich.

3. Das kritische Denken findet eine neue Funktion während wir uns an eine veränderte Umwelt anpassen.

In den letzten beiden Fällen kann das kritische Denken zum Normalfall werden. Aber wahrscheinlich werden kritische Menschen weiterhin am Rand der Normalverteilung mitgeschleppt, weil sich die Natur auf diese Weise auf unerwartete Veränderungen vorbereitet.

Gruß,
Shiro

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säht zu, oder säht selbst

Fenrizwolf, Samstag, 27.02.2021, 07:34 vor 1147 Tagen @ Giraffe (319 Aufrufe)

Hallo Giraffe,

die Frage nach der Sinnhaftigkeit oder Notwendigkeit kritischen Denkens ist dieselbe derer nach Entwicklung an sich.

Entwicklung verstehen wir zumeist als Veränderung eines gegebenen Zustandes, doch kann man es auch wörtlich nehmen, und beobachten, daß sich etwas abwickelt, das längst vorhanden ist, als Potenzial. Es kommt ins Sein und entfaltet sich.

Somit bricht sich etwas bei Gelegenheit bahn, das schon latent vorhanden war.
Im Umkehrschluß kann sich nichts aufrollen, das nicht ist.

Zur Entwicklung zwingen leidensvolle Umstände, die opportunistische Suche nach etwas Besserem, oder eine Sehnsucht nach einem unbekannten Zustand, die nicht jedem gegeben ist.

Man muß selbst an den Punkt kommen, um herauszufinden, daß eine lächerliche Autorität keine Geborgenheit verheißt, sondern ein zehrendes und betäubendes Gewächs ist, dessen Keim man inhaliert hat.
In einem selbst wächst nach einer gewissen Inkubationszeit etwas, das man für wichtiger als seine eigene Wahrnehmung hält.
Ein Parasit, der von Gehirn zu Gehirn überspringt, und die Vulnerabelsten in eine Duldungsstarre versetzt, die es ermöglicht, sie bei Vergewaltigung wider Willen zu befruchten.
Das Kind des geistigen Todes tragen sie dann bis zur Adoleszenz in sich, und lieben und umsorgen die fremde Totgeburt in ihrem Kopf.

Es gibt nicht einen etwaigen Vorteil, einen Nutznieß oder einen lustigen Orden für eigenes Denken, sondern es ist das allerwichtigste Gebot überhaupt, die Bedingung für das Dasein selbst.

Wer nicht selbst denkt, an den wird nicht nur nicht gedacht, sondern versäumt jeden Moment des Seins, vergibt die Schöpfung und verweigert sich dem Leben.

Mit freundlichen Grüßen

Fenrizwolf

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