Spengler (Schauungen & Prophezeiungen)

DvB, Donnerstag, 20.05.2010, 02:03 (vor 5085 Tagen) @ Taurec (7048 Aufrufe)

Moin Taurec!

Cäsar war Politiker der römischen Epoche der Zivilisation!


Sicher? Ab wann zählst Du diese Epoche denn?


BB (und ich) sind große Anhänger Oswald Spenglers.
Der hat...

Bin ich ja auch - und bisher hat anscheinend niemand auch nur versucht, Spenglers Aussagen im Kern zu widersprechen. Bloß sieht das in Einzelheiten dann doch wieder ganz anders aus und hat sich Spengler an widersprüchlichen Details auch nicht weiter gestört.

Soweit ich es verstanden habe, ist der Cäsarismus doch der Vertreter der Kultur/des Blutes und eben gerade NICHT der Zivilisation.

Das Leben auf dem Lande und in den Kulturstädten ist unbewußt, die Leute
empfinden sich und ihre Umwelt mehr, als daß sie darüber nachdächten.
Darum ist es verfehlt von Konzepten wie "Ehre" zu glauben, es sei eine
Ideologie. Darüber hat nie jemand nachgedacht. Bestenfalls wurde "Ehre"
zur Preisung des edlen Rittertums beschrieben.

Das stimmt aber nicht. Denn Ehre hat einen Nutzen, der etwa darin besteht, daß eine Gemeinschaft, der z.B. im Kampf die Mitglieder desertieren, einer solchen, bei der das nicht geschieht, hoffnungslos unterlegen ist. Ob der Einzelne darüber nachgedacht hat, ist völlig unerheblich. Jedenfalls ist nicht vorstellbar, das man quasi instinktiv oder aus Versehen drauf gekommen wäre.

Niemand hat sich "Ehre" jemals ausgedacht und sie dann missionierend
unters Volk gebracht. Ehre, wie wir sie auffassen, ist eine
Grundeigenschaft des germanischen Wesens, sie ist den Menschen eingeboren,
war schon immer da ist ewig und zeitlos wie der heilige Mutterboden des
Vaterlandes, der von unbekannten Ahnen ererbt einer Generation nur
anvertraut ist, um ihn zu pflegen (Kultur von "cultura", Pflege), auf daß
er einer nicht enden sollenden Reihe von Nachkommen erhalten bleibe.

Das ist wohl eher ein glühender Glaubenssatz. :-)
Das Ehrkonzept wurde selbstverständlich irgendwann erfunden, und weil man die grundlegende Bedeutung für jede Gemeinschaft erkannte, wurde es in die Kultur übernommen, die Jugend entsprechend erzogen und wer immer dagegen aufbegehren oder verstoßen wollte, 'instinktiv' (weniger infolge Instinkt als infolge Erziehung) als Gemeinschaftsfeind angesehen. Ein ausgezeichnetes Beispiel für gemeinschaftstragende Ideologie. ;-)

Dagegen stehen die Weltstädte und ihre skeptisch denkenden Bewohner, die
von diesem ungesonderten Urgrund des Lebens (der Mutterboden ist nicht nur
ackerbares Land im Äußeren, sondern als sein inneres Gegenstück zugleich
seelischer Anker, ist Vaterland, ist Heimat) durch ihre Lebensart
entwurzelt sind. Dort beginnt dann als äußere, d. h. konstruierte Stütze
anstelle des in der Seele verloren gegangenen Konzeptes die Ideologie zu
wuchern.
Sie ist von logisch und ökonomisch denkenden Menschen entworfen worden und
wird mittels Propaganda der formlosen Bevölkerungsmasse indoktriniert durch
ständige Wiederholung und dem Versprechen eines besseren Lebens. Die
Entwurzelung wird als Verlust empfunden, den die Menschen durch Ideologien
zu füllen versuchen.

Ich sehe im logischen Denken überhauptkein Problem - und im ökonomischen nur insoweit, als es bei dumpfbackigen Seelenkastraten zwangsläufig mit reduktionistischem gleichzusetzen ist. Denn so einen Ökonomen interessiert nicht das Ganze, sondern nur das, was er abzählbar an Kosten und Gewinn hat.

Ideologien sind Ausdruck reinen, verstandesmäßigen Geistes.

Du möchtest das gerne so hinstellen. Aber nee - das ist das, was ich mit "Hirnwichse" bezeichnet habe.

Die Formen einer Kultur (zu denen das Ehrgefühl gehört) sind Ausdruck
unbewußten, dumpf empfundenen Seelentums.

Mag schon sein. Das hängt dann aber vllt. eher damit zusammen, daß (lt. Hirnforschung) ERST ein Standpunkt kommt und DANN (manchmal) erst ein passender rationaler Unterbau dazu gebastelt wird...

Nebenbei: Ideologien tragen, so wie sie von der Masse gelebt werden,
durchaus Ähnlichkeit zu Religion in sich. Sie werden geglaubt. Daher ist
eine innere Verwandtschaft von Ideologie (in der Zivilisation) und der
Religion (in der Kulturphase) anzunehmen.

Ja, sieh an. Daß es auch Unterschiede gibt, bestreite ich ja nicht.

Es zeigt sich auch, daß die vorherrschende Religion einer Kultur in dem
Maße an Bedeutung verliert, in dem Ideologien an Bedeutung gewinnen. In
der Zivilisation können daher auch andere Religionen sich eines
zugrundegehenden Kulturkreises bemächtigen, wie das Christentum des
kaiserlichen Roms und der Islam im heutigen Abendlande.

Offensichtlich ja nicht bloß in der Zivilisationsphase - denn der Bolschewismus im feudalistischen Rußland spricht schon dagegen. Daß "kein echter Russe" Bolschewis gewesen wäre, wie BB meint, ist natürlich eine äußerst unglaubwürdige Schutzbehauptung. :-D

Gruß, DvB


Gesamter Strang: