zum Wirrwarr der Jahreszahlen in den Feldpostbriefen (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Sonntag, 08.11.2020, 18:03 (vor 1237 Tagen) @ randomizer (1672 Aufrufe)

Hallo randomizer,

ich meine, man ist daran gewöhnt, auf der Suche nach "Treffern", die Abfolge der Jahreszahlen in den Feldpostbriefen "falsch" zu lesen:
Wenn man die genannten Jahreszahlen unbefangen, also ohne den Hintergrund der sich gegenseitig bestätigenden diversen Fälschungen und Erfindungen von Prophezeiungen liest, stellt sich mir die Frage, warum sowohl Renner als auch Bender das "Dritte Weltgeschehen" in die Zukunft projizierten:

Im ersten Feldpostbrief steht, "Die Zeit beginnt zirka 32...", und "dann kommt die Zeit 38..."

Dann folgt der Einschub:
"Am Schluß kommt noch Rußland und fällt über Deutschland her...",
"Dann sagt er, daß der regierende Papst dabei sei beim Friedensschluß... und er kommt nach Köln, wo er nur einen Trümmerhaufen findet, alles kaputt..."

Und danach, als Abschluss:
"Und im Jahre 49 kommt erst der Aufstieg..."

Der zweite FPB greift diese Abfolge in umgekehrter Reihenfolge auf:
"Am Schluß dieser Teufelszeit werden dann die geglaubten Sieger an die Besiegten kommen um Rat und Hilfe, denn auch ihr Los ist schrecklich, denn es liegt alles am Boden wie ein Ungeheuer. Er sagte, das soll im Jahre 1949 sein.",
und "...47 und 48 sollen die Jahre dieser wilden Einkehr sein."
und gegen Ende nochmals: "Im Jahre 48 geht die Strafe Gottes zu Ende, und die Menschen werden sein wie die Lämmer und zufrieden wie noch nie."

Ausgerechnet die Jahreszahl "1945", als Ende des zweiten Weltkrieges, die m.E. vom prophetischen Gewicht der anderen Jahresangaben überzeugen soll, wird jedoch in dichterischer Freiheit in prophetischem Jargon verkündet: "Steht an der Jahreszahl vier und fünf, dann wird Deutschland von allen Seiten zusammengedrückt, und das zweite Weltgeschehen ist zu Ende."
Das ist ein bisschen dick aufgetragen, aber verständlich, soll dies m.E. ja den Anschein erwecken, dass es sich bei den Jahren 1947/48 und 1949 nicht um falsche Jahreszahlen für das Ende des zweiten Weltkrieges und den nachfolgenden Neuanfang handelt, was nach der Lektüre des ersten Feldpostbriefes sowohl Renner als auch Bender angenommen haben.

Nun wird also, ex eventu, im zweiten Feldpostbrief 1945 als Ende des zweiten Weltkrieges eingeführt, äh, "prophezeit" und für die Jahre 1947/48 "das dritte Weltgeschehen", sowie für die Zeit ab 1949 die üblichen klerikalen feuchten Träume: "Aber die Kirche hält den Siegestriumph, sagt er. In Rußland werden alle Machthaber vernichtet.", "...und die Menschen werden sein wie die Lämmer und zufrieden wie noch nie. Und von Siegerträumen hört es auf, und es ist ausgestorben in den Ländern."

Das kann doch nie und nimmer so gemeint gewesen sein, dass in dieser Beschreibung des Ablaufs ein in weiter Ferne liegendes drittes Weltgeschehen erwartet wird, vor das aber ab 1949 ein 1000-jähriges-Bonsai-Friedensreich eingeschoben wäre.

Ist es die Aura von Renner, weswegen man sich zu scheuen scheint, an die Feldpostbriefe mit der gleichen nüchternen Sachlichkeit heranzugehen wie an beliebige andere Quellen, und statt dessen die Glaubwürdigkeit ihrer Echtheit zu einer Glaubenssache macht, was man sonst eher von kirchlichen Reliquien kennt?

Gruß
Ulrich


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