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Logos und persönliches Gottesbild (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 25.10.2018, 10:01 (vor 2004 Tagen) @ Ranma (2798 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Mittwoch, 23.01.2019, 06:46

Hallo!

Aber ist es in einem solchem Gottesbild, mal weitergedacht, nicht gleichfalls unerheblich, ob überhaupt ein Gott existiert? Er braucht nicht vorhanden sein, wenn Er sich sowieso nicht äußert?

Unerheblich ist es nicht. Gottes Existenz ist meines Erachtens selbstevident und belegt sich bereits am Dasein der Schöpfung selbst, die nicht chaotisch ist, sondern erkennbar Gesetzen folgt. Das Universum selbst ist die Äußerung.
Weitergedacht stellt sich eher die Frage, ob es sinnvoll ist, den Menschen ins Zentrum des Universums zu stellen und Gottes Existenz davon abhängig zu machen, daß er sich ausgerechnet einem selbst gegenüber äußert wie der Vater, der aus der Perspektive eines kleinen Kindes nur um dessen selbst willen da zu sein scheint. ;-) Diese Selbstbezüglichkeit und Selbstvergötterung des Menschen, der sich einen ihm dienenden Gott erfindet, zeugt von einer gewissen "spirituellen Infantilität". Sie ist außerdem Ausdruck des Nihilismus, der zum Atheismus kippend wie ein trotziger Teenager sich vom Vater abwendet, wenn er nicht nach der eigenen Pfeife tanzt.

Ein solcher Gott kann außerdem nicht, wie es bei Frömmlern häufig geschieht, als ultimative kausale Erklärung für alles angeführt werden. Ein umfassender, unpersönlicher Gott übersteigt das Begriffsvermögen des Menschen, weil er den Kosmos umfaßt, der vom Menschen selbst als darin lebend nicht vollumfänglich erfaßt werden kann. Da Gott wie die Welt nicht vollständig begreiflich ist, besitzt er als Argument keinen absoluten Erklärungswert für innerweltliche Vorgänge. Die Abkürzung, für alles Geschehen auf (einen persönlich aufgefaßten) Gott zu verweisen, zeugt eher von Denkfaulheit/-unfähigkeit und "spiritueller Infantilität".
Man sollte einen als "Logos" begriffenen Gott allerdings als (wenngleich nicht scharf definierbare) Konstante im Welterklärungsmodell haben, weil einem andernfalls wesentliche Aspekte der Welt entfallen. Gott derart zu verleugnen führt zu Erklärungsmustern, welche die Welt nicht als von oben geordnet sich entwickelnd, sondern von unten chaotisch entstehend erklären. Metaphysische Gesetzmäßigkeiten werden nicht wahrgenommen, weil man ihren Anlaß nicht anerkennt. Materialistische Anschauungen sind die Folge, die natürlich ebenso falsch und unkorrigierbar wie ihre Vertreter dümmlich und penetrant sind.

Irgendwelche Vorschläge zum Sinn der Schöpfung?

Aus obigen Ausführungen sollte u. a. hervorgehen, daß man davon Abstand nehmen sollte, alles erklären zu wollen. Die Schöpfung ist schlicht da, weil irgend etwas da sein muß und nicht Nichts existieren kann (so ist "Nichts" auch ein abstrakter, aber nicht vorstellbarer Begriff, da Nichts nicht existieren kann, daher auch nicht vorstellbar ist). Was der Sinn sein soll, warum die Schöpfung genau so ist, wie sie ist, und nicht anders (wobei der Mensch überhaupt nicht in der Lage ist, festzustellen, wie die Schöpfung eigentlich ist!), übersteigt unser Begriffsvermögen.

Falls der durchwirkende Logos jedoch Menschen erschiene, könnten sie Ihn dann überhaupt von einem als Person auftretendem Gott unterscheiden? Es sollte Ihm sogar möglich sein als ein gesamter Pantheon aufzutreten?

Damit verbiegst Du den "durwirkenden Logos" wieder zu einem personifizierten Gott um. Das Ergebnis ist ein Widerspruch zum Logos, also eine in sich widersprüchliche Aussage. Da Gott keine Person hat, kann er sich auch nicht entscheiden, sich in einem Menschen zu personifizieren. Mithin ist jeder Mensch, jedes Tier, jedes Lebewesen, selbst die Bahn der Himmelskörper (also auch die Astrologie), jedes Molekül, aber auch geistige Vorgänge und das Schicksal "Verkörperung" (besser aber "unpersönlicher Ausdruck") des Logos.
Es ist denkbar, daß innerhalb der Welt liegende Mächte von Ebenen, die unser Begriffsvermögen übersteigen, sich auf unserer Ebene als menschenähnliche Personen verkörpern. Diese würden wie göttlich wirken, weil sie uns unerklärlich und mutmaßlich überlegen wären. Solche Erscheinungen wären nicht aktiv von Gott in die Welt geschickt, sondern als Bestandteile der Schöpfung ebenfalls nur Ausdruck Gottes/des Logos – wie auch alles andere. Unterstellen muß man, daß sie von ihrer Warte aus ihre eigenen Pläne verfolgen, wie sie im Sinne Gottes handeln müßten.

Sogar falls Er in klar nichtmenschlicher Form aufträte, neigte der Mensch dann doch, spätestens in einer lange danach verfaßten Beschreibung des Ereignisses, zur Anthropomorphisierung, also der Zuschreibung menschlicher Züge zu was auch immer.

Es ist wohl so, daß in der Überlieferung Wahrnehmungen "übernatürlicher" Kräfte und Mächte sich letztlich auf den gemeinsamen Nenner vereinfachen, der die meisten Adressaten dieser Überlieferungen erreichen kann. Das ist dem entsprechend der in der breiten Basis der Bevölkerungen vertretene Typus des intellektuell bestenfalls durchschnittlichen Menschen, der zu einer logosartigen Abstraktion Gottes entweder geistig nicht in der Lage ist oder ihr nichts abgewinnen kann. Persönliche Götter sind dem entsprechend unzureichende Krücken, derer man in seiner geistigen Entwicklung zeitweise bedarf. Bedenken sollte man überdies, daß wir – als Seelen in einer über Äonen angelegten Entwicklung wie in jedem Lebenslaufe im Kleinen sich wiederholend – alle diese Phase durchlaufen müssen, wobei der Mensch je nach Stand seiner Reifung darüber hinauswächst.

Wäre Jesus nicht zu Gottes eingeborenem Sohn erklärt worden, hätte das Christentum nie diesen Reiz entwickelt, der zu seiner Verbreitung geführt hätte. Umgekehrt bedeutet dies, das rationalisierende Dogmen wie die Dreifaltigkeit, die auf dieser Krücke aufbauen, falsch sind und für den Menschen, der einen Schritt weiter ist, sinnlos.
Ein weiterer Klumpfuß des Christentums ist wohl die Stellung Jesu als Erlöser im Zentrum des Glaubens, wodurch der Überbringer der Botschaft über die Botschaft selbst gestellt wird. Dies hat freilich dazu geführt, daß die eigentliche Botschaft (die vermutlich im alternativen, unpersönlichen Gottesbild bestand) zugunsten der (u. a. von Paulus nachträglich konstruierten) "Erlöserbotschaft" überdeckt wurde. Durch diese erneute Personifizierung Gottes wurde es überhaupt möglich, das Neue Testament in eine Linie mit dem Alten zu stellen.

der alttestamentarische Gott behauptet nie, daß andere Götter nicht existierten, sondern verbietet nur, die anzubeten

Damit sollte eigentlich klar sein, daß zumindest die vorchristlichen Juden nicht an Gott glaubten, sondern an einen innerweltlichen (Flaschen-)Geist, über dessen Wahrnehmung man als primitiver Mensch nicht hinauskommt. Die Welt in ihrer Gesamtheit interessierte sie gar nicht, allerdings der Wüstendämon, den sie magisch beschwörten und der ihnen Vorteile im kleinlichen und kleingeistigen Kampf gegen andere innerweltliche Mächte bieten sollte. Ich sehe dem entsprechend keinen Grund, diese Überlieferung für mich anzuerkennen oder gar – wie es weithin geschieht – ein "jüdisch-christliches Abendland" zu konstruieren. Weg damit!

Den Übergang von Elohim zum Monotheismus halte ich dem entsprechend für konstruiert, um eine nicht vorhandene Linie zum Alten Testament herzustellen. Ein vermeintlicher Gott, der andere Götter neben sich duldet und als Person auftritt, markiert einen unüberwindlichen Bruch. Auch der Monotheismus stellt keine Neuerung da, wenn dieser eine Gott als Person begriffen wird, statt als die umfängliche "platonische Idee" der gesamten Schöpfung, die über und vor der Schöpfung steht, aber gleichsam in allen Aspekten in sie ausströmt.
Der "Logos" ist ja letztlich ein philosophisches Konzept der mit dem antiken Judentum in keinerlei innerer Beziehung stehenden antiken (indogermanisch-europäischen) Hochkultur der Griechen und Römer. Über das hellenisierte Judentum geriet er in verbogener Form in das Christentum, so daß man die personifizierenden Abirrungen abschälend immerhin wieder zur ursprünglichen Idee zurückkehren kann und einen Ansatzpunkt für einen allumfassenden Weltgeist bzw. Weltvernunft findet.

Also solche Aussagen wie die Kanye Wests, er selbst sei Gott. Aber der darf so etwas in unserer Gesellschaft, weil er reich ist.

Ist das der geistige Hintergrund Deines satanischen Wunsches, notfalls mit schwarzmagischen Mitteln selbst reich zu werden? Selbst Gott zu werden? ;-)

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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