Freier Wille versus Vorbestimmung (Schauungen & Prophezeiungen)

Malcom, Mittwoch, 31.01.2018, 22:21 (vor 2248 Tagen) @ Wodans Sohn (8876 Aufrufe)

Hallo Wodans Sohn ,

Fragt man die Gelehrten oder Priester der drei monotheistischen Religionen, so stellen sich folgende Grundsätze dar:
Punkt 1
Gott ist ohne Anfang und Ende und vollkommen.
Punkt 2
Gott ist der Schöpfer von Himmel und Erde und aller Menschen.
Punkt 3
Der Mensch hat Willensfreiheit.
Punkt 4
Gott ist allwissend.
Punkt 5
Irgendwann kommt eine Abrechnung, das Jüngste Gericht, bei der Gott aufgrund von Punkt 3 und Punkt 4 über die Menschen richtet, ob Mensch sich zu Lebzeiten sich gut bzw. schlecht verhalten hat und entsprechend wird dann der Mensch/Seele in
Fall 1
Belohnung, kommt ins Paradies, erhält das ewige Leben
oder
Fall 2
Bestrafung, verdammt in die Hölle, Auslöschung
eingeteilt.
Da gibt es jetzt ein paar Widersprüche. Wenn Gott allwissend ist (Punkt 4), weiß Gott (und wusste das auch schon bevor er sprach: „Es werde Licht“) wie jeder einzelne von uns, mit all den von Gott gegebenen Stärken und Schwächen, egal unter welchen äußeren und inneren Druck, am Ende des Jüngsten Gerichts abschneiden wird. Da ist es auch egal, ob wir einen freien Willen haben (Punkt 3). Gott weiß wie wir uns entscheiden werden.

In den Schöpfungsmythen klingt es an, dass Gott am Anfang allein war und dann aus sich heraus in der Schöpfung des Menschen ein Wesen geschaffen hat, das seiner Natur entspricht, aber noch nicht voll entwickelt ist. Dieses Wesen hat deswegen einen freien Willen, weil Gott den auch hat.
Wie kann sich der Mensch nun in Richtung Göttlichkeit entwickeln ? Durch Erfahrungen, d.h. den Prozess der Entscheidung zu handeln, und der Erfahrung der Konsequenz dieses Handelns. Der freie Wille lässt den Menschen gute und schlechte Taten und Erfahrungen machen, da beide Qualitäten benötigt werden um zu wachsen. Damit beantwortet sich auch die empörte Frage „Wie kann Gott so etwas (Schlechtes) zulassen?“

Ich glaube durch die Gabe des freien Willens hat Gott sich selbst beschränkt, um den Menschen den Freiraum zu lassen um sich überhaupt entwickeln zu können.
Hast Du auf einem Kinderspielplatz mal beobachtet, wie sich die Eltern verhalten?
Sie geben den Kindern einen definierten Freiraum und lassen dann die Kinder spielen.
Die Eltern könnten auch die ganze Zeit neben dem Kind stehen und sagen: Mach jetzt dies , mach jetzt das, lass dies, lass das. Aber gute Eltern sind nicht so. Sie beschränken ihre Kontrolle bewußt und lassen den Kindern den Freiraum um kleine Entscheidungen zu fällen, Erfahrungen zu machen und daran zu wachsen. Gleichzeitig gibt es Situationen vor denen die Eltern warnen („lauf nicht auf die Straße!“) und bei Nichtbeachtung eingreifen, um größeren Schaden zu verhindern.
Ein Vater wird seinem Sohn vielleicht dreimal sagen, „Fass nicht den heißen Ofen an, du wirst dich verbrennen „, aber irgendwann , wenn der Sohn dickköpfig ist, wird der Vater sagen, „Ok, wenn Du unbedingt willst, mach es.“ Nach der Erfahrung der Verbrennung wird der Sohn von sich aus den Ofen nicht mehr anfassen. Wichtig ist dass die Lernerfahrung nur durch den freien Willen möglich geworden ist, die der Vater dem Sohn gelassen hat.
Auf die gleiche Weise lässt Gott der Schöpfung einen eigenen Spielraum der Entwicklung, aber in wesentlich größeren Maßstab. Innerhalb dieser erweiterten Freiheit gilt ein Gesetz : „Tue nicht Anderen an, was Du nicht selbst Dir angetan haben möchtest.“ (kurz „Karma“)
Es gibt also keine Schöpfung die von Anfang bis Ende vorherbestimmt ist, das wäre wie ein Computerspiel mit völlig festgelegtem Ausgang, ohne Möglichkeit der Varianz, Entwicklung und Wachstum . Jeder Erwachsene würde schon bald den Spaß daran verlieren. Gott wohl erst recht.
Durch die Festlegung des Spielgesetzes des Karmas ist die Richtung der Entwicklung eigentlich festgelegt. Denn je mehr Gutes getan wird und in die Welt fließt, desto mehr kommt zurück.

Ein Problem entsteht nur, wenn ein paar größere, ignorante Buben mit Altöl in der Sandkiste spielen, und den Anderen das Spielen langfristig verderben. Da haben dann die Eltern die Möglichkeit zu entscheiden, „Ich will diese Sandkiste erhalten, also schreite ich mit Autorität und notfalls mit Gewalt ein“. Dies ist in etwa die Situation in der wir jetzt auf der Erde sind.

Die heilige Jungfrau wendet sich an die Menschen auf diesem Spielplatz meist mit den Worten: „Meine Kinder.....“ weil Sie die gesamte Menschheit umsorgend in ihr Herz geschlossen hat.
Ich werde noch ein Beispiel dazu geben.

Dann aber stellt sich die Frage: „ Gibt es uneingeschränkte Vergebung für Alle?“
Wenn ja, gibt es keinen Fall 2 mehr und somit besteht auch gar kein Anlass mehr für das Jüngste Gericht, weil sowieso Alle ins Paradies kommen.
Wenn nein, gibt es als immer noch den Fall 2. Gott wusste das. Er hat die Menschen ja so geschaffen, damit er auch ein paar in der Hölle braten kann., ohne jede Chance.

Wie sieht denn der Vorgang der Vergebung überhaupt aus? Je schwerwiegender die Tat ist, desto schwerer ist es überhaupt eine Vergebung zu erlangen, da ein natürlicher Prozess dieses steuert:
1. Da gibt es die institutionalisiere Vergebung, mit der Beichte. Es ist nicht einfach dem Priester deine geheimen Schandtaten zu offenbaren. Die Schwelle ist hoch. Wer hier vom Forum geht denn schon zur Beichte? …..........Schweigen im Walde.
Entsprechend sieht es auch mit der Vergebung aus. Wieweit diese institutionalisierte Vergebung auch wirklich wirksam ist, wage ich nicht zu beurteilen.
2. Die individuelle Prozess der Vergebung ist wesentlich komplexer. Es setzt erstens voraus dass ein Sinneswandel eingetreten ist, und man die Schlechtigkeit seiner Tat(en) überhaupt einsieht und willens ist sich zu ändern. Dann setzt der Vorgang der Reue ein, der, wenn der echt ist, im Prinzip herzzerreißend schmerzhaft sein sollte, mit entsprechendem Tränenfluss. Dann folgt der Vorgang des Gebetes mit der aktiven Bitte um Vergebung. Nur wenige Menschen sind dazu in der Lage denn je schwerwiegender die Verfehlungen, desto schwerer ist es für den Menschen diesen Vorgang zu initiieren. Es ist schwerer, aber nicht unmöglich.

Somit ist Vergebung für Alle im Prinzip möglich, in der Praxis aber hängt es von den Entscheidungen des Individuum ab, vom freien Willen. Es gibt keine automatische Vergebung.

Dann aber bedeutet es auch, dass es keine echte Prophezeiung über ein Gottesgericht oder den Jüngsten Tag geben kann.

Unter dem Gesichtspunkt des oben Angeführten, doch. Zuerst muß man zwischen den Prinzipien der angekündigten Apokalypse und dem jüngsten Tag unterscheiden.
Die Apokalypse war konditionell: WENN sich die Menschheit nicht grundlegend ändert, DANN kommt das Strafgericht. Somit liegt die Entscheidung darüber in der Hand der Menschen. Das werde ich noch weiter ausführen.
Der jüngste Tag ist ein von Gott vorgegebenes, dekriertes Ereignis, ohne dass darauf die Menschen irgendeinen Einfluss hätten. Eine Prophezeiung dieses Ereignisses hat nichts mit dem freien Willen der Menschen zu tun.

All jene, die versuchen Gott gerecht zu werden, gottgefällig zu sein, wollen nur mit Gott um den Erhalt ihrer Seele (ihres Egos) schachern.
Ist das nicht egoistisch?

Stimmt. Es ist zumindest ein niederes Motiv.
Dies wird in dieser Szene deutlich (englisch):
Ab 1:00 : https://www.youtube.com/watch?v=O-sFPLGwwYg

Ideal wäre, wenn man aus der Erkenntnis handelt, dass dein Gegenüber nur ein Spiegelbild deiner Selbst ist, und Du aus Liebe zum Guten, eben Gutes tust. Das ist dann eine Herzensangelegenheit, und nicht intellektuelles Kalkül.

Gruß,
Malcom


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