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Antwort: hohe Bauten, seichte Träume und Isegrim (Schauungen & Prophezeiungen)

Fenrizwolf, Sonntag, 13.11.2022, 08:09 (vor 522 Tagen) @ freund (599 Aufrufe)

Lieber freund,

zwar nehme ich verschiedene Präparate gegen Prokrastination, aber oft schiebe ich deren Einnahme dann doch vor mir her.
Ich weiß auch gar nicht so recht, auf was Du Dich beziehst, aber ich will einmal versuchen, der von mir leichtfüßig verursachten Konfusion strukturiert entgegenzutreten:

Daß solch ein Turm in exponierter Tallage gebaut wird, ist ein typisches Merkmal voranschreitender ‚Zuvielisation‘ – abgetrennte Kompetenzen verirren sich parallel um zur vollendeten Kakophonie anzustimmen. „Getrennt marschieren – gemeinsam schlagen“, kriegen diese verwahrlosten büroktratischen Tunnelblicker auf wundersame Weise dann doch hin.

Für jede Gartenlaube ist das Bauamt zuständig, und jede Steinreihe im Kataster wird per Hubschrauberüberflug erfaßt. Aber zeitgeistiges Verlangen nach spezieller Infrastruktur hat unbedingt Vorrang, während hier die Brücken quasi schon fast eingestürzt sind.
Solch ein Mast auf einem der vielen Berge bzw. Anhöhen hier, wie sie für LTE etc. aufgestellt wurden, wirkt in seiner Ästhetik eher wie ein häßliches Gipfelkreuz, aber ein Betonturm mitten in der Talsohle hat dann eher den dominierenden Charakter einer Kirchturmspitze. Er verschandelt die Landschaft, für einen minderen Zweck, der sich sicherlich auch technisch anders hätte realisieren lassen.
Vielleicht war die Kostenersparnis der Turmvariante zu einer Vielzahl dezent montierter Antennen nur marginal. Aber die Interessen von Konzernen und Staaten liegen nun mal nicht im Gemeinwohl.

Träume und präkognitive Inhalte

Manchmal ist mir es selbst etwas unangenehm, von solchen Belanglosigkeiten zu berichten, aber wenn alle Filter aktiv sind, und Hemmnisse dominieren, wird man auch keine peripheren Verknüpfungen mehr zu ähnlichen Fällen herstellen können.
Ich bin kein Seher und will auch keiner werden. Meine Sorgen sind im Hier und Jetzt, bzw. in rein intellektuell absehbarer Zukunft zu verorten, so daß ich mich mit dem Rest meiner Kraft, die mir der Alltag läßt, nun vornehmlich Dingen widme, die absolut praxisbezogen sind.
Es ist ein Zustand auffälligen Mangels, den ich gern überwinden möchte. Ohne eine gewisse Zuversicht müßte ich feststellen, daß alle Gipfelpunkte parallel überschritten sind, und nun eine lange Schlittenfahrt ohne Après Ski stattfinden wird.
Falls es Zeit und Kraft zuließen, wäre eine planmäßige Ausbildung der Intuition ins Auge zu fassen, der Rest fällt hinten aus dem Rucksack, während man müde ein Bein vor das andere setzt.

Selbst der Schlaf ist mir mittlerweile zu sehr diktiert. Schlafphasen spielen sich im Diktat der Zeitvorgaben derart ein, daß sie soeben ausreichen, ohne Varianz zuzulassen.
Über die Phasen wissen wir genug Bescheid, allerdings nicht so sehr über Herkunft und Zusammensetzung der Träume.
Folgendes Sinnbild stellt es vermutlich am besten dar:

Verschiedene (teilautonome?) Bewußtseinsschichten bringen ihre Anliegen auf einer klaren Folie mit. Alle wollen sich ausagieren und wollen dargestellt werden. So legt man dann zehn Folien auf einen Tageslichtprojektor (gibt es das noch?), und haucht den Bildern spielerisch Bewegung ein.
Das ängstliche Kind, der romantische Schwärmer, der gütige Beschützer, der bequeme Opportunist, der geschlagene Verlierer, wie der unbeirrbare Sturrkopf sitzen zusammen an einem Tisch und trinken in geselliger Runde lila Absinth und tauschen die besten Rezepte für Käsekuchen ohne alkalischen Mörtel aus.

Manchmal kommt noch eine weitere Komponente die mehr von Zukunft weiß, als sich berechnen läßt, und perfekt ist die unheilige Melange menschlicher (Beweg)gründe.
Man wacht mit einer Erektion auf, doch die ersten einschießenden Gedanken an die Notwendigkeiten und Regeln dieser Welt, lassen nur den Kopf noch schütteln.

Kopfüber stürzt man sich in seine Hose, der Hemdkragen zwickt im Schritt – aber man hat schon alle Zahlen parat. Kluger Kopf, oder?

Präkognitives Element:

Ich weiß gar nicht, ob ich das je erwähnt habe, aber ich träumte davon Beifahrer in einem Geländewagen zu sein, es ging über schmalste Waldwirtschaftswege nur bergab, mit viel Gestrüpp. Der Fahrer war ein örtlicher Bauer im Nebenerwerb, der mit seit Kindheitstagen grob bekannt war.
Noch während meines Jagdkurses kreuzten sich unsere Wege hier im Hause, nach absolvierter Prüfung war er es, der mich dann kontaktierte, und mir eine Jagdgelegenheit anbot.
So ergab es sich, daß ich später des Öfteren als Beifahrer neben diesem Herrn über Waldwirtschaftswege fuhr. Das Auto war ein anderes, die Topographie auch, aber insgesamt war die ganze Beziehung zwar interessant, dafür aber zeit- und kostenintensiv, letztlich bei viel Einsatz wenig Gewinn für beide Seiten.
Vor etwa zwei Jahren las ich in der Zeitung, daß jemand seinen Geländewagen bei einem Fahrfehler auf die Seite gelegt hat. Bei der Beschreibung hatte ich keinen Zweifel, um welchen Senior es sich da handelte.

Wölfe:

Für mich sind sie gleichsam Symbole einer geschlossenen Gemeinschaft wie sie Konkurrenten der bestehenden oberflächlichen, eingehegten Ordnung sind.
Da ich selbst ein Kind einer bestehenden Ordnung bin, und kein autonomes Raubtier, sind meine schwärmerischen Metaphern naturgemäß halbgar, wie so ziemlich alles in allem menschlichem Leben.

Ich erinnere mich gut an die Zeit meiner Jagdausbildung bei einem altgedienten Förster eines ausgedehnten Mittelgebirges.
In Polen waren die Wölfe seinerzeit schon wieder aktiv, und diesseits der Oder wurden sie vereinzelt gesichtet.
Seine Meinung war eindeutig: „Das ist völlig verrückt – das haut nie hin.“

Zwar besteht unsere winzige Landfläche in Relation zur Bevölkerung zu etwa drei Vierteln immer noch aus Wald und landwirtschaftlich genutzten Flächen, aber seit einigen hundert Jahren befinden sich diese im Stadium einer künstlichen Kulturlandschaft.
Ohne menschliche Eingriffe ginge es auch nur noch ohne den Menschen.

Allein die Aktionsradien der Wolfsrudel sind beträchtlich, die Schäden währen immens.
In einer Zeit, in der der Jagdpächter dem Bauern den Wildschaden ersetzen muß, den freilebendes Wild (Sauen) beispielsweise im Maisfeld anrichtet, könnte doch kein moderner Mensch mehr Schäden durch Wolfsangriffe berechnen oder bezahlen.
Allerdings leben wir auch in Zeiten in der Kühe und Rehböcke Fußgänger attackieren.

Francis Tobolsky (süßer Name, oder?) singt den Pentagram-Klassiker „Sign of the wolf“: https://www.youtube.com/watch?v=GjLxUSUtFXc

Zugegeben: sie sieht etwas besser aus, als der originale Interpret: https://www.youtube.com/watch?v=a4Y54PTz_hQ

Mit waidmännischen und traumwandlerischen Grüßen

Fenrir


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