Welche Anmaßung (Schauungen & Prophezeiungen)

aber @, Donnerstag, 31.03.2022, 18:48 (vor 750 Tagen) @ Taurec (729 Aufrufe)

Hallo,

Man sollte meinen, daß der Text einer Zeremonie nebensächlich ist, wenn das Anliegen von Herzen kommt und von den Durchführenden aufrichtig empfunden wird. Warum es anderes sein sollte, erschließt sich wohl nur eingefleischten Kirchgängern, bei denen die Übereinstimmung mit dem Ritus allzuoft die Abwesenheit echten Glaubens ausgleichen soll.

Tatsächlich ist in magischen Ritualen der genaue Wortlaut alles andere als nebensächlich, will man zuverlässig den gewünschten Effekt erzielen. Aus Harry Potter 1 - Der Stein der Weisen - ist bekannt, dass es sogar auf die Intonation einzelner Silben sowie korrekt synchronisierte Handgesten ankommt, wenn das Gebet nicht in einer Wasserstoffverpuffung enden soll wie hier am Ende: https://www.youtube.com/watch?v=nAQBzjE-kvI

Darüber hinaus ist sehr fraglich, daß eine Weihe etwas bewirkte, denn erstens ist die Authentizität der Geheimnisse fraglich. Zweitens wären sie in der überlieferten Fassung von der Geschichte ohnehin schon überholt worden. Drittens ist kein Zusammenhang ersichtlich, wie desgleichen weltpolitische Vorgänge und Beweggründe ändern sollte.

Fakt ist aber, Katholiken glauben entgegen allen Argumenten, dass ihre Beschwörung etwas bewirkt. Wer mit diesem inbrünstigen Glauben und dieser Überzeugung, etwas zu bewirken, seine Beschwörungsformeln dazu nutzt, Dritten ungefragt, anmaßend und übergriffig eine sogenannte "Weihe" überzustülpen, bewegt sich ethisch nicht nur auf ganz dünnem Eis, sondern steckt mit beiden Beinen tief im schwarzmagischen Sumpf drin. Denn wie jeder Zauberlehrling weiß, lautet der erste der drei unaussprechlichen Flüche "Imperio" - das Aufzwingen des eigenen Willens auf jemand anderen. Wes Geistes Kind die Russlandweihe ist, dürfte hiermit klar sein.

Mit der illegitimen Weihe Russlands an eine dunkle Gottheit, die unter Androhung drakonischer Strafen kein Abweichen von einem Iota duldet (möglicherweise die menschenfressende Göttin Kali, die keine Gnade kennt), liegt nämlich ein Imperiusfluch gegen Russland durch die katholische Kirche vor. Zudem ist angesichts des Schismas, das seit dem Jahre 1054 zwischen Rom und Byzanz besteht, die ungebetene Durchführung eines römischen Ritus an einem Land mit zu 75% russisch-orthodoxem Bekenntnis eine Demütigung und Anmaßung sondergleichen. Für mich stellt sich die Frage, mit welchem Gegenfluch die Obrigkeiten der Ostkirchen auf diese unverschämte Dominanzgebärde der katholischen Kirche reagieren wird. Was Katholiken in ihrer typisch westlichen Hybris nämlich verkennen: Nicht alles Christentum auf der Welt ist katholisch: Für nicht wenige orthodoxe Gläubige ist Rom sogar die Hure Babylon und der Papst der Antichrist und eine Ökumene zwischen Katholiken und den Ostkirchen somit für Orthodoxe ein Ding der Unmöglichkeit. Haben die katholischen Gutmenschen auch nur einen einzigen russisch-orthodoxen Gläubigen bedacht, der die römische Consecratio über Russland nicht haben will und sie als satanistische Beschwörung ablehnt? Offensichtlich nicht.

Jedoch ist zumindest in intellektuelleren Katholikenkreisen die Maßnahme der übergriffigen Weihe ethisch umstritten:
"Neu sei jetzt, dass sowohl Russland als auch die Ukraine dem unbefleckten Herzen Mariens geweiht werden sollten. Aber auch das sei nicht unproblematisch: "Man verfügt ja gleichsam über jemand anderen und übereignet diesen zwangsweise einer himmlischen Gestalt." Diese solle dafür dann segensreich auf die Welt der Menschen einwirken, in diesem Fall etwa friedensstiftend. "Das ist Ausdruck einer Hilflosigkeit", sagte Seewald. "
https://www.zeit.de/news/2022-03/25/umstrittenes-gebet-fuer-russland-und-ukraine-in-rom-und-koeln


Langer Rede kurzer Sinn: Katholiken an der Basis brauchen sich nicht einbilden, sie täten mit ihrem eilfertigen Nachäffen der päpstlichen Russlandweihe etwas Gutes, im Gegenteil, dieses Vorgehen ist ethisch zutiefst fragwürdig. Noch weniger sollten sie meinen, sie hätten als katholische Laien nun auch mal endlich was zu melden und dürften wie "die Großen" auch mal endlich eine Weihehandlung ausüben. Vergesst es - katholische Laien stehen mangels Priesterweihe nicht in der Apostolischen Sukzession ( = das Erbe magischer Energie und Legitimation, das durch die Zeremonie magischer Inauguration seit dem Jahr 33 n. Chr. von Bischof zu Bischof weitergegeben wird) und können im kirchlichen Sinne weder segnen noch weihen geschweige denn ein Sakrament spenden. Alles andere ist nicht katholisch - informiert euch mal über eure Religion.
(Ich schreibe das deshalb in direkter Anrede an Katholiken, weil das Wichtigtuertum katholischer Laien gepaart mit Unkenntnis der eigenen Religion in einem vorangegangen Beitrag nicht zu übersehen war.)


LG,
und


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