Gerechtigkeit in den Schranken (Freie Themen)

Isana Yashiro, Donnerstag, 25.11.2021, 07:23 (vor 877 Tagen) @ Fenrizwolf (713 Aufrufe)

Hallo Fenrizwolf!

Ich kann mich auch nicht daran erinnern, Dir je einen Grund dafür gegeben zu haben, mich öffentlich als Sandsack zu benutzen – außer eben dieser einen Bitte, daß man doch lieber bitte eher Kontra geben möge, als meine Beiträge, als mittlerweile Alteingesessener, allein aus der Tatsache heraus zu akzeptieren, daß ich halt schon relativ lange da bin.

Tatsächlich habe ich sogar etwas von dem erreicht, was ich erreichen wollte. Ich muß jetzt nämlich nicht mehr raten worauf Du wieder und wieder nur anspielst. Außerdem habe ich Dir etwas von meiner Leidensgeschichte erzählt, damit Du weißt, daß ich weiß wie sich eine Niederlage anfühlt. Nicht jeder hier weiß wie sich das anfühlt. Erst recht nicht in einem echtem Kampf. Nicht jeder hier kapiert, daß ich weiß wie sich eine Niederlage anfühlt. Aber Du verstehst das.

Im Grunde bin ich reichlich enttäuscht und auch etwas traurig darüber, daß Du dargestellte Umrisse meiner Folter dazu nutzt, mich als den taktisch Unterlegenen darzustellen.

So gesehen bin ich auch taktisch unterlegen. Schließlich weiß ich wie sich eine Niederlage anfühlt. Gerade weil ich weiß, wie sich eine Niederlage anfühlt, darum weiß ich auch, daß spätestens dann, wenn der körperliche Schmerz aufhört, ein seelischer Schmerz einsetzt. Wenn man der deutschen Kultur angehört, dann kann man nicht anders als daran zu glauben, daß für eine gerechte Sache zu kämpfen die stärkste aller Waffen ist. Darum konnte man von einem Gericht des Mittelalters in die Schranken gewiesen werden. Diese Schranken bezeichnen die Grenzen eines Kampfplatzes. Auf diesem verwandelte sich die juristische Auseinandersetzung der streitenden Parteien in einen bewaffneten Zweikampf auf Leben und Tod. Wie könnte man sich davon ein auch nur brauchbares Urteil erwarten, falls man nicht fest daran glaubt, daß die Gerechtigkeit auf jeden Fall obsiegen wird?

Darum stürzen sich Angehörige der deutschen Kultur für eine vermeintlich gerechte Sache ziemlich unbedacht in einen Kampf. Diese Bedingung sorgt schließlich dafür, daß nichts schiefgehen kann. Was aber, wenn es dann doch schiefgeht?

Vielleicht hätte ich einen Punkt gleich deutlicher hervorheben sollen: Es ist nicht so, daß ich mit Karate angefangen habe und mir dann auf einmal kein Schläger mehr etwas anhaben konnte. Ich steckte weiterhin Niederlage um Niederlage ein. Dabei gibt es doch keine noch gerechtere Sache als sich gegen einen Angriff zu wehren, dem man nur deshalb ausgesetzt ist, weil man offensichtlich (zumindest scheinbar) der Schwächere ist?

Verliert man nun trotzdem, dann muß man sich doch fragen, woran das nur liegen kann? Immerhin haben wir gegenüber unseren Vorgängern im Mittelalter doch das Glück, nicht von einem Schwert durchbohrt worden zu sein. Jene Unglücklichen konnten nur noch im Jenseits darüber sinnieren, wo die Gerechtigkeit war, an die sie glaubten. Sie hatten alle geschworen für eine gerechte Sache zu kämpfen und deshalb ihren eigenen Sieg zu erwarten. Müssen wir nicht schon deswegen, weil wir überlebt haben, herausfinden, wie sich die Sache mit Sieg und Niederlage wirklich verhält?

Sollte ich auf den Weg der Kampfkunst geführt werden? Ich kann dir nicht sagen, wohin dich deine Niederlagen führen oder führen wollen. Ich kann dir nur sagen, daß mich meine Niederlagen auf den Weg der Kampfkunst führten und führen wollten. Ich kann dir auch sagen, daß man in der Kampfkunst jedem dankbar ist, der einen auf Fehler oder Schwächen hinweist und sei es dadurch, daß man im Kampf besiegt wird.

Aber wieso führten mich meine Niederlagen auf den Weg der Kampfkunst, wenn sich die Niederlagen dann doch nur fortsetzten? An dem Punkt muß ich, vor allem mir selbst gegenüber, zugeben, daß ich mich mehr mit Recherchen befaßte als mit ernsthaftem Training. Karate ist nämlich eine nur noch verstümmelt überlieferte Kampfkunst, die sehr dazu geeignet ist, den Forscherdrang faustischer Menschen zu wecken. Vor allem fragt man sich, wie die Asiaten es geschafft haben, große Teile ihrer Kampfkünste zu behalten und zu Kulturgütern zu machen, während die der Europäer verlorengingen.

Die Kampfkunst brachte mich schließlich dazu, einiges über Buddhismus zu lernen. Darauffolgend dann auch über andere Religionen, Kulturen, deren Geschichte, und schließlich fremde Sprachen. Dazwischen weckte die Kampfkunst auch mein Interesse an den Naturwissenschaften, weil es im Kampf sehr hilfreich ist, das Wirken physikalischer Kräfte und die Funktionsweise des menschlichen Körpers zu verstehen. Dieses Interesse hätte wohl auch auf andere Weise geweckt werden können. Für mein Interesse an anderen Kulturen ist das eher unwahrscheinlich.

Das ist logisch richtig. Es fand nicht in der Welt und unter den Regeln statt, die ich bei aller Historie zu Grunde legen durfte. Vielmehr war da kein Fundament mehr, daß ich hätte nutzen können.
Schlimm war das Erlebnis, daß anstatt blankem Entsetzen im sozialen Umfeld, keiner aus seiner „Spekulatius-mit-warmer-Milch-Rolle“ rauskam, und nichts verstand.

Ich bin auch deshalb auf die ostasiatischen Kampfkünste eingegangen, um zu zeigen, daß aus anderen Kulturen Lösungen kommen. Aus anderen Kulturen habe ich sogar immer nur Lösungen erfahren, während aus der deutschen Kultur immer nur Probleme kamen. Das sind Erfahrungen aus erster Hand, teils am eigenen Leib.

Die beiden wichtigsten Regeln der Strategie lauten immer: Erstens, kenne deinen Feind! Zweitens, kenne dich selbst! Bevor man sich auf etwas einläßt, sollte man immer wissen was das ist und mit wem.

Hätte ich nicht gegen geltendes Recht verstoßen, darfst Du Dir sicher sein, daß ich diesen Menschen zum Schutze der Allgemeinheit aus dem „Pool“ genommen hätte.

Theoretisch bin ich der Meinung, daß es Fälle gibt, in denen geltendes Recht in der Abwäägung den Kürzeren ziehen muß. Praktisch könnte ich so etwas wohl auch nicht durchziehen.

Mit all dem asiatischen Gehampel kommst Du in solchen angsterfüllten Situationen nicht so weit, wie es Dir der Verstand verspricht.

[...]

Du siehst, mit Deiner überlegenen Logik, daß das Ringen gegen das Boxen gewonnen hat, aber das gilt eigentlich immer in Konstellationen in denen es nur darum geht, das Opfer zu Boden zu bringen, um es dann zu traktieren. Nicht jeder Ringer wird eine Insulinspritze in seinem Kimono haben.

Nein, das ist sogar eine Kampfweise, mit der ich noch nie konfrontiert wurde. Ich war davon ausgegangen, daß Deine körperlichen Schäden verheilt sind und wir uns darum über die seelischen Verletzungen unterhalten könnten.

In Zusammenhang mit Spritzen kann ich nur eine Nachricht zum besten geben, die ich kürzlich mitbekommen habe: Ein Hochstapler, der eigentlich Theologe ist, hatte sich als Arzt ausgegeben und 306 Leute gegen Corona geimpft und 1144 weitere Corona-Impfungen durch Fachpersonal angeordnet. Jetzt sieht er sich mit einer Anklage wegen Gefährlicher Körperverletzung konfrontiert.

Nachdem ich so sehr von Deinen Kampfkünsten profitieren durfte, erhoffe ich mir einiges an Expertise in Sachen Liebe und deren Na(c)hkampfdisziplinen.

Ich glaube nach wie vor, daß es Liebe nicht gibt, und ich lebe nach wie vor zölibatär. Darum kann ich nichts zur Liebe sagen. Aber ich kann einen Blick von außen auf die biologischen Triebe werfen, die oft für Liebe gehalten werden.

Menschen sind Affen und verhalten sich darum nicht viel anders als Schimpansen oder Paviane. Zwar denken wir gerne, daß wir wenigstens nicht so erbärmlich sind, schon durch einen roten Hintern fremdgesteuert zu werden, aber auch Menschenweibchen zeigen durch rote Farbe ihre fruchtbaren Tage an und Menschenmännchen reagieren darauf: https://www.planbaby.de/blog/bei-eisprung-sehen-manner-rot/

Wenn ein Menschenmännchen jedoch Ansprüche auf ein Menschenweibchen erhebt, dann darf das Menschenmännchen davon ausgehen, daß es sich ziemlich sicher bereits mit dem Menschenweibchen verdorben hat. Menschenweibchen haben es nämlich garnicht gerne, wenn man Ansprüche auf sie erhebt. Wenn man dazu auch noch in das Revier eines anderen Menschenmännchens eindringt, dem sich das Menschenweibchen bereits zugehörig fühlt, dann tritt man als Rivale auf und hat erstmal alle gegen sich. In dem Fall werden auch konkludente Handlungen wie ungefragte Hilfeleistungen als Angriff auf die Paarbeziehung und/ oder Herausforderung des dominanten Menschenmännchens aufgefaßt.

Zum Glück ist das garnicht notwendig. Eigentlich ist das Menschenmännchen nämlich hinter etwas anderem her: https://www.heise.de/tp/features/Der-Anblick-des-Schoenen-wirkt-wie-Rauschgift-3453338.html

Warum sich auf etwas einlassen, wenn schauen doch reicht?

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Mindestens sollte man die Kosten-Nutzen-Rechnung neu überdenken.

Eine Fähigkeit gibt es, in der der Mensch allen anderen bisher bekannten Lebewesen weit überlegen ist. Das ist die Mustererkennung. Wir können uns an den Tarnfarben und Tarnmustern anderer Tiere erfreuen. Weil die Tarnung uns gegenüber nicht wirkt. Mit unserer Mustererkennung können andere Arten nicht mithalten. Einer der Mechanismen, der unsere Mustererkennung so überlegen macht, heißt Pareidolie: Bevor der gesamte Vorgang der Mustererkennung durchlaufen wird, erfolgt ein Vorabtest ob ein Muster in ein wichtiges Schema paßt. Gesichter sind für Menschen ein wichtiges Schema. Erst wird daher immer geprüft, ob ein Gesicht vorliegen könnte. Daher können wir sogar ein Gesicht in einem Gebirge auf dem Mars erkennen oder in Baumrinde oder in Tapetenmustern, auch wenn da eigentlich kein Gesicht ist. Bevor ich wußte, was dahintersteckt, fand ich dieses Phänomen übrigens ziemlich gruselig.

Die Pareidolie verschiebt die Kosten-Nutzen-Rechnung noch weiter. Für eine Dosis Endorphine brauchen Menschenmännchen nämlich nichtmal ein echtes Gesicht. So eines reicht auch:

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Etwa nicht?

Gruß,
Shiro


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