Cayces Atlantis verglichen mit Goddios Herakleion (Freie Themen)

Pat @, Sonntag, 07.11.2021, 13:54 (vor 873 Tagen) @ aber (655 Aufrufe)
bearbeitet von Pat, Sonntag, 07.11.2021, 14:21

Hallo aber!

Guelb er Richat sieht visuell schon eindrücklich aus.

"Gegenstand des Interesses sind zum Einen die Themen an sich, mit denen man sich bei den eigenen Recherchen beschäftigt. Atlantis ist ein zu funkelndes Juwel, als dass man als Schatzjäger seine Finger davon lassen könnte."

In der Tat! Wobei man zwischen Cayces Atlantis und Platons Atlantis unterscheiden sollte.

Cayces Atlantis = eine kontinentale Ur-Zivilisation mit Elektrizität, Heizung, Schiffen, Flugzeugen etc. (mit Reichweite letztlich bis Ägypten und Yucatan), hat für mich die hypothetisch interessante Frage aufgeworfen, ob es für solch ein Szenario irgendeine plausible Begründung gibt, ausser Cayce-Gläubigkeit oder Science-Fiction Vorlieben.

Der Autor und Linguist Charles Berlitz hat die Möglichkeit einer frühen "Superzivilisation" mit modernen und uns noch unbekannten Erfindungen nicht ausgeschlossen ( Quelle), war aber wohl – besonders in seinem Spätwerk – ebenfalls von den Cayce-Readings beeinflusst (Quelle).

Dagegen scheint Hancocks allgemeine These prüfenswert, was die Anfälligkeit unserer Zivilisation für ein Impakt-Szenario betrifft: Wir sind sehr stolz auf unsere technologischen Errungenschaften. Wir haben aber keine starke Gesellschaft entwickelt. Die Technologien funktionieren über Netzwerke. Niemand besitzt alle Teile des Puzzles. Wir kooperieren zusammen. Aber falls es wieder zu einem Kometen-Impakt, wie vor 12’800 Jahren käme [ siehe auch Quelle], dann würden all die fragilen Netzwerke, die unsere Gesellschaft verbinden, auseinanderfallen. Ich glaube nicht, dass unsere Zivilisation solch einen Kataklysmus überleben würde. Jäger und Sammler bzw. noch heute existierende Naturvölker – die Meister des Überlebens sind – würden den Impakt überleben [je nach Standort]. Wir würden nicht überleben. Die meisten zivilisierten Menschen verfügen nicht über die geringsten Überlebens-Fähigkeiten (survival-skills). Die Nahrungsversorgung der Städte geschieht in einem 3 Tages-Ablauf. Nach drei bis vier Tagen würden die Leute bereits zu verhungern beginnen. Wie schnell und radikal unserer Gesellschaft nach solch einem Kataklysmus zusammenfallen würde, ist fast unmöglich zu beschrieben. Die Leute, welche unsere Geschichte bewahren würden, wären die Jäger und Sammler. 10’000 Jahre später würden deren Nachkommen evtl. eine Geschichte erzählen: Dass es früher einmal eine Zeit gab, mit einer grossartigen Zivilisation auf Erden, die so fortgeschritten war, dass sie Leute zum Mond hinauf sandten und um die Welt herumfliegen konnten. Aber etwas ging schief; sie wurden grausam und arrogant. Ihr Wohlstand ging nicht mehr mit Mässigung einher. Und das Universum zerstörte sie (Quelle)

Also, das war Grahams erbauliches Wort zum Sonntag :lehrer:

Der Grund, warum es mir unplausibel erscheint, jenes – an sich einleuchtende – Szenario, hypothetisch ebenso auf das Cayce'sche Szenario einer zerstörten hochtechnologischen Ur-Zivilisation in die Urzeit zu übertragen (ganz abgesehen davon, dass Cayces Atlantis-Readings mit sehr zweifelhaften biblischen und esoterischen Vorstellungen durchtränkt sind), liegt nicht nur darin, dass bis jetzt keine ("ur-modernen") Flugzeuge oder Schiffe archäologisch ausgegraben wurden. Sondern vielmehr auch darin, dass folgende Funde – nachfolgend nur ein Beispiel – tatsächlich entdeckt wurden:

=> ein 300'000 Jahre [!] alter Wurfstock aus Fichtenholz im niedersächsischen Schöningen.
https://www.scinexx.de/news/geowissen/aeltester-wurfstock-der-welt-entdeckt/

Wenn nun eben hölzerne Wurfstöcke – trotz sämtlicher, weltweiten Kataklysmen – zum Vorschein kommen, leuchtet es nicht ein, dass aus der angeblichen Cayce’schen kontinentalen Super-Zivilisation überhaupt nichts entdeckt wurde (was allerdings auch nicht bedeutet, dass es früher gar keine Technologien gab).

=> Cayces "Super-Atlantis" ist jedenfalls für die :tonne:

Dafür können die Schatzjäger den Fokus auf das - sehr wahrscheinlich - reale Atlantis richten, das durch Platons valide Quelle beschrieben wird und nur darauf wartet (ähnlich wie Troja), endlich entdeckt zu werden :ok:

Zumal es eine Tatsache ist, dass die moderne (Meeres-)Archäologie-Forschung erst kürzlich richtig begonnen hat …

"wissenschaftliche Vorgehensweise geht anders"

Ja, natürlich!

Als wissenschaftliches Vorbild für die Atlantisforschung sei auf Goddios Suche nach der untergegangenen Stadt Herakleion hingewiesen. Die versunkene Stadt lag die ganze Zeit, fast vor der Nase der Leute, in der Bucht von Abukir verborgen.

Mich hat besonders interessiert, aufgrund welcher Voraussetzungen und Quellen Goddio seine Suche begann. Franck Goddio ist studierter Statistiker und war früher Finanzberater. Mit 36 Jahren beschliesst er, sein Leben der Meeresarchäologie zu widmen.

- Ein Archäologe erzählt ihm davon, dass in der Bucht von Abukir versunkene Städte liegen. Konkreter: Ein Pilot habe schon in den 40iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts von seltsamen Konturen berichtet, die er von oben im Wasser gesehen habe [Doku 7:51]
- Das Nilmosaik von Palestrina berichtet über das Leben im Nil-Delata vor über 2000 Jahren, wobei allerdings nicht klar war, was Fiktion und Realität ist [Doku 03:44]
- Es gab wenige Texthinweise: Herodot sprach von einem Tempel in Herakleion. Theodor sprach von einer Hafenstadt an der Mündung des kanopischen Nilarms. Strabon sprach von einer myteriösen Stadt namens Thonis, erwähnte aber auch Herakleion [Doku 4:15, ohne weitere Quellenangaben].

Hinzu kommt noch, dass Goddio modernste magnetografische Instrumente entwickelte – ein Nuklear Resonanz Magnetometer – womit die gesamte Bucht von Abukir zuerst systematisch erfasst wurde, bevor sich ein internationales Team aus Wissenschaftlern und Tauchern überhaupt in das trübe Wasser wagte.

=> Eine der genialsten archäologischen Film-Dokumentationen, die ich bis heute gesehen habe:
Ägyptens versunkene Hafenstadt. Ein Mythos taucht auf (Arte/2013). https://vimeo.com/66191256

Ein guter und kürzerer Einblick bietet ebenfalls Goddios Webseite: https://www.franckgoddio.org/projects/sunken-civilizations/heracleion/

Viele Grüsse, Pat


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«Die Kritik der Religion endet mit […] dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.»
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«Also war die Kritik der Utopie implicite bereits eine Kritik der Technologie in der Vorschau ihrer extremen Möglichkeiten.»
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«Das ist wirklich ein zu weites Feld.»


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