Alternativen zum Geist-Körper-Dualismus von Descartes (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

Pat @, Freitag, 30.07.2021, 14:30 (vor 1000 Tagen) @ Fenrizwolf (561 Aufrufe)
bearbeitet von Pat, Freitag, 30.07.2021, 14:43

Hallo Luzifer, Hallo Fenrizwolf

Descartes ging von der Annahme aus, dass die Zirbeldrüse eine Art "Brücke" zwischen Seele und Körper sei; genauer: "Es gibt im Gehirn eine kleine Drüse, in der die Seele ihre Funktionen ganz besonders ausübt, mehr als in den anderen Teilen."
Er begründet dies kurz gesagt dadurch, da sonst alle anderen Organe wie Augen, Ohren etc. zwei Mal vorkommen, dass es einen Ort geben müsse, in dem die doppelten Eindrücke der Sinne zu einem gesammelt werden, bevor sie die Seele erreichen (Descartes, Die Passionen der Seele, Erster Teil, Artikel 31 und 32).

Während mir seine grundlegende Einsicht "Ich bin, Ich existiere" ("Ego sum, ego existo") einleuchtet - finde ich es problematisch, wie Descartes Geist und Körper als zwei verschiedene Substanzen definiert (Descartes, Meditationen über die Erste Philosophie).
Aus dieser Sichtweise - denkender Geist gegenüber einer mechanistischen, toten Materie - entstand dann in der Moderne ein szientistischer Reduktionismus: Sämtliche geistigen Vorgänge und Erfahrungen sind nur das Produkt des Gehirns; innerhalb eines Kosmos, der wie ein "mechanisches" Räderwerk funktioniert.

In der Geisteswissenschaft bildet die Phänomenologie - besonders bis hin zur Philosophie von Thomas Nagel ( https://as.nyu.edu/content/nyu-as/as/faculty/thomas-nagel.html )- ein Gegenwicht zu einem einseitigen Materialismus. Seitens der Naturwissenschaften denke ich auch, dass Erklärungen, wie sie aus der Quantenphysik entstehen, viel besser geeignet sind, um zur Erforschung des Geist-Körper-Problems beizutragen, als die klassische Physik. Besonders wenn zugestanden wird, dass die Quantenphysik keine bloss statistische Erklärung anbietet, sondern auch - hinsichtlich der Photosynthese - auf dem Gebiet der Biologie Einzug gefunden hat:

"Pflanzen können Sonnenlicht mit hoher Effizienz in chemische Energie umwandeln. Wie sie das schaffen, ist bis heute nicht geklärt. ETH-​Physiker haben nun ein quantenphysikalisches Modell gebaut, das diese Frage beantworten soll."
https://www.phys.ethz.ch/de/forschung/highlights/research-highlights/2017/04/geheimnis-der-pflanzen-lueften.html

Ob die Penrose-Hameroff Theorie für das Geist-Körper-Problem bahnbrechend sein wird, weiss ich nicht, aber Roger Penrose ist auf jeden Fall ein Genie. Falls mir jemand eine gute und verständliche Zusammenfassung seiner Bücher - The Emperor's New Mind, Shadows of the Mind oder Cycles of Time - empfehlen kann, würde mich das freuen. :lesen:

Nach meinem Wissensstand wird übrigens in einer monistischen, indischen Philosophie durchaus auch zwischen dem raum- und zeitlosen Atman und dem vergänglichen Sinnes- und Wachbewusstsein unterschieden, ohne in dualistischer Weise von verschiedenen Substanzen auszugehen.

Was die Organtransplantation betrifft, frage ich mich, ob es nur eine Frage der Zeit ist, bis Gehirntransplantationen möglich sind, oder ob dies nie ganz gelingen kann. Jedenfalls wirkt die Vorstellung, es könnte gelingen, sehr gruselig und dystopisch.

Viele Grüsse, Pat


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«Die Kritik der Religion endet mit […] dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.»
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«Also war die Kritik der Utopie implicite bereits eine Kritik der Technologie in der Vorschau ihrer extremen Möglichkeiten.»
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«Das ist wirklich ein zu weites Feld.»


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