Das ist zu zwei Dritteln richtig (Freie Themen)

Isana Yashiro, Freitag, 05.02.2021, 07:38 (vor 1148 Tagen) @ Giraffe (1200 Aufrufe)

Hallo!


Vielen Dank für den Beitrag, er gibt mir Raum um über meine Annahmen zu reflektieren.

Du schreibst:
"Wenn man allerdings das Außenherum mitbetrachtet, dann kann man relativ schnell bemerken, daß es den schlimmsten Fall der Fälle nicht gibt, weil der nur ausgedacht und zur Ideologie geworden ist. "

Wenn ich es richtig verstehe ist eine Ideologie wenn man annimmt dass der schlimmste Fall eintrifft. Und mit dem schlimmsten Fall meinst du die Problematik der Explosion der Atomkraftwerke während eines länger anhaltenen Stromausfall, richtig?

Das ist das Drittel, in dem Du mich mißverstehst. Eine Ideologie ist, wenn man den angenommen Fall an die Liste in https://schauungen.de/forum/index.php?mode=entry&id=54850 anhängen kann, weil er sich gut einfügt.

Weiterhin ist es eine Ideologie dass nach dem Zusammenbruch sozusagen ein himmelsgleiches miteinander Leben zu Tage kommt.

Ja, goldrichtig. Wenn es vorher nicht klappt, warum sollte es dann hinterher klappen? Das wäre zu ernten ohne vorher gesäät zu haben. Im Kern eine Übernahme der katholischen Lehre, weil die davon ausgehen muß, daß man ernten kann ohne vorher gesäät zu haben, weil die von der katholischen Kirche gelehrte Auferstehung des Leibes erfordert, daß man diesen anschließend auch ernähren kann. Zeitgenössische Kommunisten haben die Idee, ernten zu können ohne vorher gesäät zu haben, ebenfalls von der katholischen Lehre übernommen, können das jedoch niemals zugeben, weil sie Religion ablehnen.

Eine Ideologie ist es auch wenn man annimmt dass all die skrupellosen Menschen dieses Szenario nicht überleben würden, denn genau das Gegenteil wäre der Fall.

Ja. Wenn sich die Beiträge in Prepperforen durchliest, dann sollte man zu dieser Einsicht gelangen.

Verstehe ich es soweit richtig?

Bis auf den Teil, daß explodierende Atomkraftwerke nur ein Spezialfall wären, ja. Andere Untergangsszenarien wie das Ende aller Treibstoffe oder ein Bombardement aus dem All will ich ausdrücklich miteinschließen.


Oder meinst du mit Ideologie das Eintreten eines landesweiten Stromausfalls an sich?

Das wäre eher ein Zeichen dafür, daß man nicht weiß, daß elektrischer Strom aus Deutschland das tschechische Stromnetz immer wieder an den Rand des Zusammenbruchs bringt, weil unsere Nachbarn seit vielen Jahren die Defizite des maroden deutschen Stromnetzes ausgleichen müssen. Dank der Erneuerbaren Energien produziert Deutschland nicht zu wenig Strom, sondern zu viel! Sommer für Sommer, während die Franzosen ihre Atomkraftwerke abschalten, weil Atomkraftwerke plus die mit denen unverträgliche Sommerhitze sogar den Franzosen zu gefährlich sind. Ein Stromnetz auf diese Art zu betreiben ist durchaus gefährlich. Aber du kannst nirgendwohin fliehen, weil das Stromnetz international ist. Falls es zusammenbricht, dann wird es nie wieder hochfahren, weil die Techniker nichts von deinen Notfallvorräten haben. Du würdest all jene Leute, denen du nichts abgibst, ersetzen müssen. Könntest du das? Oder würdest du nur langsamer sterben?

Die einzige Hoffnung wäre die, daß die deutsche Regierung ihre starrköpfige Haltung, koste es was es wolle auf keinen Fall anstehende und sich seit Jahrzehnten stauende Investitionen oder auch nur die notwendige Instandhaltung anzugehen, aufgeben würde. Das Einzige, das einen Politiker zum nachdenken bringen kann, ist das Erlebnis einer Gefahrensituation am eigenen Leib. Also wenn er zum Beispiel mal wegen eines Stromausfalls in einem Fahrstuhl feststeckt. Das könnte den Politiker dann dazu bewegen mal über einen Stromausfall nachzudenken. Zum Glück sind solche lokal begrenzten Defekte viel wahrscheinlicher als der sofortige und vollständige Zusammenbruch des Stromnetzes. Nicht zuletzt deshalb, weil dieses international ist und daher nicht der alleinigen Willkür deutscher Politik unterliegt. Was es besser macht ist nicht das Ausland, sondern die Dezentralität.

Ps. Der folgende Satz ist interessant "Niemand will sterben, aber jeder will in den Himmel."
Ich interpretiere ihn so, dass eigentlich jeder sterben will, dies lediglich nicht verstanden hat.

Aha. Ich habe den Satz nur irgendwo gefunden und dann zitiert. Daher weiß ich nicht, was der Autor damit ursprünglich beabsichtigte. Ich interpretiere ihn jedenfalls so, daß man nicht ernten kann ohne vorher gesäät zu haben. Das heißt das Paradies zu erreichen besteht eigentlich darin, die Angst vor dem Tod zu überwinden.

Also ich will nicht leugnen, daß es Gefahren gibt. Aber sie zu einem möglichen Weltuntergang aufzublähen und dann anzunehmen, daß man den nur überleben muß, damit sich hinterher ein Paradies einstellt, ist immer eine Ideologie. Ich versuche mal das am Beispiel der Ukraine zu erklären: Die Leute am östlichen Ende der Ukraine konnten sich nie vorstellen, daß ihre Landsleute eines Tages auf sie schießen würden. Obwohl es solche Drohungen seit spätestens 2004 gab ist weiterhin zehn Jahre lang nichts Ernsthaftes passiert. 2014 haben plötzlich Ukrainer angefangen auf andere Ukrainer zu schießen. Dieser Krieg dauert bis heute an. Offensiven gibt es praktisch nur von Kiew aus Richtung Osten. Aus dem Kriegsgebiet wurde berichtet, daß mit deaktivierten Artilleriegranaten geschossen wird, weil die Ukrainer eigentlich keine anderen Ukrainer töten wollen, sondern lediglich dazu gezwungen werden. Obwohl der Krieg nun schon über sechs Jahre dauert, hat sich für die Überlebenden kein Paradies eingestellt. Auf Kiewer Seite werden weiterhin junge Leute an die Front gezwungen. Auf der neurussischen Seite riskieren die Menschen weiterhin ihre Leben, nur weil sie in ihrer Heimat geblieben sind. Es kann höchstens sein, daß der eine odere andere Gefallene ins Paradies eingegangen ist. Je länger der Krieg dauert, desto mehr wird zerstört, desto mehr kann man hinterher neu bauen, aber desto mehr Leute sterben auch. Ein Paradies wird sich nicht einstellen. Weil das dann schließlich schon nach anderen Kriegen und nach anderen Katastrophen hätte passieren müssen. Die Überlebenden auf der neurussischen Seite sind auch nicht diejenigen, die einen Plastiksack in der Badewanne hatten, sondern diejenigen, die das Glück hatten, relativ weit entfernt von der Frontlinie zu wohnen. Natürlich wußte vorher niemand, wo sich die Frontlinie bilden würde.

Noch etwas: Sollte irgendjemand den Krieg in der Ukraine korrekt vorhergesagt haben, dann war es offensichtlich trotzdem nicht möglich ihn zu verhindern.

Gruß,
Shiro


Gesamter Strang: