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Keine Wiederkehr des Kommunismus (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Montag, 10.08.2020, 12:54 (vor 1326 Tagen) @ xsurvivor1 (1339 Aufrufe)

Hallo!

Daß die EU bzw. das kapitalistisch-demokratische System derzeit, in seiner Endphase sozialistische Tendenzen annimmt, liegt nicht an Unterwanderung durch einen angeblich noch existierenden Kommunismus, sondern schlicht an der inneren Logik dieses Systems, das ähnlich wie der Kommunismus mit natürlichen Gesetzmäßigkeiten in Konflikt gerät. Sobald diese Phase eintritt, muß ein kapitalistisches oder kommunistisches System innerhalb der materialistisch-rationalistischen Dialektik Züge der jeweiligen Gegenseite annehmen.

  • Als die Ideologie der völligen Vergemeinschaftung und Planbarkeit der Gesellschaft und des Lebens an den Grundtatsachen scheiterte, daß Pläne stets mit Unvorhersehbarkeiten kollidieren (und die menschliche Leistungsfähigkeit ohne Eigentum und selbsterwirtschafteten Lohn aus eigener Arbeit weit unter das Niveau fällt, das sie haben könnte), mußte sich der Sozialismus liberalisieren, was zur erzwungenen Selbstauflösung des Systems führte.
  • Nun gerät die kapitalistische/debitistische Funktionsweise des Antriebs der Wirtschaft durch Geldschöpfung aus dem Nichts und daraus resultierendem Wachstumszwange allmählich mit den natürlichen "Grenzen des Wachstums" in Konflikt, was dazu führt, daß die bislang liberalen Märkte durch zunehmende Eingriffe ("Helikoptergeld", Nullzinspolitik, Abschaffung des Insolvenzrechts,...) bei der Stange gehalten werden müssen, weil die Marktteilnehmer durch Flucht aus dem Geld das Hamsterrad zum Einsturz bringen würden. Es etabliert sich immer mehr eine Staatswirtschaft, die durch direkte oder indirekte Eingriffe die Menschen zu Arbeit/Produktion und Konsum zwingt (etwa durch Geldgeschenke, die dann irgendwie investiert werden müssen). Gleichzeitig wird Kritik am System durch moralisierende Einengung des Korridors des Denkbaren sowie sanfter oder offener Gewalt eingehegt.
    Das ist kein reiner Sozialismus, sondern sozialismusartig, vermutlich ohne daß es den meisten der Funktionseliten bewußt werden würde. Für den reinen Sozialismus fehlt eine große, vereinheitlichende Ideologie und eine Revolution, die im Nachgang mythologisch glorifiziert werden kann. Was hier passiert, ist kein proklamierter Fortschritt zu einer besseren Welt durch Überwindung des Alten (mehr), sondern die mit ausufernden Zwangsmaßnahmen versuchte Bewältigung einer Dauerkrise, in die wir über Jahre und Jahrzehnte langsam und zuletzt immer schneller hineingeraten sind.

Man könnte nun spekulieren, daß nach einem künftigen bürgerkriegsartigen und von Unruhen geplagten Zusammenbruche des Systems sich ein "reiner Sozialismus" etablieren und der Westen tatsächlich "kommunistisch" werden könnte. Allerdings scheinen mir hierfür die Voraussetzungen zu fehlen. Während der Sowjetkommunismus über Jahrzehnte eigentlich starke Völker mit funktionierender Wirtschaft allmählich herabwirtschaften konnte, liegt die westliche Zivilisation materiell, gesellschaftlich und geistig völlig am Boden. Die Erosion hat hier auch rund 120 Jahre früher angesetzt als in Rußland, nämlich mit den französischen und amerikanischen Revolutionen und der anhebenden Industrialisierung.

  • Die Rohstoffe: aufgebraucht.
  • Die Industrie: abgebaut und ausgelagert.
  • Das Arbeitsethos: durch Beseitigung der meisten Lebenshärten, eine selbstbezogene Geisteshaltung, die Aufopferung für Höheres nicht kennt und die Etablierung eines Dauervergnügungsparks mit Rundumversorgung bis zum Lebensende untergraben.
  • Die Familien: zerstört, die Individuen vereinzelt und in ihren sozialen Fähigkeiten verkrüppelt, die Geschlechtsidentitäten verflacht und verwaschen, so daß weitgehende Orientierungslosigkeit herrscht.
  • Die Wissenschaften: ausgehölt, um Glaubensdogmen und gesellschaftlich vorgegebene Wunschvorstellungen sophistisch zu bestätigen.
  • Die Demographie: völlig auf den Kopf gestellt, indem einer zu kleinen leistungsfähigen Jugend ein Übermaß an Alten gegenübersteht. Es gibt zu wenige Leistungsträger und zu viele Leistungsempfänger, zu denen auch die aus anderen, geistig nicht kompatiblen Kulturen stammenenden Zuwanderer gehören, welche die Lücken auffüllen sollen.

Es ist keine Substanz mehr vorhanden, an der ein weiteres materialistisch-rationalistisches System nagen könnte. Kein denkbares System ist fähig, die Voraussetzungen der eigenen Existenz selbst zu schaffen. Sie zehren alle von älteren geistig-kulturellen Grundlagen, die sich über Jahrhunderte organisch entwickelt haben. Ein Staat kann diese Grundlagen allenfalls pflegen und erhalten. Er kann sie aber nicht per Dekret in die Welt setzen. Sie entwickeln sich bei Abwesenheit eines absoluten bzw. totalitären Staates, indem man den Menschen die Mögklichkeit gibt, ihr Leben selbst auf die Reihe zu bekommen. Erst nach Jahrhunderten organischen Wachstums in einer geistig-kulturellen (und religiös begründeten) Tradition sitzen Großstaaten dar vereinheitlichend auf und organisieren dieses Leben (letztlich zu Tode).
In der Zivilisation hat sich nach inneren Kämpfen innerhalb des ideologischen Spektrums die eine oder andere Art der inneren Organisation durchgesetzt. Auf dieser Schiene laufen die Systeme, bis sie an ihren inneren Widersprüchen kollabieren und von einem bereits existierenden Alternativsystem geschluckt werden, bis dieses ebenfalls kollabiert. Der Sozialismus ist als erster gescheitert, die Ausscheidungen wurden vom Kapitalismus aufgenommen. Nach dessen Scheitern gibt es kein existierendes, organisatorisch bereits etabliertes Alternativsystem mehr, das energetisch relativ günstig in die entstandene Leere hineinströmen könnte. Es wäre nötig, ein solches System von Grund auf, mit immensem Arbeitsaufwande und Entbehrungen neu zu bauen. Hierfür ist aber, wie gesagt, keine Substanz mehr vorhanden, die aber auch organisatorisch nicht hergestellt werden kann. Es wird nicht dazu kommen, daß der Kommunismus nach über 30 Jahren einer kapitalistischen Maskerade die Hüllen fallen läßt, um dann aus dem Stande und von Null aufbauend ein neues planwirtschaftliches System mit kommunistischer Staatsreligion einzurichten, als ob das 20. Jahrhundert, als ob die Erosion der kommunistischen Ideologie ebenso wie die jahrhundertelange Erosion der Substanz der westlichen Nationen nie stattgefunden hätten.

Das derzeitige System läuft seinem natürlichen Ende entgegen: Dem Scheitern seiner erklärten und impliziten weltanschaulichen Grundlagen sowie der Pläne und Vorhaben seiner Eliten. Aus den rauchenden Trümmern kann sich etwas neues entwickeln, wenn die Überlebenden gezwungen sind, nach Auflösung aller staatlichen Institutionen ihr Leben wieder selbstverantwortlich von unten her zu bewältigen. Bis dahin werden wir eine sozialismusartige Endphase erleben, die letztlich im Chaos endet, weil es mangels Substanz nicht möglich ist, ein neues System aufzubauen.

Ist Russland insgeheim kommunistisch?
https://www.weltoktober.de/kommunistisch.html

Rußland geht auf einem pragmatischen, weitgehend ideologiefreien Weg eines demokratisch getünchten Despotismus, der von einem starken Präsidenten ausgeht, an dem sich der Nachglanz der verlorenen Monarchie widerspiegelt. Es scheint der Notwendigkeit, organisatorisch nicht schaffbare geistig-kulturelle Substanz zu pflegen und zu erhalten, um lebensfähig zu bleiben, vergleichsweise nahe zu kommen.
Es gibt nirgendwo auch nur das geringste Anzeichen eines fortdauernden Kommunismus. Gewisse Personaldeckungen des jetzigen Staates mit Behörden der Sowjetunion sind hierfür nicht ausreichend, da es unter diesen Personen ebenfalls keine Anzeichen einer Ideologietreue zum Marxismus gibt.
Man muß schon sehr verblendet sein, um Indizien einer Langzeitstrategie zu erkennen. Der von Dir verlinkte Artikel strotzt vor unbelegten Behauptungen und Verbiegungen, um Ereignisse und Äußerungen in die Bestätigung der eigenen Weltsicht einzupassen. Dazu passend weist der Autor einen Duktus des Besserwissens mit Alleinvertretungsanspruch auf, wie es ins Fundamentalistische gekippten Weltanschauungen eignet.

Dazu passend ein "Witz" von 1935:
"Spendet der Jude für das Winterhilfswerk, dann verstellt er sich.
Spendet er nicht, dann zeigt er sein wahres Gesicht!"

Und auf diesem erbärmlichen Zirkelschlußniveau bewegen sich die Anhänger der Langzeitstrategie. Man muß nur "Jude" durch "Russe" ersetzen.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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