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Lied der Linde = Gegenwartsbeschreibung 1920 (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Mittwoch, 17.06.2020, 07:09 (vor 1371 Tagen) @ peridot (2893 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Mittwoch, 17.06.2020, 07:15

Hallo!

Der Ansatz ist spannend, gibt es eine Quelle, wo auch die restlichen Strophen so logisch nachvollziehbar entkräftet werden?

Hier z. B. der Beitrag, den ich, kurz nachdem die Originalquelle des Liedes entdeckt wurde, verfaßt habe:
https://schauungen.de/forum/index.php?id=8647
Dieser Stand ist aber vorläufig und veraltet. An verschiedenen Stellen sind wir seitdem schon weiter gekommen.

Was ich meine ist:

Zehre, Magen, zehr‘ vom deutschen Saft,
bis mit einmal endet deine Kraft,
krankt das Herz, siecht ganzer Körper hin,
Deutschlands Elend ist der Welt Ruin.

Die Strophe erklärt sich gänzlich aus dem Eindruck des Versailler Diktates und bringt die Befürchtungen des Autors zum Ausdruck. Irgendwelche deuterischen Bezüge zu den Ergebnissen des Zweiten Weltkrieges und dessen bis heute andauernden Folgen, sind rein zufällig. Vom Zweiten Weltkrieg hat das Lindelied keine Ahnung, da die Endzeit und der Kaiser darin nahtlos auf die Gegewart folgen.

Diese Strophe, kommt vor dieser:

Arme werden reich des Geldes rasch,
doch der rasche Reichtum wird zu Asch‘,
ärmer alle mit dem großen Schatz,
minder Menschen, enger noch der Platz.

Die Inflation im Deutschen Reiche begann tatsächlich bereits mit dem Ersten Weltkrieg, siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Inflation_1914_bis_1923

"Im Januar 1920 hatte die Mark gegenüber dem US-Dollar nur noch ein Zehntel ihres Wechselkurses vom August 1914."

Während wir heute nur noch den Höhepunkt der Inflation 1923 verengend als die eigentliche Inflation wahrnehmen, hatte der Lindeliedautor auch davon keine Ahnung, sondern nahm allein die Gegenwart 1920 als bereits bedrückend wahr.

"Minder Menschen, enger noch der Platz" bezieht sich allein auf die Gebietsverluste durch das Versailler Diktat. Von den Ergebnissen des Zweiten Weltkrieges hatte der Autor keine Ahnung.

Auch hier gilt, daß der Text keine Elemente enthält, die nicht bereits aus der Gegenwart des Autors erklärbar wären und auf Präkognition hinwiesen.

Wenn das nicht wäre, dann wäre sofort ziemlich klar, dass das Lied der Linde eine Mischung aus Gegenwartsbeschreibung 1920, anti Demokratie Text und das ein oder andere mehr wäre.

Genau das ist es aber.

So, wie der Text in Gänze ist, könnte er jedoch auch eine Mischung aus Gegenwartsbeschreibung, Katholischer Lehre (Feindschaft gegenüber der Demokratie) und auch wahre Schauung sein.

Darauf gibt es allerdings keinen Hinweis, wenn man nicht mit viel gutem Willen unterstellen will, mit dem "braunen Freund am Tiber- und Ebrostrand" sei der Massentourismus gemeint. Ich vermute aber, Anfänge des Tourismus, die hier gemeint sein könnten, gab es in den wohlhabenderen Schichten auch bereits in den "goldenen Zwanzigern".

Wäre es nicht naheliegend für einen Menschen von vor 100 Jahren das gesehene mit den eigenen Vorstellungen zu vermischen?

So weit, daß sich das Gesehene völlig unerkenntlich in Vorstellungen und Zukunftserwartungen der eigenen Gegenwart verbirgt?

Es ist reichlich verkürzt alles pauschal als Fälschung abzutun.

Hier wird nichts "pauschal als Fälschung abgetan", da es sich in jedem einzelnen Falle begründen läßt.

Pauschal hieße unbegründet, weil es unbesehen mit einem Stempel versehen worden wäre, was wohl auch Intention dieser Unterstellung sein soll.

Die immer wiederkehrenden Motive lassen sich aus einen großen Datensatz isolieren, so könnte jeweils der Neue Anteil jeder Schauung extrahiert werden.

Wobei Du vorschnell unterstellst, ein Text sei eine "Schauung", aus der man nur das Neue extrahieren müsse. Von diesem Axiom ausgehend beweisen sich Glaubenwollende per Zirkelschluß selbst die gewünschten Schauungen, indem sie pauschal als seherisch betrachten, was tatsächlich nur die Projektionen älteren Stoffes durch den Autor in seine Gegenwart sind, die sich natürlich vom älteren Stoff unterscheiden müssen, weil sie diesen freilich interpretieren.

Tatsächlich sind die Texte zunächst mal Prophezeiungen, für deren seherischen Gehalt erhärtende Belege im Text gefunden werden müssen. Dies wären z. B. Elemente, die sich nicht aus der Gegenwart des Autors und den bereits damals existierenden älteren Prophezeiungen und endzeitprophetischen Vorstellungen erklären lassen. Kriterien für das Erkennen einer Schau wurden bereits formuliert:
https://schauungen.de/forum/index.php?id=53896
Prophezeiungen versagen bei diesen Kriterien in der Regel erbärmlichst. Deswegen aber die Kriterien zu lockern, wäre wieder der erste Schritt, sich einen prophetischen Privatglauben zu schustern, auf dessen Eintreffen man natürlich lange warten kann. Wenn nahezu alle Prophezeiungen durchfallen, dann ist dem eben so und die Erkenntnis lautet, das Unterthema "Prophezeiungen" tauge zur Zukunftsprognose eben nichts (anders womöglich bei Schauungen, wenn man an neue verlässliche Quellen käme).

Der Ansatz, in Form eines Negativabgleichs pauschal als Schau zu begreifen, was sich nicht als Prophezeiung erklären läßt, greift dagegen zu kurz. Wer sich nicht gehörig selbst in's Hirn koten will, betrachtet es so, daß alles, was nicht den Kriterien einer Schau entspricht, als Prophezeiung zu gelten habe. Andernfalls sammelt man im Laufe der Zeit lauter Müll an, der einem durch das zu weitmaschige Raster rutscht und den man dann glaubt.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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