Avatar

Nibiru (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

Taurec ⌂, München, Freitag, 07.12.2018, 09:27 (vor 1966 Tagen) @ Gunther Külls (3784 Aufrufe)

Hallo, Gunther!

Nibiru ist eigentlich schon ein alter Hut, vor allem nachdem (Beginnend wohl mit "Zetatalk" Anfang der 2000er Jahre) wiederholt angebliche Sichtungen gemeldet und Naherwartungsprophezeiungen verbreitet wurden, ohne daß natürlich je etwas geschah. Der Begriff "Nibiru" ist verbrannt und hoffnungslos diskreditiert.

Dahingegen stehen Fragen nach einem großen Himmelskörper jenseits der bekannten Planeten des Sonnensystems auch im Fokus der Wissenschaft (bei den Nibirubehauptungen handelt es sich in der Tat nicht um Wissenschaft, sondern um eine new-age-geprägte Ersatzreligion).

Solche Theorien sind nicht zuletzt wegen des rund einen Dutzends Schauungen über eine Nahbegegnung mit einem Himmelskörper prinzipiell diskutabel.

Dabei den Begriff "Nibiru" nicht zu verwenden, gebietet sich allein schon, um sich nicht selbst jegliche Glaubwürdigkeit zu entziehen und in die Ecke der Spinner zu stellen.

Bereits die Bezeichnung "Nibiru" ist ein absurdes Konstrukt eines Amerikaners, das auf historischer, mythologischer und linguistischer Unkenntnis beruht, siehe "Nibiruunsinn" und "zu Zecharia Sitchin".
"Nibiru" bezeichnete in der sumerischen Literatur den Planeten Jupiter. Sitchins Herleitung eines hypothetischen weiteren Planeten Nibiru auf Grundlage der sumerischen Literatur ist sachlich falsch. Alle Nibirutheorien gehen auf diese falsche Grundlage zurück und sind unweigerlich ebenfalls falsch.

Sobald jemand "Nibiru" sagt, schwingt sofort irrationaler Glaube mit, was nicht besser wird durch das bei "Nibirujüngern" vorzufindende Bestreben, ihn herbeizureden und mit gefälschten Beweisen oder hanebüchenen Verzerrungen der Realität belegen zu wollen.

Trotzdem ein paar Fakten zu Nibiru

Es gibt tatsächlich keine "Fakten" zu Nibiru.

Die ersten drei Punkte (Zwergsonne, Masse, Durchmesser) betreffen meines Erachtens die gemutmaßten (aber nicht faktisch belegten!) Eigenschaften des theoretischen Trabanten unserer Sonne irgendwo im Bereich der Oortschen Wolke. Deren Zutreffen ist nicht auszuschließen.
Die Entfernung des Asteroidengürtels ist geschenkt.

Sollte sich das Nibirusystem mit Trabanten im inneren Sonnensytem aufhalten (Asteroidengürtel) wird es frühestens 1 Jahr vorher mit bloßem Auge sichtbar.

Sätze, die mit "sollte" beginnen, können schon per se keine Fakten enthalten.

Also kurz gesagt die Viedeos im Internet sind alle als Fake anzusehen.

Ja, auf jeden Fall.

Er ist halt noch nicht zu sehen.

Folglich läßt er sich auch nicht mit Fakten belegen. Im Wesentlichen ist der "Himmelskörper im äußeren Sonnensystem" (ob "Planet X/IX" zutrifft, ist ebenfalls fraglich, weil sich mit "Planet" spezielle Definitionsmerkmale verbinden, die auf braune Zwerge nicht zutreffen) ein Modell, um nicht erklärbare Beobachtungen an bekannten Objekten im Sonnensystem zu erklären. Er ist sozusagen nur als Negativbild vorhanden, als Loch im Modell des Sonnensystems, dessen Grenzen durch die Irregularitäten in den Bahndaten bemessen werden.

Er wurde in folgenden Jahren gesehen und taucht öfter auf als geglaubt:

364 v Chr. im Zusammenhang Grosser Erdbeben
113 n Chr. im Zusammenhang Erdbeben Palästina, wird gerne auf 115 Datiert
589 n Chr. auch Erdbeben...
1066 n Chr. wird hier bei einer Sichtungsdauer von 70 Tagen dem Komet Halley zugeschrieben. Dieser hat für gewöhnlich nur eine sichtbarkeitsdauer von durchschnittlich 35 Tagen oder weniger.
1540 n Chr. das Jahr der Großen Dürre. Ist schwer aber nicht unmöglich Infos im Netz zu finden

Jetzt wird es absurd.
Sichtungen in Zusammenhang mit Erdbeben sind nicht nachgewiesen. Sollte es solche Berichte geben, ist höchst wahrscheinlich, daß es sich um eines der vielen abergläubischen Vorzeichen handelt, die in der antiken Literatur zusammen mit Ereignissen überliefert werden. Der moderne Abendländer hat leider ein Problem mit der Märchenhaftigkeit antiker Geschichtsschreibung, wenn er seine rationalen Maßstäbe an diese Kulturen anlehnt.

So gibt es z. B. in der antiken Vorzeichensammlung des Julius Obsequens, die auch Nostradamus beeinflußt hat, zu verschiedenen Jahren angebliche, tatsächlich aber irreale "Sichtungen". Obsequens hat die Vorzeichen im wesentlichen aus dem Werk "Ab urbe condita libri" des römischen Historikers Livius destilliert.

  • "In Lavinium wurde eine leuchtende 'Fackel' am Himmel gesehen." (167 v. Chr.)
  • "In Formiae wurden bei Tage zwei Sonnen gesehen." (163 v. Chr.)
  • "In Lanuvium umgaben zwischen der dritten und der fünften Stunde zwei verschiedenfarbige Kreise die Sonne, der eine mit einer roten, der andere mit einer weißen Linie. 32 Tage lang leuchtete ein Stern." (147 v. Chr.)
  • "In Praeneste wurde eine brennende 'Fackel' am Himmel gesehen, es donnerte aus heiterem Himmel." (137 v. Chr.)
  • "In Gallien wurden drei Sonnen und drei Monde gesehen." (122 v. Chr.)
  • "Zur dritten Stunde des Tages verdunkelte eine Sonnenfinsternis das Licht." (104 v. Chr.)
  • "Am Tage erschien der Mond mit einem Stern von der 3. bis zur 7. Stunde." (104 v. Chr.)
  • "In Picenum wurden drei Sonnen gesehen." (104 v. Chr.)
  • "Eine 'Fackel' erschien am Himmel und der ganze Himmel schien zu brennen." (94 v. Chr.)
  • "Man sah eine 'Fackel' am Himmel." (92 v. Chr.)
  • "Bei Sonennaufgang schoß ein Feuerball aus südlicher Richtung unter ungeheurem Getöse des Himmels hervor." (91 v. Chr.)
  • "Am selben Ort [Stratopedon] fiel ein ungeheur großer Stern vom Himmel." (88 v. Chr.)
  • "Eine 'Fackel' wurde am Himmel nach Westen eilen gesehen. Drei Sonnen schienen, und um die unterste Sonne leuchtete ein Kranz ähnlich einem Ährenkranz in die Umgebung, und später, nachdem die Sonne in einen Kreis zurückgeführt worden war, war viele Monate hindurch ihr Licht trübe." (44 v. Chr.)
  • "Als dies durch Opfer entsühnt wurde, wurden um die dritte Stunde des Tages drei Sonnen gesehen, die sich bald in einen Kreis zusammenzogen." (42 v. Chr.)

Wenn solche Gerüchte irgendeine Relevanz haben sollen, dürfen sie nicht nur in einzelnen Meldungen an einzelne Orte gebunden sein, sondern müssen in verschiedenen Kulturen weltweit nachweisbar sein. Nur dann ist auszuschließen, daß es sich um singulären Aberglauben handelt, der irgendwelche Ereignisse (Erdbeben etc.) in einen Zusammenhang mit den Göttern stellt.

Der Punkt zum Halleyschen Kometen ist nicht schlüssig, weil:
1. Das Jahr 1066 zur Umlaufdauer des Kometen paßt (zuvor 989, danach 1145 usw.). Es muß sich also um den Halleyschen Kometen gehandelt haben, der damals gesichtet wurde. Es gibt nämlich in diesem Zeitfenster keine unabhängige zweite Sichtung, die Halley sein könnte, wenn die historisch belegte Nibiru zugeschrieben wird.
2. Die Dauer der Sichtbarkeit von der jeweiligen Nähe der Erde zum Kometen abhängt.

Die Dürre 1540 ist ebenfalls nicht schlüssig. Das Ereignis scheint nur auf Europa beschränkt gewesen zu sein. Ein Himmelskörper (über dessen Sichtung für 1540 keine Berichte vorliegen) hätte, falls überhaupt, weltweite Auswirkungen zeitigen müssen und zwar nicht lediglich "Dürren". Wie soll ein Himmelskörper durch seine bloße Anwesenheit irgendwo im Sonnensystem irdische Dürren auslösen? Ist es nicht sinnlos, bliebige Katastrophen, die in das gewünschte Zeitfenster von 477 Jahren passen, willkürlich "Nibiru" zuzuschreiben, ohne dabei auf naturwissenschaftliche Erklärungszusammenhänge zu achten?

Mit solchen hanebüchen konstruierten "Beweisen", als Tatsachen behauptet ("Er wurde in folgenden Jahren gesehen und taucht öfter auf als geglaubt.") diskreditieren sich "Nibirujünger" nicht nur regelmäßig selbst, sondern ziehen auch ernsthafte Diskussionen über mutmaßliche Himmelskörper im äußeren Sonnensystem und Planetennahbegegnungen in Lächerliche. (Ich gehe mal davon aus, daß diese Auflistung vermeintlicher historische Begegnungen nicht auf Deinem Mist gewachsen ist, sondern von irgendwem im Netz behauptet und kopiert wurde.)

2017 - Also schon ein Jahr überfällig...

Bitte nicht die übliche Naherwartung! :-(

Was Du als "schlechte Gesprächskultur", "Haßkampagnen", "Mobbing", "Vorurteile", "pauschale Darstellung als Vollhorst" bezeichnest, ist wohl eher das subjektive Empfinden der harten Kante, die in diesem Forum traditionell gegenüber Unsinn gefahren wird, der von irrationalen und meist unbelehrbaren Gläubigen über weltliche Themen vertreten wird. Das macht wesentlich die Qualität des Forums im Vergleich zu anderen aus, wo man bei Unsinn nicht Aufklärung erhält, sondern Applaus.
Dir hat wohl schlicht nicht gefallen, daß diesmal eines Deiner Themen betroffen war.
Man kann es eigentlich auch nur persönlich nehmen, wenn man sich selbst (als Kopfmensch) allzu sehr mit seinen Ideen identifiziert, so daß der Selbstwert von deren Richtigkeit abhängig gemacht wird.

Sobald man übrigens mit belastbaren Argumenten ankommt, die sich nicht beim Morgenkaffee beiseitewischen lassen, findet man hier durchaus Anklang. Bei manchen abgedroschenen Ideen, die schon seit 20 Jahren erfolglos durchgekaut werden, ist das wohl per se nicht möglich. Dabei handelt es sich gewiß nicht um "Vorurteile", eher um begründete "Nachurteile". Die Behauptungen sind halt schlicht Unsinn und postulieren Irreales.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


Gesamter Strang: