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Prophezeiungen, Schauungen, geostrategische Sachzwänge (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Montag, 19.11.2018, 14:46 (vor 1984 Tagen) @ Schwan (1373 Aufrufe)

Hallo!

Wenn wir annehmen, daß Irlmaier den Russeneinmarsch gesehen hat und es sich nicht nur alte Geschichten, eventuell Phantasien Adlmaiers handelt, ist die Frage: Woher hat er seine Informationen? Sah er tatsächlich ein zukünftiges Geschehen, das dann zwangsläufig so ablaufen muß, oder sah er Planungen, die sich nicht realisieren? Oder hatte er andere Informationsquellen?

Wenn Du diese Annahme setzt, müßtest Du auch die Irlmaieraussagen zitieren, die sich mutmaßlich aus echten Schauungen zusammensetzen. Anders läßt sich die Frage, woher er "seine" Informationen hätte, nämlich ohne diese Informationen zu nennen, gar nicht beantworten. ;-)

Es dürfte wohl schwer fallen (meines Erachtens ist es unmöglich), Irlmaieraussagen zum Feldzug zu finden, die sich nicht durch Plagiate oder zeitgenössische Spekulation erklären lassen.

Selbst die berühmten drei Stoßkeile Irlmaiers entsprechen nahtlos dem Szenario des Antonius von Aachen (1872 auf Deutsch veröffentlicht) und können daher als Verwertung und Ausgestaltung dessen Aussagen betrachtet werden.

Antonius von Aachen verwertet wiederum eine ganze Reihe damals schon bekannter Volkssagen, z. B.:

  • Endschlacht in Westfalen (Birkenbaum)
  • "Türken" (der erste Gog-Magog-Kandidat, dann auf Russen umgemodelt) in Köln
  • Die Brücke bei Mondorf aus der Spielbähnfälschung (bei Antonius als Rheinüberquerung bei Bonn plagiiert)
  • Schlacht bei Straßburg

Auch Antonius dürfte nicht authentisch sein. So zefällt das ganze, heute geschlossen wirkende Szenario des russischen Feldzuges in eine Reihe Volkssagen, die das christlich-apokalyptische Endzeitgeschehen lokalspezifisch verarbeiten und im Laufe der Zeit miteinander verbunden und festgezurrt wurden. Darauf baut Adl-/Irlmaier auf, erweitert es mit neuen Elementen (z. B. mit den Feldpostbriefen nach deren Veröffentlichung 1955) und eigenen Erfindungen (wie den gelben Strich).

Wenn man annimmt, daß Pläne, wenn sie stark genug gedacht werden, im morphogenetischen Feld zu finden sind, Irlmaier Anschluß an diese Felder hatte, hätte er die Bilder des Russeneinmarsches gesehen. Vermutlich hat er nicht erkannt, daß es nur Planungen sind, keine gesicherte Zukunft.

Nachdem die ganze Endzeitklamotte sehr viel älter ist als irgendwelche Kriegspläne und seit dem Mittelalter in gemunkelten Volkssagen rauf- und runterexerziert wurde, ist eher davon auszugehen, daß moderne Spekulationen über einen Dritten Weltkrieg, die nicht explizit Prophezeiungen nennen, doch zumindest implizit von dieser Vorstellungswelt beeinflußt sein könnten.

Diesem Gedanken folgend, muß nicht nur unterschieden werden zwischen Schauungen und Prophezeiungen, sondern auch gesicherte Zukunft und Planunungsszenarien.

Ich würde vielmehr unterscheiden zwischen:
1. Prophezeiungen, die auf einer sich fortentwickelnden Vorstellungswelt beruhen.
2. Geostrategischen Konstellationen großer Persistenz. Der Gegensatz Abendland ⇔ Rußland ist uralt. Die geographischen Verhältnisse sind weitestgehend unverändert. Ein eskalierender Konflikt zwischen Rußland und dem Westen wird bei für den Westen unglücklichem Verlaufe zwangsläufig dazu führen, daß die Russen am Rhein oder am Ärmelkanal stehen. Das ist nämlich die einzige Richtung, in die sie in Europa marschieren können. Dem entsprechend muß es Pläne oder zumindest Denkschriften und beizeiten auszuarbeitende Grobkonzepte geben, die dazu passen. Andere wären nämlich in einem solchen Konfliktfall nicht sinnvoll.
3. Echte Schauungen, die ein solches Szenario vorwegnehmen, das aber nicht mit der phantasievollen Endzeitklamotte verwechselt werden darf.

Vor allem darf man aus dem Vorhandensein einiger Schauungen über Russen in Deutschland nicht auf die Richtigkeit der Prophezeiungen schließen, die von einem fürchterlichen und bösartigen "Überraschungsangriff" künden. Diese Vorstellung geht nämlich schlicht auf die Notwendigkeit eines antichristlichen Gegenspielers zurück, der von den guten christlichen Kräften besiegt werden muß. Dem entsprechend ist der russische Feldzug im klassischen Szenario mit den katastrophalsten Zuschreibungen versehen:

  • aus heiterem Himmel
  • rasend schnell
  • Massenmorde und Leichenfelder bis zum Horizont und darüber hinaus
  • Himmlischer Eingriff (Naturkatastrophen oder Wunderwaffen), welcher die aussichtslose Situation zugunsten der Angegriffenen wendet.
  • Ein strahlender Sieg und die gerechte Komplettausrottung der Invasoren bis in ihr Heimatland hinein.
  • ...

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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