Wenn der Magen von Nostradamus einem im Magen liegt (Schauungen & Prophezeiungen)

Einhorn, Donnerstag, 08.11.2018, 19:30 (vor 1968 Tagen) @ Taurec (1025 Aufrufe)

Hallo Taurec,

entschuldige dass ich erst jetzt antworte, aber früher kam ich nicht dazu.

Also, so eine ausführliche Antwort von Dir habe ich wirklich nicht erwartet. Bisher gab es von allen, denen ich meine Auflösung des "Magen-Rätsels" mitgeteilt habe, höchstens ein "Ja, das ist es", "Ist die einzige Lösung" oder ein "Bingo!". Es waren allerdings auch alle Astrologen, denn mit Nicht-Astrologen macht es ja keinen Sinn, darüber zu reden. Und deshalb wundert es mich, dass das bei Dir, der ja offensichtlich von der Astrologie nicht "unbeleckt" ist, sich anders verhält. Da gibt es offensichtlich gravierende Unterschiede in der Strukturierung der Wichtigkeit der Fakten, so dass Du zu einer ganz anderen Bewertung kommst. Sei mir nicht böse, aber mein Eindruck ist, dass die virtuose Benutzung der Lupe oder des Mikroskops manchmal hinderlich für das Erkennen des Wesentlichen ist, und man manchmal nicht den Wald vor lauter Bäumen sieht. Dies scheint hier hier der Fall zu sein. Aber "Nobody is perfect, don't worry";-)

Also: Wie kannst Du aus einer möglichen Übersetzung von "estomac" als "Inneres", statt der wörtlichen und naheliegenden Übersetzung als "Magen", schlussfolgern, dass eine "astromedizinische Betrachtungen nicht zielführend" sind? Und das bei Nostradamus, einem Astrologen der auch Arzt ist? Insbesondere wenn sie auch noch nachvollziehbar sind, Sinn machen und auch weiterführen? Da ist Deine Bezeichnung "platt" für eine sinngebende Übersetzung völlig fehl am Platze, meinst Du nicht?. Erkläre mir bitte, wie Du zu so einen Schluss kommen kannst, denn bisher ist es ja eine nur reine Behauptung von Dir, dass weil man es bisher immer so sinnbildlich übersetzt hatte, es man auch immer so übersetzten muss. Deinen Link https://schauungen.de/forumindex.php?id=50715 konnte ich leider nicht öffnen.

Schau, was gab es vor der "astromedizinischen" Auflösung des Rätsels in den verschiedenen Büchern? Weil alle Autoren mit dem "estomac" nichts anfangen konnten, und es in ihren Augen keinen Sinn ergab, übersetzten sie es so wie Du mit "Innerem" oder etwas Ähnlichem. Und die, die es mit "Magen" übersetzten, wiesen darauf hin das man es allegorisch nehmen müsste . Wieso? Weil alle diese Autoren keinerlei Vorstellungen hatten, was Nostradamus damit gemeint haben könnte. Ich erinnere mich, dass einer noch versucht hat, das "Innere" als seinem Namen zu erklären, auf das er dann versuchte einen Schlüssel zu bilden. Jedenfalls war für alle damit Schluss und es war kein weiterkommen möglich. Deshalb gab es nur Schweigen und "Weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen".

Als ich zum ersten Mal im Original das "estomac" las, lies es mich nicht mehr los, und als jemand der im täglichen Leben permanent in der Background-Queue die Astrologie laufen hat, dauerte es nicht lange, um auf die Lösung zu kommen, die erstmals vollständig befriedigend ist und Sinn macht. Denn ich benutze ja auch die Astrologie, wenn es um Probleme des Körpers geht. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis der Groschen gefallen war. Nun hatte ich zum ersten Mal etwas ganz Konkretes, was Sinn machte und was auch noch Nostradamus im Vorwort an Heinrich ausdrücklich bestätigte. Und zwar, um dieses Planeten-Trio Saturn, Jupiter und Mars als Grundlage seines Zeitbestimmungs-System hervorheben, denn es war ihm doch auch wichtig zu betonen, dass er für jeden Quatrain eine Zeitangabe machen könnte. Und so stehe ich Deiner Formulierung "Es ist durchaus möglich, dass Nostradamus sich an bestimmten Stellen auf große Konjunktionen der drei äußeren Planeten bezog und diese zur Datierung verwendete" verwundert gegenüber, denn davon kann, bzw. muss, man doch sicher ausgehen, wenn man die Astrologie aus seiner Zeit betrachtet, in der die Jupiter-Saturn-Zyklen "state of the art" bei den damaligen Astrologen waren. Da gibt es nicht den mindesten Zweifel. Ich gebe zu, dass nach der Auflösung des Rätsel des "verebten Wortes im Magen" alles sehr trivial erscheint. Aber das ist immer so, wenn ein Rätsel gelöst ist.

Auch das Wort "hereditaire" ist hier keinesfalls mit "überkommen" zu übersetzen, wie Du es machst, weil es von der richtigen Fährte abbringt. Erst die Übersetzung mit "vererbt" (wie ich es ja getan habe!), bringt einen bei diesem astrologischen Thema auf die richtige Spur, die "Vererbung" im Sinn von Wiederholungen von Planetenpositionen und Planetenbeziehungen zu interpretieren, so wie ich es ausführlich erläuterte. Und das von Dir "im übertragenen Sinne vom Vater (Gott) an ihn 'weitergegeben', auf ihn 'herabgekommen' (von uns übersetzt als 'überkommen') gedeutete, ist doch im Vergleich zu meiner nachvollziehbaren astrologischen Lösung reinste Spekulation, oder?

Und nun zum Abschluss auch noch zu Deinem Einwand über die Genauigkeit der Geburtszeit: Wie kommst Du darauf, dass dies eine Rolle spielen soll? Wenn Nostradamus in seinem Brief an César sich auf seinen astrologischen Magen bezieht, dann bezieht er sich auf sein von ihm berechnetes Horoskop. Und ob dieses richtig oder falsch berechnet wurde, ist dann irrelevant. Es ist sein Horoskop und für ihn gab es kein anderes. Aber es ist bekannt, und er wurde deshalb von anderen Astrologen harsch angegriffen, dass er seine Horoskope auf Mittag stellte und die Planeten aus der 12 Uhr-Ephemeride ohne Interpolation nahm. Da es allerdings Angaben gibt, die "mittags", "gegen 12h mittags" und sogar "12h 03m" lauten, wird es wohl nicht ganz falsch sein. Aber wie gesagt, es kommt in diesem Fall nicht darauf an. Allerdings, wollten wir Aussagen über sein Leben machen, wäre die richtige Geburtszeit natürlich ganz wichtig. Da müssten wir es vorerst sicherheitshalber anhand von Ereignissen verifizieren und notfalls korrigieren.

Weist Du, ich hätte Dich sehr gerne in der Astrologenschule gehabt, in der ich zehn Jahre lang unterrichtete. Da hätten wir uns beide hier eine ganze Menge Text über Grundsätzliches ersparen können. Und da käme jetzt wahrscheinlich auch von Dir nur so was wie ein "Bingo" (hoffe ich :-)). Deshalb gehe ich auch nicht weiter auf andere nicht so wichtigen Punkte ein, denn es würde nur Zeit kosten und wäre nicht zielführend. Wie ich aber deutlich sehen kann, liegt Dir der Magen vom Nostradamus auch im Magen und verursacht "Schmerzen" (kleiner Scherz :-)).

Mit dem, was Du über die Problematik der Deutung der Verse mit astrologischen Inhalten beschreibst, und auch über die zeitliche Zuordnung, da bin ich völlig d'accord. Allerdings bin ich überzeugt, dass eine Berechnung einer astrologischen Zeitlinie am Anfang seiner Zuordnungen stand, an der dann der von Dir genannte iterative Prozess erfolgte. Und auch die von Dir erwähnte Möglichkeit der falschen Zuordnung durch Falschberechnungen war gegeben. Seine Berechnungsschwäche war notorisch und der Hauptanlass für Angriffe seitens anderer Astrologen. Allerdings spielt sie ja keine Rolle in seinen Zenturien, da die Verwürfelung der Quatrains sich jeder zeitliche Zuordnung entzieht, wenn die Ereignisse noch in der Zukunft liegen. Und beim Erkennen der bereits erfolgten Ereignisse ist es manchmal ja auch schon schwierig genug.

Also vielen Dank für die Antwort und die investierte Zeit und Mühe um Deine Sicht zu erläutern.

Bis zum nächsten mal, mit herzlichen Grüßen.

Einhorn


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