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Déjà-vu für Anfänger (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

und, Freitag, 14.09.2018, 14:20 (vor 2050 Tagen) @ Ulrich (4822 Aufrufe)

Hallo Ulrich,

habe es immer noch nicht begriffen:

Ah, verstehe, du hattest noch nie ein Déjà-vu. Nun denn, ich hab das Phänomen, wie ich es aus meiner eigenen Anschauung kenne, mal auseinandergenommen und versuche es dir zu erklären. Das wird lang.

"schon einmal gesehen" klingt so vage wie aus dem Drehbuch von "12 Monkeys".

Der Film ist grässlich und unansehnlich. Außerdem ist er inhaltlich von Déjà-vus so weit entfernt wie Petunientöpfe von Pottwalen.

Gestern verstand ich Dein "Ich habe grade ein Déjà-vu, wie ich lese: Vor langer Zeit ..." so, als ob es sich um ein gleichzeitiges Déjà-vu handeln würde, was aber unter Neurophysiologen als Fehlleistung des Gedächtnisses gilt, auch wenn es lustig ist.
Jetzt liest sich das für mich eher so, als ob Du Dich während des Lesens an eine vorausgehende Sequenz von 5 Sekunden erinnert hast, nach Forum-vereinbartem Sprachgebrauch sowas wie eine Schauung.

Weder noch. Da habe ich mich wohl zu umgangssprachlich ausgedrückt, da ich vergessen hatte, dass nicht jeder eigene Déjà-vus hat. Es handelte sich bei meinem Baphomet-Déjà-vu um ein Gefühl des Schonmalgesehens im Nachhinein, aber fast gleichzeitig. Ungefähr so gleichzeitig, als ob ich dir den Anfang eines Witzes erzähle und du sogleich sagst: "Den kenn ich schon." Ist diese Erkenntnis des Schonkennens nun gleichzeitig oder im Nachhinein? Umgangssprachlich gleichzeitig, aber ich würde sagen, in Wirklichkeit im Nachhinein, denn du musst dir ja wenigstens die ersten paar Worte des Witzes angehört haben, um beurteilen zu können, ob du ihn kennst oder nicht. Es fühlt sich aber nahezu gleichzeitig an, denn die gefühlte Gegenwart (wie ich in der Bildzeitung einmal las) dauert 3 Sekunden, also so lang wie der Anfang eines Witzes oder der Beginn eines Déjà-vus, von dem man dann im Nachhinein sagt: "Ich hab grade ein Déjà-vu."
Um es einfacher auszudrücken: Gleichzeitige und im Nachhinein empfundene Déjà-vus sind in meinen Augen als äquivalent anzusehen, da beide genau genommen Im-Nachhinein-Déjà-vus sind (weil echte Gleichzeitigkeit des Erkennens und Aussprechens sowieso eine schwierige, wenn nicht gar unmögliche Sache ist). Die meisten Déjà-vus, die ich hatte, sind von dieser Im-Nachhinein-Sorte und dauerten immer schätzungsweise 5-10 Sekunden.

Es gibt aber auch das Gegenteil, nämlich Im-Voraus-Déjà-vus, bei denen man sich daran erinnert, was gleich, also in den nächsten Sekunden passieren wird. Sowas ist mal einem meiner Kinder passiert: Das Kind fuhr mit dem Fahrrad auf redliche Weise zur Schule, hielt sich tunlichst rechts auf der Fahrbahn, zu seiner Rechten eine Reihe parkender Autos, wie so oft. Plötzlich macht ein unlöblicher Vollidiot unerfreulicherweise seine Türe auf der Fahrerseite auf - ungefähr so wie im 7. Sinn in Minute 1:59 gezeigt wird, nur dass der Übeltäter ganz klischeewidrig ein Mann war. Da mein Kind eine hochrühmliche Vollbremsung machte, ist jedoch nichts passiert. Als das wohlerzogene Kind mir von dem Vorfall erzählte, sagte es, es hätte schon kurz zuvor irgendwie gewusst, dass gleich die Autotür aufgeht und dass es nur hierdurch in die Lage versetzt war, eine erfolgreiche Vollbremsung zu vollführen, welche es ansonsten nie hätte zustandebringen können. Dabei muss es sich um maximal 1-2 Sekunden, wenn nicht eher um Sekundenbruchteile des "Vorherwissens, was gleich kommt" gehandelt haben. Ja, das könnte man dann wohl als eine Art Ultrakurzzeitschauung bezeichnen (in Anlehnung an den psychologischen Begriff des Ultrakurzzeitgedächtnisses, welches eine Kapazität von bis zu 2 Sekunden hat.)

Und jetzt halt dich fest - es gibt sogar beides in einem. Also ein Déjà-vu, bei dem man sowohl rückblickend über die letzten paar Sekunden sagt "ah, kenn ich schon" als auch voraussehend über die künftigen 2-3 Sekunden sagen kann "ich weiß genau, was jetzt gleich kommt". Stell dir vor, du würdest einen Filmausschnitt wie diesen erheiternden in- und auswendig kennen, weil du ihn schon 100x gesehen hast. Beim 101. Mal wirst du sicherlich spätestens bei Sekunde 0:03 sagen können "das Gesehene kenn ich schon" und zugleich "ich weiß, was jetzt kommt". Déjà-vus dieser Art sind (bei mir) die längsten und seltensten, dauern etwa 15-20 Sekunden und kamen mir im ganzen bisherigen Leben höchstens 4-5x unter.

Meine Frage ist weniger spitzfindig als man das von mir gewohnt ist und es läuft auch nicht darauf hinaus, wissen zu wollen, ob Du Deiner Zeit nun um Sekunden oder gar Tage voraus bist. Nach meinem Verständnis ist das als Gedächtnis-Fehlleistung diskreditierte Déjà-vu die kleine Stiefschwester der Schauung

Deine löbliche Spitzfindigkeit ist hier absolut angebracht und aus deinem hartnäckigen Nachfragen schließe ich, dass du zu jenen Leuten gehörst, die noch nie ein Déjà-vu erfahren haben, während rauhnacht wiederum ganz genau weiß, wovon ich rede und ich wiederum anhand ihrer Beschreibung ganz sicher sagen kann, dass sie Déjà-vus aus eigener Anschauung kennt. Ich hab mal durch Befragung meiner Mitmenschen festgestellt, dass das Verhältnis der Déjà-vu-Kenner zu den Déjà-vu-Nichtkennern in etwa bei 50:50 liegt. Déjà-vus zu haben scheint demnach nicht besonders außergewöhnlich zu sein. Keine zu haben aber auch nicht. Bei Déjà-vus ist man niemals Tage voraus, es handelt sich (bei mir und allen, die ich kenne) stets um Zeiträume von einigen Sekunden. Vielleicht mag es Leute geben, die tagelang andauernde oder Tage im voraus stattfindende "Déjà-vus" haben. Das wäre aber höchst ungewöhnlich und nicht das, was von Déjà-vu-Kennern üblicherweise unter dem Phänomen Déjà-vu verstanden wird. Das wäre dann wohl eher eine richtige Schauung.

, die in Erscheinung tritt, wenn man wegen Übermüdung, Ablenkung oder Schock (Unfallgeschehen) "neben sich steht"

Nein, so ist es nicht. Übermüdung, Ablenkung oder Schock sind (bei mir) niemals Ursache eines Déjà-vus gewesen. Déjà-vus treten stets aus heiterem Himmel während völlig normaler, langweiliger Alltagstätigkeiten auf - ohne jegliche erkennbare Ursache.

und Alltags-Ulrich I "auf zwei Kanälen" (fast) gleichzeitig sowohl der eigenen Wahrnehmung als auch der Wahrnehmung des Ulrich II gewahr wird. Weniger Tolle-mäßig kann ich das leider nicht formulieren.

Ich habe bisher noch nicht herausgefunden, wodurch Déjà-vus verursacht werden, warum die einen Menschen Déjà-vu-Erfahrung haben und die anderen nicht und wie man Déjà-vus willentlich hervorrufen könnte. Es scheint keine erkennbare Ursache, keinen gemeinsamen Nenner zu geben. Auffällig ist jedoch, dass Déjà-vus in der Kindheit und Jugend tendenziell häufiger auftreten als im Erwachsenenalter. Ob der Zusammenhang von Alter und Häufigkeit linear, exponentiell oder logarithmisch ist, habe ich allerdings nicht eruiert. Ich kann jedenfalls für mich nur grob überschlagen: je jünger ich war, umso kürzer waren die Intervalle zwischen den Déjà-vus, manchmal nur Tage, später Wochen, inzwischen sind es Jahre. Warum ich grade jetzt nach langer Zeit mal wieder ein Déjà-vu hatte, dazu habe ich nur Vermutungen.

Soll heißen, eine Schauung, an die man sich zu beliebigen Zeiten VOR deren Eintreffen erinnern kann, lässt sich nicht so leicht wegerklären wie ein Déjà-vu, bei dem die annähernde Gleichzeitigkeit die Ausrede von falsch verdrahteten Synapsen erlaubt.

Das ist korrekt. Deshalb trägt ersteres ja auch den rühmlichen Namen Schauung und zweiteres nur die läppische Bezeichnung Déjà-vu.

Ich weiß, dass dies eher für eine Einweisung taugt als für eine Definition mit Pschyrembel-Qualität.

Mit dem Gefühl der Einweisungstauglichkeit kann ich umgehen. Kommt es doch zwischen Déjà-vu-Kennern und Déjà-vu-Nichtkennern regelmäßig zu Missverständnissen, wenn das Phänomen Déjà-vu und dessen Eigenschaften den beiden Gesprächspartnern nicht bekannt sind.
Beispielsweise gab es in meiner Kindheit und Jugend häufig Gespräche etwa folgender Art (beispielhaft, nicht anekdotisch):

Ich mache als 8-jähriges Kind mit meinen Eltern im Mai einen Ausflug in den Zoo und sage plötzlich wie vom Donner gerührt: "Ich war hier schonmal!"
Eltern: "Ja sicher warst du hier schonmal. Wir waren doch erst letzten August hier."
Ich: "Nein, ich meine, ich war hier schonmal und habe auch ein Eis gegessen, genau so wie jetzt."
Eltern: "Ja klar. Bestimmt hattest du letztes Mal auch ein Eis."
Ich: "Neiiiin. Ich meine doch, ich war hier schonmal, wo ich 8 war, so wie jetzt."
Eltern: "Unsinn, im August warst du doch erst 7.
Ich: "Aber ich hab das schonmal erlebt, dass ich mit 8 im Zoo war und genau dieses Eis gegessen hab.
Eltern: "Wann soll das denn gewesen sein??? "
Ich: "Weiß ich nicht, aber ich kann mich erinnern, dass ich das alles hier schonmal erlebt hab."
Eltern: ????

Oder beispielsweise wie folgt - einige Jahre später, vielleicht mit 20:
Ich unterhalte mich mit einer Freundin über völlig Belangloses, wie das Wetter, Gardinenmuster oder Männer.
Mitten im Gespräch sage ich völlig verdattert zu ihr: "Ich wusste, dass du das jetzt sagen würdest."
Freundin: "Ja, du kennst mich ja auch allzu gut."
Ich: "Nein, ich meine damit, ich wusste vorher, dass du grade eben den Satz XY sagen würdest."
Freundin: "Ich sag ja, du kennst mich halt. Du hättest das doch genauso gesagt."
Ich: "Das hat nichts mit gut kennen zu tun. Selbst wenn ich dich nicht kennen würde, hätte ich gewusst, dass du den Satz XY sagen würdest, schon bevor du ihn gesagt hast."
Freundin: Hä???

Das war schon manchmal ein wenig frustrierend, so gar nicht verstanden zu werden. Stell dir vor, Träume wären etwas sehr ungewöhnliches, so dass es Menschen gäbe, die nicht wissen, was Träume sind und auch noch nie etwas davon gehört haben, dass andere Menschen träumen. Wenn du so jemandem erzählen müsstest, dass du nachts hin und wieder ein anderes Leben in deinem Kopf führst und dort wirre Geschichten erlebst, würden sie dich für komplett ballaballa erklären. Ähnlich ist es mit dem Déjà-vu. Wie soll man jemandem erklären, der es noch nie in eigener Anschauung erfahren hat, dass es Situationen gibt, bei denen man die absolute Gewissheit hat, sie schon einmal gesehen, oder besser gesagt schon einmal erlebt zu haben? Ein Déjà-vu fühlt sich für eine Sequenz von einigen Sekunden so an, als hätte man sein Leben, genau dieses Leben, schon einmal gelebt. Die ersten Déjà-vus, die man hat, sind dementsprechend schockierend. Später gewöhnt man sich an das Phänomen und findet es ziemlich lustig, wenngleich rätselhaft. Wenigstens habe ich irgendwann herausgefunden, dass es für dieses Schonmal-erlebt-Gefühl einen Namen gibt und dass sich dieser Erscheinung bestimmte Charakteristika zuschreiben lassen, die immer erfüllt werden:

- Das erste und wichtigste: es handelt sich immer um völlig, völlig belanglose Alltagssituationen, nichts Weltbewegendes, nichts Katastrophales, aber auch nichts besonders Tolles. Nichts was auch nur irgendwie der Erwähnung wert wäre. Déjà-vus beinhalten grundsätzlich Begebenheiten, die täglich passieren oder zumindest täglich passieren könnten. Beispielsweise: Man bindet sich die Schuhe zu, geht anschließend aus dem Haus und begegnet der geschwätzigen Nachbarin, der man notgedrungen zuhören muss, ob man will oder nicht. Oder man sitzt bei den Schwiegereltern auf dem Sofa und wünscht sich, dass endlich Abend werde, während die Katze kotzt und die Schwägerin sich die Nägel lackiert. Oder man wundert sich beim Blick auf die Anrufliste, warum Callcenter aus Afrika ständig bei einem anrufen und woher sie überhaupt die streng gehütete Handynummer Mobiltelefonnummer haben. Absolut banale Sachen eben.
- Das zweite wichtige Kriterium: ein Déjà-vu findet im vollen Wachzustand statt. Es hat nichts mit Träumen, Trance, Halbschlaf oder Visionen o. ä. zu tun.
- Déjà-vu und Ereignis stehen in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang. Es gibt keinen signifikanten zeitlichen Abstand dazwischen.
- Die Dauer eines Déjà-vus beträgt meist <10 Sekunden, bisweilen bis zu 15 oder 20 Sekunden, aber niemals wesentlich länger.
- Das Eintreten eines Déjà-vus ist weder willentlich hervorrufbar noch verhinderbar.
- Das Déjà-vu einer bestimmten Situation ist nicht reproduzierbar. Jedes Déjà-vu erlebt man genau einmal. Es ist keine Zeitschleife, die sich mehrfach wiederholt.

Das ist freilich alles nur die Auswertung meiner eigenen Erfahrungen. Wer andere Déjà-vu-Erfahrungen gemacht hat, möge sich äußern und widersprechen.

Wie werde ich das Bild in meinem Kopf wieder los, Pferdchen-san?

Ganz einfach, Ulrich-san: nicht an Nichtgelbschneeessen denken. :rotfl:
Falls du das nicht schaffst, kann ich dir gerne ein neues erbauliches Bild über Nichtgelbschneeessen drüber bügeln. Beispielsweise diese treuherzigen Kleinpferde, die du so gerne magst, sie sind gar putzig anzusehen:
[image]

Ist das ein Remis-Angebot?


Diese Gönnerhaftigkeit steht mir nicht zu. In der Frage Newton/Leibniz schlage ich vor, ein eindeutiges Gottesurteil abzuwarten.

Wie überaus entgegenkommend. :-) :flower:

Ich hingegen kann dir anbieten: eine Bibel der Zeugen Jehovas oder: Der Regenbogenfisch stiftet Frieden.


Danke, ich bleibe bei gräten-freien Fischstäbchen.

Du liest Fischstäbchen??? Und auch noch gräten-freie? In welcher Augurenschule lernt man das denn?

Erstaunte Grüße
Pferdchen (jetzt anständig im Forum inkarniert mit dem klangvollen Namen und)


Gesamter Strang: