Lemesurier zu Titus Livius: "Ab Urbe Condita" als Vorlage für V/6 (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Freitag, 24.08.2018, 17:16 (vor 2065 Tagen) @ Taurec (3720 Aufrufe)

Hallo Taurec,

Z. 3: Knifflige Stelle. Das Szepter als Herrschaftszeichen weilt sinnvollerweise in der rechten (gerechten) Hand. In der Rechts-Links-Symbolik kann die Linke in diesem Falle nicht negativ sein, weil sie sich auf Chyren und das Kaisertum bezieht, bedeutet hier also eher, daß die Herrschaft von einer Zeit der Aktivität in die Passivität übergeht.

laut Peter Lemesurier geht Vers V/6 auf das "Mirabilis Liber" zurück, das wiederum auf einen Text aus "Ab Urbe Condita" von Titus Livius zurückgreift:

V/6.
Source: A garbled version of Livy's account in his History of Rome (1.18) of the coronation of the semi-legendary King Numa in around 710 bc, presumably assimilated to the Mirabilis Liber's prediction of the eventual liberation of Europe by a glorious young future king of France (see 1.4, 1.55, 1.92): Then, having been led by an augur to the citadel, [Numa] sat down on a stone facing southwards. The augur sat on his left with his head covered, holding in his right hand the crooked staff without knots that they call the lituus. Then, glancing out over the city and the country beyond, he prayed to the gods . . . Then, having transferred the staff to his left hand, and having placed his right upon Numa's head, he prayed thus: "Father Jupiter, if it be Heaven's will that this man, Numa Pompilius, whose head 1 am holding, should reign over Rome, give us clear and certain signs . . Compare 11.99, V.75.

Quelle: Peter Lemesurier: The Illustrated Nostradamus., S. 175


Titus Livius: Ab Urbe Condita. 1.18.:
"Er wurde also von einem Seher (Augur, Beobachter des Vogelflugs), zu dessen Ehre man nachher das Auguramt zu einem öffentlichen und bleibenden Priesterthume erhob, auf die Burg geführt und setzte sich, gegen Mittag gewandt, auf einen Stein. Der Vogelschauer setzte sich mit verhülltem Haupte ihm zur Linken, in der Rechten einen krummen Stab ohne Knoten; ein solcher Augurstab wurde Lituus (Seherstab) genannt. Er nahm die Aussicht über die Stadt und über das Feld, und wie er nach Anrufung der Götter, die Himmelsgegenden von Morgen bis Abend bezeichnet hatte, nannte er Mittag die rechte, Mitternacht die linke Seite. Als Gränze zwischen beiden steckte er in Gedanken ein Ziel, sich gegenüber, so weit seine Augen reichten. Darauf nahm er den Seherstab aus der rechten in die linke Hand, legte die Rechte auf Numa's Haupt und betete so: «Vater Jupiter, wenn es dein heiliger Wille ist, daß dieser Numa Pompilius, dessen Haupt ich jetzt berühre, König zu Rom werde, so wollest du uns untriegliche Zeichen innerhalb der Gränzen offenbaren, die ich bezeichnet habe.» Dann bestimmte er wörtlich, welche Vögel und wie sie geflogen kommen sollten, und als sie erschienen waren, stieg Numa, als erklärter König, von der Schauhöhe herab."

http://gutenberg.spiegel.de/buch/-2504/7 ; 1.18., 2.Abschnitt

Z. 4: Darauf deutet auch Zeile 4 hin. Aus dem kriegerischen König wird ein friedfertiger Kaiser, der das Schwert ruhen läßt, nachdem alle Gegner vernichtet sind. Davor herrschte folglich Krieg, gleichwohl es hier nicht direkt genannt wird.

Auch für Zeile 4, auf die Lemesurier nicht gesondert eingeht, findet sich eine Vorlage in "Ab Urbe Condita", 1.19:
"... in der Überzeugung, den Trotz seines Volks durch Entwöhnung von den Waffen besänftigen zu müssen ..."
"Wie also Numa, der sich die Freundschaft aller benachbarten Völker durch Bündnisse und Verträge gesichert hatte, diesen Tempel schloß, so war für die Römer jede von außen zu besorgende Gefahr beseitigt."

Gruß
Ulrich


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