über endlose Gedankengänge (Schauungen & Prophezeiungen)

Gerhard, Freitag, 14.08.2009, 11:21 (vor 5341 Tagen) @ Gerhard (7270 Aufrufe)

Hallo, ich versuche Schluß immer noch, Schluß zu machen mit diesen religiösen und philosophischen Thenmen, in die uns John XXL hineingebracht hat; möchte aber höflicherweise auf die Beiträge von Detlef, BB, Kauz, Talmida und Polyplacophorum antworten.

Wir sind wohl alle etwas zu „kopflastig“.

Es ist nicht unser Wahrnehmungs- und Denkapparat, der unser Leben bestimmt, sondern die Entscheidungen und Handlungen werden anderswo begonnen. Das weiß man schon lange, und die Neurophysiologie, auf die hier nun schon mehrfach verwiesen wurde, bietet insofern nichts wirklich Neues.

Ich vergleiche unsere Vernunft immer mit einer kleinen Taschenlampe, die uns gegeben ist, um beispielsweise eine riesige, uns unbekannte Fabrikhalle bei völliger Dunkelheit auszuleuchten und unseren Weg darin zu finden. Ob der Lichtkegel dieser Taschenlampe nun etwas größer oder kleiner ist: wir haben da wohl größte Schwierigkeiten, zu begreifen worin wir sind und wie wir gehen sollen.

Die uns umgebende Wirklichkeit ist viel zu komplex, als dass wir sie je angemessen erfassen und nutzen könnten. Und außerdem geht die Batterie unserer Taschenlampe irgendwann zu Ende. Selbst wenn wir Begleiter haben, ein jeder auch mit einer Lampe, und wenn wir dann unsere Lichtstrahlen bündeln würden, oder wenn wir unser Wissen als Erzählung an andere weitergeben: die Wirklichkeit und die Dunkelheit ist, aus der Perspektive des diskursiven Denkens beleuchtet, zu groß für uns.

So ist es richtig, an bestimmten Stellen einen Stopp einzulegen, und zu sagen, hier kommen wir mit Rationalität wahrscheinlich nicht weiter. Ich persönlich bin eben einer, der die Dinge, bevor man wieder von ihnen ablässt, gerne auf die Spitze treibt, zur maximalen Perfektion entwickelt, die Denkfähigkeit, so gut es nur geht, auch ausnützt. Zumindest versuche ich das, weil ich erfahren habe, dass ich dabei nicht nur Erkenntnisse über die von der Taschenlampe beschienene Wirklichkeit bekomme, sondern auch über mich selbst, der ich mit diesem kleinen Licht durch die Gegend funzele: warum etwa richte ich meine Aufmerksamkeit gerade auf diese oder jene Sache, oder setzte ich die Lampe auch wirklich angemessen ein?

Aber es ist somit richtig, was Kauz, Detlef und Talmida anmahnen: wir können bestimmte Bereiche nicht erschöpfend abhandeln, nicht auf diesem Forum und vielleicht in unserem ganzen Leben nicht.

Eine Sache möchte ich noch zu unserer Freiheit sagen. Sie ist nicht sehr groß. Die wenigstens Menschen haben wirklich ihren Atemzug unter Kontrolle, oder ihren Herzschlag, oder ihren Schlaf, oder ihren Verdauungsapparat, oder ihre Emotionen, oder ihre Partnerschaften, oder ihre Arbeit, ihre Finanzen etc. etc. – wir sind extrem fremdbestimmt und Tausenden von Unwägbarkeiten ausgesetzt. Wir sind wie kleine Tropfen an der Oberfläche des Wassers, die hin- und herspritzen mögen, aber der Fluss, in den wir eingebunden sind und den wir kaum kennen, reißt uns unaufhaltsam mit sich.

Die Prophezeiung von Johannes XXIII vertritt einerseits eine extreme Freiheitsforderung, kennt beispielsweise die geheimen Bestrebungen für neue Könige und Kaiser in Europa (Krönung Friedenskaiser!) und bezieht eine klare Gegenposition. Oder sie weist darauf hin, dass der amerikanische Bürgerkrieg mit der Unterzeichnung eines Dokuments vor der „Statue der ersten Heiligen“ beendet wird - offensichtlich die Freiheitsstatue. Doch so sehr John XXL für Freiheit plädiert, so sehr mahnt er auch, demütig zu sein, zu Blumen zu werden (die ihre Kraft ganz aus der Sonne beziehen), zu weißen Lilien. Und die Prophezeiung schließt, wie merkwürdig, mit einem Gebet - das sogar diejenigen einbinden möchte, die nicht beten können.

Wenn ich in einem früheren Beitrag gesagt habe, der Mensch habe die Chance zu Freiheit, das konstituiere ihn erst als Mensch, aber er mache von diesem Potential wahrer Menschwerdung kaum Gebrauch, dann habe ich dabei verschwiegen, wofür diese Freiheit doch am besten genutzt werden solle.

Nach allgemeinem Konsens derjenigen, die sich mit diesem Thema gründlich beschäftigt haben, bringt es am meisten und trägt es am weitesten, wenn man die Befähigung zur Freiheit dazu nutzt, sich systematisch von allen Bindungen an die Welt zu lösen. Im Christentum wird dafür der Ausdruck gebraucht „der Welt ersterben“, oder den „schmalen Weg gehen“. In den indischen Religionen nennt man es „Moksha suchen“, also aus dem Rad der Inkarnationen (nicht nur eines Lebens!) herauszukommen und „Kaivalya“, die absolute Freiheit, zu erlangen. Alle wahren Religionen kennen diesen Weg, er ist überall der gleiche.

Wenn man sich mit Prophezeiungen und Zukunftsprognosen beschäftigt, begibt man sich aus dieser Sicht in eine große Gefahr. Man bindet und fixiert sich auf extreme Weise an die Welt, insofern man sich dabei ja bemüht, sogar die Apokalypse zu überleben – um es mal krass auszudrücken. Das ist dann schon etwas vermessen. Aber ich glaube, wir haben dennoch das Recht, uns im Vorgriff in dieses Szenario hineinzudenken, diese Dunkelheit aus der Ferne schon auszuleuchten – wenn wir dabei in obigem Sinne uns immer wieder auch selbst anleuchten und reflektieren, uns fragen, wer wir sind und was genau wir eigentlich wollen. Dann meistern wir die Apokalypse - und uns selbst.

Ich möchte nun aber wirklich diese hintergründigen und untergründigen Gedankengänge schließen und lieber, wie bereits gesagt, auf private Mails verlegen, wenn wirklich Interesse daran besteht.

Allerdings bemerke ich, dass auch die FLUT, die über Deutschland hereinbrechen wird, augenblicklich nicht der große Renner auf dem Forum ist. Oder befinden wir uns in der Sommerpause? Oder ist das bei Euch schon ein abgehakter, alter Zopf?

Auf meine "Synthese zur FLUT“ gab es nämlich keinerlei Reaktion. Deshalb schreibe ich mir heute Abend wahrscheinlich selbst eine Antwort auf meinen Beitrag, denn ich habe gestern die Vision der „IToma“ über unsere wohl fernere Zukunft entdeckt, die hier auf dem Forum zitiert/verlinkt wurde, und die meiner Synthese exakt entspricht.

Wen’s interessiert, der kann dann ja mal reinschauen.

Euer Gerhard


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