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Spiele mit dem Schicksal (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

Taurec ⌂, München, Mittwoch, 27.06.2018, 12:22 (vor 2102 Tagen) @ traumtaenzerin (3319 Aufrufe)

Hallo!

Den größten und dümmlichsten Allgemeinplatz, den ich auch in einer solchen Diskussion erwarte, ist der unreflektierte, scheinkluge Satz: "Die Zukunft ist nicht in Stein gemeißelt."
Mit dieser rein gar nichts erklärenden Plattitüde scheint für manche die Diskussion erledigt zu sein. (Das nur zur Vorbeugung für den weiteren Verlauf des Fadens. Irgendjemand hat sicher diesen Satz im Kopf. ;-))

Wir hatten das Thema eigentlich schon oft, mit schöner Regelmäßigkeit alle paar Monate.

Zunächst zum freien Willen: Du bist natürlich völlig frei, alles zu wollen, was Du Dir auch nur vorstellen kannst. Beispielsweise könntest Du ein deutscher U-Bootkapitän, eine Milchkuh auf einer bayerischen Alm oder ein von allen Geschlechtsbeschränkungen befreites Inter*transgender_Mannweib werden wollen. In diesem Sinne ist der Wille völlig frei und lediglich durch die Phantasie begrenzt.
Eine ganz andere Angelegenheit ist hingegen die Umsetzung dieses freien Willens, dem in der Regel auch bei weniger ausgefallenen Vorhaben durch das Schicksal entweder Hindernisse oder fördernde Umstände in den Weg gelegt werden. Diese Schicksalswendungen sind nicht unmittelbar beeinflussbar, sondern stellen karmisch eine Reaktion auf unser Sein dar, welches sich nicht einfach so ändern läßt, sondern nur über langwierige aufrechte Anstrengung allmählich wandeln. Das ist das eigentliche "Gesetz der Anziehung". Was Du machst (hier wären allerdings Beispiele nötig), ist womöglich eine billige Form der Magie, die natürlich an anderer Stelle ein Negativsaldo auf Deinem karmischen Konto aufhäuft, welches irgendwann auf Dich zurückschlagen wird, wenn es Dir gar nicht den Kram paßt.
Die New-Age-Esoterik für gelangweilte Hausfrauen, die nach dem Motto "wünsch Dir was vom Universum" sich selbst bestimmen wollen, ist mehr eine Form des Selbstbetrugs des modernen Menschen mit einer gehörigen Portion Verblendung und Einbildung per selektiver Wahrnehmung. So banal kausal läuft die Sache nicht.

Zum Schicksal: Es ist völlig einleuchtend, daß der Mensch nicht per freien Willen alles mögliche verändern und erreichen kann, was er sich gerade einbildet. Die Schöpfung folgt auf allen geistigen und materiellen Ebenen Naturgesetzen, die sich nicht umgehen lassen. Sofern der irrige Eindruck entsteht, man hätte durch eigene Einfälle, geistige Anstrengung, "Wegbeten" etc. das Schicksal verändert, ist das ein Trugschluß. Man bewegt sich nach wie vor im Rahmen der Schöpfungsgesetze und den vergleichsweise geringe konkrete Freiheiten bietenden Leitplanken, die von diesen gesetzt werden.
Es ist nicht davon auszugehen, daß der Schöpfer eine Welt kreiert, die "ihm selbst" (⇐ behelfsmäßige Personifikation Gottes) in irgendeinem Aspekt entzogen wäre. Die Entwicklung des Kosmos in allen großen und kleinen Details stellt sowohl im Verlauf als auch in den angestrebten Zuständen einen fertigen, perfekten und unverbesserbaren Schöpfungsgedanken dar. Hier ist keine Abweichung möglich. In diesem Sinne gibt es auch keinen freien Willen, geschweige denn eine Handlungsfreiheit. Daß wir solche dennoch vermeinen zu haben, halte ich für eine notwendige Illusion des Menschen, die seiner Eigenart gemäß ist und die er braucht, um seine "systemimmanente" Aufgabe im Schöpfungsganzen erfüllen zu können. Diese Illusion bringt als grundlegende menschliche Wahrnehmungskategorie natürlich auch entsprechende Wahrnehmungen hervor. Der Streit zwischen Determinismus und freien Willen wird sich daher niemals beilegen lassen, weil die Bestimmtheit einerseits aus der Wahrnehmung des Natur- und Schöpfungsgeschehens folgt, die Willensfreiheit andererseits dem menschlichen (jedenfalls abendländischen) Selbstbild entspricht.

Mit der Annahme bzw. dem Verlangen des Menschen, per freien Willen restlos selbst zu bestimmen, setzt sich der moderne Mensch gewissermaßen selbst an die Stelle Gottes (nachdem er ihn zuvor weltanschaulich "getötet" bzw. negiert hat). Moderne Esoteriker, die mit den Schicksalsgesetzen experimentieren und Wirkungen hervorrufen wollen, stellen lediglich das spirituelle Gegenstück des technokratischen Planbar- und Machbarkeitswahns dar, der im Fahrwasser der Aufklärung und des technischen Fortschreitens kommt.
Die Schicksalsgesetze reagieren natürlich nicht auf das, was der Mensch oberflächlich will und wünscht, sondern auf seine tieferen Beweggründe, die er vor sich selbst verschweigt und aus dem Bewußtsein drängt, eben auf sein eigentliches Wesen. Das frevelhafte Vorhaben, sich das Schicksal zu unterwerfen und sich zu Diensten zu machen, muß einer höheren Logik folgend zwingend auf den Menschen zurückschlagen und wird ihn je nach Schwere des Eingriffs auf milde und bestimmte Art geraderücken oder (jedenfalls für den Lauf eines Lebens) irreparabel zerbrechen.

Wenn unser Schicksal vorgegeben ist, wie es solche präkognitive Phänomene implizieren

Der Präkognition ist allerdings völlig egal, was Du frei willst, da sie zeigt, was tatsächlich passiert. Was passiert, ist hingegen weitestgehend unabhängig von dem, was der Mensch in die Wege leitet, da er zwar (scheinbar) frei wollen und begrenzt frei handeln kann, ihm die Folgen seines Handelns aber weitestgehend entzogen sind. Selbst detailliert vorausberechnete Pläne können jederzeit durch unbekannte Faktoren, die das Schicksal repräsentieren, aus der Bahn geworfen werden.
In den wenigen Fällen, in denen tatsächlich nach vorangeganger Präkognition ein Konflikt mit der Willens- und Handlungsfreiheit auftrat, konnte das Ergebnis im Sinne der Illusion des freien Willens geändert werden. Eine solche Möglichkeit ist natürlich in jeder anderen Lebenssituation, die nicht präkognitiv vorausgesehen wurde, nicht gegeben. Hier laufen wir wach und illusorisch frei in den Leitplanken des Schöpferwillens.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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