Avatar

Bei Prophezeiungen nicht stringent trennbar (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

Taurec ⌂, München, Montag, 28.05.2018, 14:26 (vor 2150 Tagen) @ Bernhard in Berlin (1269 Aufrufe)

Hallo!

Ist es nicht naheliegend, dass es sich bei Prophezeiungen in einigen Fällen um Schauungen handelt, die lediglich aus religionspädagogischen Gründen bzw. zur Ausschmückung mit religiös gefärbten Mahnungen versehen werden?

In dem Fall werden doch Schauungen automatisch zu Prophezeiungen, indem Nichtseherisches hinzugefügt wird. Es hat aber wenig Sinn, aus einem solchen Gewurschtel alles religiöse, das einem nicht gefällt, abzuziehen, um dann zu glauben, der Rest wäre eine Schauung.

Jede Aussage, die auf Grundlage einer Schauung erfolgt, und aussagt, was passieren soll (auch ohne Wenn-dann-Kondition), ist automatisch eine Prophezeiung.
Als Schauung bzw. Schauungsbericht kann logischerweise nur gelten, was mit möglichst wenig Interpretation und Spekulation die Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle, die man während des Prozesses des Sehens selbst hatte, beschreibt. Alles Nachträgliche ist prophetisches Beiwerk.

Bei älteren Texten läßt es sich nicht einfodern, bei Zeitgenossen indes, die auch nach Aufforderung keine Schauungen beschreiben können oder wollen (z. B. Rubenstein/Maria S.), kann meines Erachtens als sicher gelten, daß sie sich etwas einbilden oder frontal lügen.

Einem Text, der das nicht leistet, muß man ja zwangsläufig mit Vorbehalt begegnen, weil nicht klar ersichtlich ist, was der Autor einem nur als Wahrheit oder Tatsache weismachen will.

Eine Prophezeiung folgt dem Schema "wenn ihr nicht umkehrt/euch bessert/endlich Gottes Willen gehorcht, dann wird X passieren".

Ja, manche machen das. Wieder andere sind lediglich Voraussagen (= das Wort Prophezeiung in seinen etymologischen Bestandteilen durch die hochdeutschen Äquivalente ersetzt), die aussagen, was passieren soll.

Da im religiösen Kontext aber davon auszugehen ist, dass der Mensch nie auf einmal gut wird, bzw. immer der Sünde verhaftet bleibt, und also das Angedrohte in jedem Fall eintreffen wird, so liegt doch der Schluss nahe, dass die Aufforderung zur Läuterung lediglich einleitendes Beiwerk ist, das den Gläubigen empfänglicher machen, in seinen religiösen Bemühungen bestätigen und bestärken soll, und der Zukunftsschau Legitimität verleihen soll.

Ebenso und meines Erachtens wahrscheinlicher kann man davon ausgehen, daß in solchen Fällen die Konsequenzen ausbleibender Läuterung lediglich erfundene Drohungen und Strafen ohne seherischen Grundgehalt sind. Man mag das Wort "erfunden" auch durch "im Rahmen der religiösen Vorstellungswelt erwartet" ersetzen.
Es handelt sich im in der apokalyptischen Vorstellungswelt seit Jahrtausenden verankerte religiöse Erwartungen, die vom Mitteilenden als real geglaubt werden. Daß diese Vorstellungen seherisch wären, ist ein Vorurteil bzw. ebenfalls ein Glaubensgrundsatz. Wenn die Leute es nicht glaubten, liefe das ganze Gedrohe ja ins Leere.

Oder in anderen Worten, Prophezeiungen mögen Schauungen sein, die so ausgeschmückt werden, dass der gläubige Leser dort abgeholt wird, wo er steht.

Möglicherweise liegt in seltenen Fällen eine echte Schau über eine künftige Katastrophe vor, die mit Elementen des monotheistischen Endzeitmythos ausgedrückt wurde, weil der Sehende selbst davon überzeugt war und alles vermischt hat.

Sobald das übliche "Wenn-du-nicht-katholisch-dann-Strafe-Gerede" kommt, sollte man sich fragen, für wie blöd der Überbringer wohl seine Schäfchen halten muß, wenn er ihnen das Blaue vom Himmel erzählt, statt sachlich zu berichten, was er über die Zukunft erfahren hat, damit diese selbst entscheiden, wie sie damit umgehen sollen.
Die religionspolitische Intention macht eine irgendwie geartete Manipulation sehr wahrscheinlich, selbst wenn man an das Endzeitmärchen glaubt.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


Gesamter Strang: