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Über die Motivation, die Urfrage zu stellen (Freie Themen)

Fenrizwolf, Samstag, 05.05.2018, 07:12 (vor 2182 Tagen) @ Ranma (ランマ) (2824 Aufrufe)

Hallo!

Ein paar schöne Gedanke habt Ihr da schon zusammengetragen.

Damit diese Wahrheitssuche, bar jeder Beweisbarkeit im Hier und Jetzt, nicht als autosuggerierte Heilserwartung, bar jeder Grundlage, nackt dasteht, will ich noch etwas sehr Gewichtiges in die Waagschale werfen: die Intuition.

Christliche Belehrung und liebevoll hergerichteter Zauber für die empfängliche Kinderpsyche haben sicherlich ihre Spuren hinterlassen.
Andererseits ist da der Grusel, der ebenfalls tradiert und wohl ausgestaltet uns in jüngsten Jahren auf Abenteuer schickt.

Um sich schließlich zu orientieren, gibt es Berge von Müll aus dem eigenen Oberstübchen herauszutragen.
Mancher meint, wenn die Ratio erst in das spärlich möblierte Zimmer eingezogen ist, er sei nun Herr im Hause, und alles Verwirrende bloß Märchen für die Dummen, die blöd genug sind, um zu glauben.

Ich gehe davon aus, daß fast jeder der hier über Monate oder Jahre mitliest oder schreibt, schon mehr mitbringt, als eine Affinität für romantisch, wolkigen Esoterikkitsch.
Um nicht gänzlich dem Lager der materialistischen Besserwisser oder dem der hingebungsvoll unmündig Glaubenden zu verfallen, muß sich intrinsisch über die Jahre schon einiges getan haben.

Ohne einen Willen oder ein Bedürfnis, tut sich das doch niemand an - im Gegensatz zu den Totgeweihten, die schnell noch genug Opportunismus aufbieten, um sich trotz nie empfundener Demut, im Angesicht des unausweichlichen Todes, nicht den Weg in den Himmel zu verbauen.

Ich hatte mich mal mit einem Freund regelrecht darüber gezofft, ob es denn nach dem Tod weitergeht.
Als Mensch, der sonst keine gute Eigenschaft missen ließ, war er vielleicht gerade wegen seines akademischen Werdegangs extrem materialistisch geprägt, und schloß alles Weitere aus.
Der hypothetische Unfalltod, den ich als gedankliche Herausforderung in der Diskussion bemühte, trat dann kurz darauf für ihn tatsächlich ein.
Erst hatte ich das nach dem Schock gar nicht mehr parat, dann war es mir etwas unheimlich, doch rückblickend war meine Leidenschaft in diesem Disput ihm posthum vielleicht sogar nützlich.

Oft erliegen wir der Annahme, daß es streng getrennt das Diesseits und das Jenseits gibt.
Hier sind wir sicher, bewegen uns in bekanntem Terrain (irrig!) und geben dem Tod keinen Platz in unserer Märchenwelt hienieden.

Womöglich könnte es falscher gar nicht sein.

Nackt und ohne Landkarte, ohne Bedienungsanleitung und sinnvolles Werkzeug landen wir auf einer kalten Erde, denkt man leicht.
Als Säugetiere genießen wir aber eine extrem hingebungsvolle Brutpflege, und vor allem in jungen Jahren brillieren wir durch Erkundungswillen, Eigensinn, Sorglosigkeit, Hingabe und erschaffen mithilfe der eigenen Phantasie ganze Reiche.

Wer sich zu Lebzeiten nicht total ertöten läßt, der verspürt in allem Unbehagen doch immer eine Sehnsucht, die ihn zeitweilig demütig macht, und zur Einkehr ermahnt.

Die Welt ist nicht entzaubert, es geht nur das Gespenst der Hybris um.

Im freien Fall
Fenrizwolf


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