das Leid einzelner und der Fortschritt (Freie Themen)

Baldur, Dienstag, 01.05.2018, 15:48 (vor 2159 Tagen) @ Ranma (2979 Aufrufe)

Hallo, Ranma,


In einem Schlaraffia würde alles einschlafen und dekadent werden, Fortschritt gäbe es nicht mehr, denn es passte ja alles, Verbesserungen wären nicht nötig.
Aller Fortschritt wurde aber aus Not heraus geboren, aus Leidensdruck.


Fenrizwolf leidet. Ich leide, obwohl ich endlich ein leichtes Schimmern am Ende des Tunnels sehe. Wo ist der Fortschritt?

Vielleicht ist das das Antriebsmoment der Schöpfung.....auf die Opfer kommt es nicht an, Einzelfälle gehen in der Natur unter, es zählt nur das grosse Ganze, das Überleben der Art, der Gattung, der Spezies.

Die im Dunkeln sieht man nicht. Pech gehabt. Scheiss System.

wie schon oben ausgeführt, der Natur sind Einzelne völlig egal.

Ihr kommt es nur auf den einen Samen an, der in die Erde fällt und keimt, die anderen 999, die, auf welche Weise auch immer, ob noch nützlich als Futter oder völlig unnütz im Sumpf) zugrundegehen, sind ihr völlig egal.

Andererseits erinnere ich mich an an einen Film, er hiess wohl Lorenzos Öl, in dem Eltern für ihr unheilbares Kind eine Heilung suchten und fanden.
Das ist zwar ein schlechtes Beisipel, weil das Leiden der Kinder ja gar keinen Sinn hat, aber es zeigt, was aus Not heraus alles (für einen einzelnen Erfinder/Entdecker) möglich wird.

Es wurde erfunden, weil es etwas plötzlich nicht mehr gab (Margarine statt Butter), oder weil es vorher zu mühsam und ineffizient war (Webstühle), oder um Mühsal zu vermindern (Strom), oder weil man ein Elend nicht mehr mit ansehen konnte und helfen wollte (Film "Zeit des Erwachens").

Wieder stellt sich die Frage, wieso es überhaupt zuvor das Leiden geben muss.

Trotzdem ist die gesamte Zivilisation letztlich auf diesen Motivationsschub zurückzuführen, etwas verbessern zu müssen, das Eine baute auf dem Anderen auf.

Firmengründungen aus Arbeitslosigkeit heraus wären auch so ein Thema, so gibt es in Belgien eine Art Recyclingsystem als Aus-zweiter-Hand-Geschäft, das Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose schafft und Abfall verringert sowie Bedürftigen die Chance gibt, günstige Geräte zu erwerben, eine dreifache Gewinnsituation, die es ohne den Druck auf die Gründer nicht gäbe.

Ich betone nochmals, das beleuchtet nur die wenigen Einzelfälle, die es schafften, der Masse an Leidensträgern, die sich nicht helfen können, hilft das rein gar nichts.

Ich zweifle ja grundsätzlich an Barmherzigkeit und Gerechtigkeit.

Dennoch ist das Argument aus Sicht des Beobachters nicht leicht zu entkräften, siehe das Beispiel mit den 999 Samen, die zugrundegehen.
Und der Tausendste fällt vielleicht auf einen kargen Untergrund und hat ein jämmerliches Dasein, trotzdem bildet er den Grundstein für weiteren Bewuchs und letztlich eine Biotopverbesserung.
Irgendwer nachher profitiert - vielleicht - davon, wenn es ihn schon längst nicht mehr gibt. Oder auch nicht.

Die Natur ist anonym und grausam, das weiss jeder Bauer und Jäger.

Vielleicht hat sich die Menschheit deswegen Götter nach ihrem Angesicht geschaffen, die posthume Gerechtigkeit versprechen, weil die brutale und nüchterne Realität sonst nicht zu ertragen wäre...oder nur im Suff.

Beste Grüsse vom Baldur


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