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Einen „Ausweg“ (Freie Themen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 11.01.2018, 12:21 (vor 2290 Tagen) @ schwelmi (2335 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Donnerstag, 11.01.2018, 12:27

Hallo!

Einen Ausweg zeigst du mit deinem Beitrag auch nicht auf.

Nicht als Kritik an Dir, sondern daran anknüpfend allgemein gedacht:

Auswege werden immer wieder gefordert, z. B. notorisch von „Lechbrucknersepp“ im Gelben Forum, die jede Kritik an der Demokratie damit abschmettern will, daß man gefälligst ein Alternativsystem präsentieren solle, das es besser mache.

Das ist ein Problem der Geisteshaltung. Der zivilisierte Mensch ist von der tiefempfundenen Gewißheit durchdrungen, daß sich rational absolut jeder Bestandteil der Gesellschaft und des Menschen planen und beeinflussen ließe, wenn man nur den richtigen rationalen Ansatz und das passende Konzept zu Lösung eines Problems hätte. Eine Stufe höher erscheint selbst die Menschheitsgeschichte planbar, wenn man mit dem richtigen politischen Konzept und der richtigen Strategie heranginge, um an Staat und Gesellschaft den richtigen Hebel anzusetzen.
Wem also die Demokratie (oder ein anderer Systembestandteil) nicht gefällt, der möge auch gefälligst ein funktionierendes Alternativkonzept präsentieren.

Hingegen sollte klar werden: Der Grundfehler der modernen Zivilisation, die ein „System“ ist, liegt nicht in der inhaltlichen Ausformung bzw. der Organisationsform des Systems, sondern in seiner Eigenschaft der abstrakten Konstruiertheit. Man wiederholt nur den grundlegenden Systemfehler, wenn man das Übel durch das selbe Übel mit anderer Fassade ersetzen will. Letztlich ist es schon falsch, in dieser Hinsicht überhaupt etwas zu wollen, zu konstruieren und zu planen.

⇒ Solange man sich nicht den Fehler des Kritisierten zueigen macht, soll man gezwungen sein, jede Kröte zu schlucken und sich damit den Fehler des Kritisierten zueigen zu machen. Ein hübsch geschlossenes Weltbild, das stets auf sich selbst zurückführt, so daß wahre Alternativen gar nicht denkbar werden.
Jemand, der einer philosophischen Beschreibung herrschender Sachverhalte mit der Forderung nach einer Lösung begegnet, der kommt schlicht nicht aus seiner sterilen zivilisatorischen Denke heraus und will dementsprechend dem unbequemen Kritiker seinen Denkrahmen aufzwängen, um ihn unschädlich zu machen.

Der Ursprung des Planbarkeits- und Machbarkeitswahns liegt im Humanismus, der den Menschen ins Zentrum des Universums gerückt hat. Erkenntnis und Entwicklung des Menschen, letztlich Individualismus. Darauf folgt mit wachsender Entfremdung von der Natur die „Aufklärung“ und der Rationalismus, die eine menschengemäße Gesellschaft entwerfen wollten, die auf rationaler Erkenntnis der Natur und des menschlichen Wesens beruht, um durch entsprechende Einrichtung der Institutionen und Beeinflussung der Umwelt den Menschen zur Freiheit zu führen (natürlich von den überkommenen Bindungen, die ihn blockieren). Das liegt heute derart tief im Seelengrunde und Selbstverständnis des modernen Abendländers, daß es in der Regel gar nicht mehr wahrgenommen wird, geschweige denn, daß man sich vorstellen könnte, wie man vor Anbruch dieser Epoche empfunden hat.

Die Gewißheit der Allgegenwart einer transzendenten Welt, aus deren Gesetzmäßigkeiten sich alles ergibt, was in der Lebensumwelt wahrgenommen wird, die auch durch spirituelle Erfahrungen persönlich als Wirklichkeit erlebt wurde, ist der Kern der Tradition. Ihr Bestreben liegt darin, die menschlichen Einrichtungen auf die göttlichen Gesetze auszurichten, so daß das ganze Leben in jeder Regung ein Gottesdienst wird. Der Mensch bestimmt nicht selbst den Rahmen seines Daseins, sondern fügt sich organisch in etwas ein, das ihn bei Weitem übersteigt und ihm überhaupt erst den Sinn seines Lebens gibt. Sich davon zu entfernen ist Fortschritt.

Jeder Lösungsweg (sofern ich mir mit dieser Wortwahl nicht selbst widerspreche ;-)) müßte eigentlich die Zivilisation und den modernen Staat als nicht mehr zu rettende und auch gar nicht rettungswürdige, in letzter Konsequenz sogar zerstörungswürdige dämonische Phantome beiseite lassen und den Menschen wieder zu seinen im vorigen Absatz umrissenen Grundlagen zurückführen. Dies bedeutet zwingend, daß der Weg nicht kollektiv, sondern nur vom Einzelnen gegangen werden kann. Es handelt sich um einen Akt persönlichster Erkenntnis und letztlich Einweihung, bei dem man den vielgesichtigen Dämon der Zivilisation in sich ein für allemal töten muß.
Für die uns umgebende Gesellschaft bedeutet dies, daß sie irgendwann verschwinden muß und mit ihr wohl an die 90 % der Menschen darin, die nur wegen der systematisch organisierten Ausbeutung der Welt überhaupt am Leben sind. Das ist das äußere Gegenstück des inneren Ausweges, das auch irgendwann eintreten wird.
Dann kann sich aus den auf ihre transzendenten Wurzeln zurückgeführten Einzelnen, zunächst über einfache Gruppenbildungen, schließlich organisch von der Basis nach oben wachsend eine neue Kultur formen.

Natürlich ist das aus Sicht des gemeinen Zivilisten kein „Ausweg“, sondern das Ende. Er will nach Möglichkeit die Welt verbessern, ohne sich selbst zu ändern, ohne irgendeine seiner „Errungenschaften“ aufzugeben.
Indes ist das Gegenteil richtig: Nach Möglichkeit sich selbst verbessern, zu seiner eigentlichen Natur finden, ohne der Welt und ihren luziferischen Angeboten zu verfallen. Das ähnelt natürlich nur oberflächlich dem humanistischen Ideal, welches eine materialistische, auf das Diesseits fokussierte Aberration des ursprünglichen Weges ist, die ins Nichts führen muß.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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