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Vulkanismus war damals bereits bekannt (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Sonntag, 17.12.2017, 10:30 (vor 2321 Tagen) @ BBouvier (4238 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Sonntag, 17.12.2017, 10:36

Hallo!

Markant ist da insbesondere die Erwähnung des Massentourismus ab den 60er Jahren an die Strände Spaniens und Italiens:
"Dantes und Cervantes welscher Laut
Schon dem deutschen Kinde ist vertraut,
Und am Tiber - wie am Ebrostrand
Liegt der braune Freund von Hermannsland
."

... was Hingerl irrig als "die guten Zeiten nachher" versteht und daher ganz an das Ende seines Gedichtes setzt.

Ja, klar. Auch er lebte in der christlich-endzeitlichen Naherwartung und setzte die Ereignisse in seiner nächsten Zukunft an. Daher kam nach der deutschen Niederlage und dem Versailler Diktat mit seinen Folgen nicht etwa der Zweite Weltkrieg und eine noch schlimmere Zerlegung Deutschlands, sondern der Wiederaufstieg und das "goldene Zeitalter". Eine möglichlicherweise echte Schau zum Massentourismus hat er mangels weiterer eigener Schauungen dahineingelegt.

Und Hingerl muß noch eine weitere valide Prophezeiung/Schau zugänglich gewesen sein, die wir nicht kennen. Nämlich eine, die "Staubesnacht" = "Staub/verschattende Aschen" zum Inhalt hat.

So weit würde ich (noch) gar nicht gehen. Er hatte zumindest eine uns bei unserer immer noch sehr laienhaften Quellenkenntnis der Prophezeiungsliteratur des 19. Jahrhunderts einen Text vorliegen, in dem die Idee (!) von Stäuben schon vorkam. Daraus folgt aber nicht, daß diese Quelle auf echten Schauungen basiert und nicht doch nur die alte christlich-endzeitliche Strafgerichtklamotte durch erfundene Details abwandelt. Beim Ausbruch des Tamboras 1815 und aus Sicht des Lindelieddichters in jüngerer Zeit der Ausbruch des Krakataus 1883 dürfte die Möglichkeit großer Ascheniederschläge auch dem etwas weltgewandteren Bürger ins Bewußtsein gedrungen sein.

Man sollte auch die Erforschungsgeschichte Pompejis ab 1863 im Hinterkopf behalten, insbesondere die Gipsabdrücke der Menschen im Todeskampf hinsichtlich der wissenschaftlichen Erkenntnis des "Atemkrampfes", der im Lindelied vorkommt.

Der Ausbruch 1883 erregte weltweit Aufsehen:
"Überall rund um die Erde wurden aufgrund der Partikel in der Atmosphäre, an denen es zu Lichtbrechungen kam, spektakuläre Sonnenuntergänge beobachtet. So soll einer Untersuchung US-amerikanischer Wissenschaftler zufolge die auffallende rötliche Färbung des Himmels in Edvard Munchs berühmtem Gemälde 'Der Schrei' auf die nach der Eruption weltweit veränderte Färbung des Himmels zurückzuführen sein. Munch schrieb in seinem Tagebuch: 'Plötzlich färbte sich der Himmel blutrot, die Wolken aus Blut und Flammen hingen über dem blau-schwarzen Fjord und der Stadt'."
"Ein Astronom berichtete über die totale Mondfinsternis am 4. Oktober 1884 an 'Nature', dass … die Verdunkelung des Mondes weit über den Grad hinausgeht, den man bei Finsternissen der letzten Zeit gesehen hat."
"Der Ausbruch des Krakatau im Jahre 1883 wird in der Medienwissenschaft als eines der frühesten Beispiele für das globale Dorf angeführt. Ohne die telegraphischen Berichte nach Europa wäre beispielsweise die Flutwelle nicht erkannt worden."

Wir können davon ausgehen, daß ab diesem Zeitpunkt der genaue Ablauf vulkanischer Katastrophen und ihre Begleiterscheinungen den Menschen in Europa bekannt waren. Von da an waren einige der Elemente, die wir aus den späteren Prophezeiungen kennen, als Idee und Möglichkeit in der Gedankenwelt vorhanden. Es ist davon auszugehen, daß dies auch die Vorstellung von der endzeitlichen Katastrophe beeinflußt und zum Entstehen neuer Details geführt hat.

Bis dahin war in den Prophezeiungen lediglich von einer unspezifischen "Verpestung der Luft" (Taigi 1870, Matarelli 1871) neben den religiösen Begleiterscheinungen (Dämonen etc.) die Rede. Ich meine, man kann parallel mit dem Erkennen der Naturzusammenhänge verfolgen, wie die Prophezeiungen präziser wurden, sodaß beispielsweise bei Jahenny (nach 1891) zu lesen ist:

"Weder der Wind noch der Sturm noch die Erdbeben werden sie auslöschen. Wolken, rot wie Blut, werden am Himmel vorüberziehen; das Krachen des Donners wird die Erde erschüttern. Unheilbringende Blitze werden die Strassen durchzucken und dies zu einer Zeit, zu der sie sonst nie vorkommen (Winter). Die Erde wird bis in ihre Grundfeste erschüttert werden. Das Meer wird schäumende Wogen über das Festland schleudern …"

So vorschnell, daß notwendigerweise eine echt Schau irgendwo vorhanden war, würde ich nicht sein. So traurig es ist und so verständlich der Wunsch nach echten Schauungen aus dieser Zeit auch sein mag, darf man das Ausmaß des Betruges, auch des Selbstbetruges der Gläubigen, nicht unterschätzen, aber auch nicht die Kreativität der Autoren und Interpreten sowie die bereits Ende des 19. Jahrhunderts vorhandene Kenntnis in den Naturwissenschaften. Als neuere Entdeckung ab 1980 kann man wohl die Impakte werten, nicht jedoch Vulkanausbrüche, die weitgehend schon die aus Schauungen & Prophezeiungen bekannten Naturerscheinungen mit sich bringen.

Der Aha-Durchbruch Richtung "Stäube/Aschen" kam erst deutlich später, u.a. mit den erst hier in der Quellensammlung veröffentlichten ganz jungen und dokumentierten Schauungen.

Der Durchbruch kam bei uns (!) wohl doch eher nicht ganz undummen Prophezeiungsgläubigen :augenrollen:, die jahrzehntelang im Banne des Wahngebildes "Atomkrieg" standen, das alle Interpretationen beherrschte. Vor der Erfindung der Bombe waren die im Prophezeiungsbereich literarisch tätigen, die sowohl an die Endzeitklamotte glaubten, aber auch zeitgenössische naturwissenschaftliche Entdeckungen mitbekamen, womöglich schon auf dem richtigen Weg bzw. näher an dem, was ihre Prophezeiungstradition mit dem Strafgericht eigentlich meinte (nämlich ein dem göttlichen Willen entspringendes Naturgeschehen, keine menschengemachte Atomkatastrophe).

… daß es offensichtlich vor bereits 100 Jahren eine Hingerl damals zugängliche Quelle gab, die die Ursache der "Dunkelheit" offenbar korrekt auswies.

Es wird zumindest korrekt ausgewiesen, was wir uns jetzt als Begleiterscheinung der Dunkelheit denken, woraus Du folgerst, da müßte es eine echte Schauu gegeben haben, in der Annahme, die für einen selbst bahnbrechende Erkenntnis "Aschen & Stäube" :surprised: wäre unseren allzu unwissenden Vorfahren gar nicht möglich gewesen.
Eine Ursache der Dunkelheit gibt übrigens auch das Lindelied nicht an, sondern lediglich Begleiterscheinungen.

Daß uns diese Prophezeiung jedoch nicht bekannt ist!
Viel schlimmer jedoch noch: Was ist, falls in jener - wohl validen - Quelle noch weitere künftige wichtige Tatsachen geschildert wurden, von denen wir allerdings keinen blassen Schimmer haben - und das nur, weil Hingerl die nicht in sein Gedicht aufgenommen hat?

Den möglichen Gehalt dieser vermuteten Prophezeiung, deren Existenz nicht bewiesen und nicht beweisbar ist, sollte man nicht überschätzen. Vor allem sollte man davon ausgehen, was damals naturwissenschaftlich tatsächlich schon bekannt war, nicht von dem, was man sich heute so vorstellt, daß sie sich gedacht haben könnten.
Ich unterstelle, daß wir nicht die ersten sind, die sich über naturwissenschaftliche Hintergründe des Prophezeiungsgeschehens Gedanken machen, daß man auch vor 100 Jahren schon Ideen hatte, die unseren heutigen vergleichbar sind, und daß deren Wiedergabe in Prophezeiungen (nicht zu verwechseln mit Schauungen) mitnichten bereits für Echtheit spricht.

Eine Bemerkung zum Abschluß noch.
Aus Hingerls Gedicht:
=>
"Winter kommt, drei Tage Finsternis,
Blitz und Donner und der Erde Riß
."

Vom 9. Juni 1881 datiert eine Durchgabe Jahennys aus der geistigen Welt:
"Was sich angehäuft hat, wird rasch nacheinander folgen: Blitze, Schreckenszeichen, Spaltung der Erde und ein Firmament mit unverständlichen Phänomenen für den menschlichen Geist."

Das bedeutet zwingend, daß die Idee eines Erdrisses im geistigen Sammelsurium der Menschheit spätestens 1881 schon vorhanden war. Es bedeutet nicht, daß Hingerl die Aussagen Jahennys kannte. Wir sollten auch die Möglichkeit offen lassen, daß es bereits andere Prophezeiungen gab, in denen eine "Spaltung der Erde" genannt wird. Ich unterstelle, daß wir, die wir größtenteils noch immer auf die Massenquellen Bekh, Loerzer, Trülle, Beykirch etc. zurückgreifen und dies für der Weisheit letzten Schluß halten (als ob es darüber hinaus nichts geben könnte), noch immer nicht alle existenten Quellen kennen.

Auch für diesen Erdriß ist mir in der Prophezeiungsliteratur keine Vorlage bekannt.
Die Originalität läßt auf Validität folgern.

Daß allerdings in einem Haufen literarischer (also intellektuell erdachter, fingierter) Erzeugnisse innerhalb der Literaturgattung "Prophezeiung" sich ausgerechnet echte Schauungen verbergen sollen, weil es keine bekannte literarischer Grundlage gibt, dünkt doch recht unwahrscheinlich. Auch jede literarische Erfindung kam irgendwann zum ersten Mal in die Welt, ist aber deswegen nicht zwangsläufig eine Tatsache.

Im Grunde werden die potentiell echten Lindeliedfragmente, wenn man naturwissenschaftliche Kenntnis unterstellt, die interpretativ ins Endzeitgeschehen eingeflochten wurden, auf den "braunen Freund aus Herrmanns Land" reduziert. Wenn aber 99 % des Liedes nur auf Vorlagen basieren, endzeitlicher Deutung der Gegenwart und naturwissenschaftlichem Ertrag der (damals) jüngeren Forschung, warum sollte dann ausgerechnet dieses eine Fragment echt sein? Wahrscheinlicher ist, worauf Randomizer hinwies, daß man es sich damals womöglich schon denken konnte.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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