Reinkarnation und Präkognition (Übersinnliches & Paranormales allgemein)

Sagitta, Samstag, 15.07.2017, 16:18 (vor 2474 Tagen) (2077 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Donnerstag, 16.08.2018, 12:08

Guten Tag!

Ich habe nichts Neues zur Weltenwende, jedoch ein interessantes Buch in die Hände bekommen, das ich an Interessierte weiterempfehlen möchte:

Seelenvermächtnis von Udo Wieczorek und Manfred Bomm, Meßkirch (Gmeiner) 2015. Es steht in Verbindung mit dem Buch "Flieg, mein roter Adler", Remscheid (Re Di Roma) 2009, vom damals noch pseudonymen Autor U.W. Mercz.

Thema und Geschichte sind in beiden Werken gleich, das Buch 2009 hat die Form eines (autobiographischen) Romans, das Buch von 2015 ist dokumentarisch und in Zusammenarbeit mit dem Journalisten Manfred Bomm verfasst. Aufs Äußerste komprimiert findet sich das Geschehen in einem Artikel von Bomm hier:

https://ludwigdertraeumer.wordpress.com/2017/05/02/neues-leben-nach-ostern-und-altes-davor/

Im August 1915 fällt im Gebirge an der Frontlinie zwischen Österreich und Italien auf österreichischer Seite ein Vinzenz Rossi. Wenige Tage zuvor hat er einen italienischen Soldaten erschossen, der überlaufen wollte, was Vinzenz aber zu spät erkennt. Es handelt sich zudem um seinen Freund Josef, der durch den Krieg auf die andere Seite geriet, aber eigentlich zurück zu Vinzenz wollte. Beide hatten früher viele Bergtouren und - besteigungen gemeinsam gemacht und dabei aufregende Erlebnisse gehabt, die sie aufs Engste zusammenschweißten. Durch eine junge Frau, zu der sich beide hingezogen fühlten, entstand zwischen beiden eine Distanz und ein Dissens, dann riss der Krieg sie ganz auseinander.

Beim Beschuß von Sexten wird die junge Frau getötet. Aber nur Vinzenz erfährt dies. Josef dagegen fasst den Entschluß überzulaufen und schreibt einen Brief an Vinzenz, den er an einem Ort deponiert, den er und Vinzenz schon früher zum Austausch von Nachrichten benutzt hatten (toter Briefkasten). Das macht er, weil er sich nicht sicher ist, ob die Flucht gelingen wird. Tatsächlich wird er dann von seinem eigenen Freund erschossen, weiß aber nicht, wer der Schütze ist. Im hinterlassenen Brief will er Vinzenz den Streit verzeihen und wünscht, dass Vinzenz mit der jungen Frau glücklich wird.

Als Vinzenz realisiert, wen er getötet hat, fällt er in einen Schock und will selbst nicht mehr weiterleben. Zugleich sehnt er sich nach einer Aussprache mit dem Freund Josef. Er wird unvorsichtig oder läuft bewußt in eine gefährliche Situation hinein, wird von einer Granate getroffen und in einer Höhle neben dem Schützengraben verschüttet. Während er langsam verblutet hat er Visionen und schreibt mit letzter Kraft einen Brief, den er mit dem Wachs seiner Kerze gegen Feuchtigkeit schützt, in eine Blechbüchse legt und sorgfältig verpackt. Er legt eine Münze hinein, die ein österreichischer Heller gleich jenem ist, den auch Josef mit seinem Brief am toten Briefkasten zusammen deponiert hat; einst hatten sie diese Münzen als Jugendliche zur Freundschaft getauscht.

In Jahr 1970 wir in Ulm ein Kind geboren, dass erstmals mit 4 Jahren von Albträumen geplagt wird. Diese tauchen periodisch immer wieder auf und werden intensiver nach einem Nahtoderlebnis bei einer Darm-OP im November 1993. Die Albträume und Visionen handeln von Kriegsszenen im Gebirge. Bei einem Urlaub in Südtirol verschärfen sie sich. Es taucht zum ersten Male der Gedanke auf, dass es sich um Erinnerungen an ein früheres Leben handeln könnte. In den 1990er Jahren beginnen gezielte Recherchen, die am Ende sogar zu Grabungen führen: beide Briefe und beide Münzen werden wiedergefunden. In den 2000er Jahren werden die ganzen Erlebnisse aufgeschrieben, in Form des erwähnten Romanes, der dann 2009 erscheint. Ein Journalist wird darauf aufmerksam und motiviert zu weitergehenden Recherchen in Archiven. Die Vermutungen und Rekonstruktionen bestätigen sich in den Jahren 2013 und 2014. Es wird der Familienstammsitz und es werden Nachkommen der Familie Rossi gefunden, wobei klare Gefühle von Identiät entstehen, weitere Erinnerungen und Bestätigungen auftauchen, bis hin zu 'Rückfällen' in den Dialekt, der damals im Raum Trient gesprochen wurde.

Nun zum entscheidenden Punkt: während seines Sterbens Mitte August 1915 hat Vinzenz offenbar Visionen von einem Mann in der Zukunft. Es sieht ihm über die Schulter und blickt in ein Buch, in dem er auch eine Jahreszahl erkennt. Sein letzter Brief ist im Grunde ein Aufruf an diesen unbekannten Mann, von dem er weiß oder spürt, dass er ihn, den Vinzenz, dereinst suchen wird, und zwar im Jahr 1995. Er redet ihn an als "den Mann von 1995". Und er bittet ihn, dass er auf eine Weise, die er derinst wissen würde, ihn, den sterbenden Vinzenz, mit dem Josef wieder versöhnt und den Josef um Verzeihung für den tödlichen Schuß bittet - weil er, der Vinzenz, es jetzt selbst nicht mehr tun kann.

Bei der ersten Recherchereise des heutigen albtraumgeplagten Mannes, eben der Autor Udo Wieczorek, in die Dolomiten im Jahr 1995, macht dieser Udo einen Eintrag in ein Gipfelbuch ganz in der Nähe des ehemaligen Kriegsgeschehens, und er hat, als er schreibt, das Gefühl, dass jemand bei ihm ist und ihm über die Schulter blickt. Zwei Jahre später, nachdem die Briefe gefunden sind, erfüllt Udo die Bitte von Vinzenz. Danach hören die Albträume, Visionen, Ahnungen und Erinnerungen auf.

Der Text des Buches von 2015 ist schwierig zu lesen, weil man biographisch und dokumentarisch an die Lösung dieses Schicksalsrätsels herangeführt wird und alle jeweiligen Emotionen mitberichtet werden. Das Buch von 2009 kenne ich noch nicht. Bemerkenswert empfand ich die Schilderungen der Visionen von der Vergangenheit (Retrokognitionen und/oder 'eigene' Erinnerungen) und den dabei sehr oft stattfindenden Verlust der Identität. Tatsächlich sind nach meiner gegenwärtigen Auffassungen die Wahrnehmungen, Erinnerungen und Emotionen das Primäre und Reale (und das über sehr lange Zeiträume auch Persistente), während das 'Selbst' und das 'Ich' einer Person nach meiner aktuellen Auffassung nur spezifische Komplexe aus diesen seelischen Regungen sind: Moleküle können leichter zerfallen als Atome ...

Erstaunlich und eigentlich unglaublich ist die Vision von 1915 auf 1995. Es ist die einzige mir bekannte Präkognition in ein zukünftiges Leben hinein. Beim Sterben werden oft Voraussagen gemacht.*) Aber dieser individuelle Blick in ein seelenverwandtes neues Leben hinein - und dazu dieser spezifische Auftrag - das sind sehr ungewöhnliche Dinge. Und sie machen nachdenklich.

Was ich auch langsam realisiere: offenbar ist die Kraft und Intensität einer Emotion korreliert mit ihrer Dauerhaftigkeit (nach dem Tode dessen, der sie hatte) sowie mit ihrer künftigen Zugänglichkeit (durch einen 'Schauenden') und ggfs. mit ihrer Wirksamkeit (sofern sie wie hier intentionale Akte enthält). Physikalisch gesehen aber eigentlich ganz normal ...

Ich wünsche allseits ein schönes Wochenende.

Sagitta

*)/**) berühmte literarische (!!) Beispiele etwa der Wahnsinn der Kassandra oder der 'Fluch' des Jacques de Molay.


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