Irrelevant (Freie Themen)

Bär, Sonntag, 12.06.2016, 16:06 (vor 2865 Tagen) @ Taurec (9030 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Dienstag, 22.01.2019, 16:19

Moin Taurec,


die von dir eruierten Angaben sind durchaus plausibel.

Gleichwohl ist nach meiner Erfahrung die Fläche, zumindest für das Szenario des Übergangs mit Einfluß auf die tragfähige Bevölkerungsmenge, den wir durchaus mit einigen Jahren ansetzen müssen, eindeutig nachrangig. Im Zweifel muss sich die Bevölkerung ungeachtet wieviel Fläche zur Verfügung steht auf ein weit niedrigeres Maß reduzieren obwohl die Fläche reichen würde.

Heutiger Stand ist dass von denen, die das hier lesen fast keiner unter optimalen Bedingungen in der Lage ist sich selbst zu versorgen. Das fängt an beim Wissen und geht weiter über die körperliche Belastbarkeit. Drei Tomatentöpfe auf dem Balkon sind keine Selbstversorgung.

Der nächste Punkt ist die Verfügbarkeit von Saatgut. Hybriden, Gen manipulierte Saaten, Terminatorsaaten und besonders Hochleistungszüchtungen die gar nicht mehr in der Lage sind sich zu entwickeln wenn der ungewünschte Aufwuchs nicht durch Chemie bekämpft wird, sind so weit verbreitet, dass man im Falle eines Zusammenbruchs schon gewaltig suchen muss um entsprechendes Saatgut zu bekommen.

Ein befreundeter Bauer machte einen Testlauf. Seine verhältnismässig guten Böden bestellte er mit Getreide und ließ es ohne Chemie und Kunstdünger reifen. Das Ergebnis war schlicht Schrott. Das wenige Getreide war schwarz vor Pilzerkrankungen, schimmelig und schlicht nicht zu verwenden bei ansonsten gleicher professioneller Behandlung.

Es ist schlichtweg nicht realisierbar in einem Jahr die Produktion um zu stellen. Jeder Neu-Biobauer weiß dass es Zeit und blutige Erfahrungen brauch bis er einigermaßen biologisch anbauen kann.

Der nächste Punkt ist das Wetter. Heute bereits ist es ziemlich aus den Fugen geraten. Im ersten Jahr hatte ich je nach Sorte hier 10 kg Kartoffeln auf dem Quadratmeter. Danach kam dann der Regen. Regen ohne Ende und in dem Jahr hatte ich statt der 2 bis 3 Tonnen die zu erwarten gewesen wären gerade mal genug nicht matschige, schleimige von Krebs überwucherte Kartoffeln um die Familie zu ernähren. Im kommenden Jahr waren die Potaten kerngesund, knackig, einfach genial. Aaaber es hatte in der relevanten Zeit quasi gar nicht geregnet. Und so kam ich bei gleichen Böden und gleichen Sorten gerade mal auf ein Kilo pro Quadratmeter.

Im kleinen Hausgärtchen mit Wasserhahn an dem man nur drehen muss ist das ja kein Problem. Für die kommende Zeit würde ich mich ungern auf das Wasser aus der Leitung verlassen. Insbesondere nicht wenn ich die Kartoffeln dringend zum Überleben benötige.

Unter dem Strich muss also ein Mehrfaches von dem Benötigten angebaut werden um die Versorgung zu sichern. Auch der Flächenbedarf ist somit weit größer.

Bisher haben wir von Kohlehydraten und Vitaminen gesprochen. Der Flächenbedarf ist noch verhältnismässig. Nun kommen wir zum Protein.

Fleisch, Eier, Milch haben einen höheren Flächenbedarf in der Produktion. In der Praxis kann später die Fläche verwendet werden die sich nicht gut beackern lässt. Schafe sind da für mich die erste Wahl. Kühe sind einfach zu schwer für die kleinen Hänge. Wer nun mit veganem oder vegatarischen Leben darherkommt, möge sich gerne in seiner kuscheligen Scheinwelt einer esoterischen Luxusgesellschaft zurück begeben. In einem Zusammenbruchsszenario hat er nichts zu suchen sondern belastet allenthalben die überlebenfähigen Menschen mit seinem Verlangen nach "gesundem Essen". Abgesehen von Mangelerscheinungen ist ein Mensch ohne angemessene Zufuhr an Proteinen und Fetten nicht leistungsfähig genug um in einem Weltenwende Szenario die harte körperliche Arbeit und Entbehrungen zu überleben.

Die junge Veganerin die versuchte den Mount Everest zu besteigen um zu beweisen wie leistungsfähig sie sei, wurde mit Füßen voran wieder runter geholt.

Also brauchen wir auch Proteine und Fette. Pflanzliche Fette, wir testen die kommende Zeit welche Pflanzen geeignet sind und sich mit angemessenem Aufwand anbauen lassen, wie das Öl gewonnen wird (Piteba), welche Ausbeute zu erwarten ist usw.. sind möglich, aber nur bedingt geeignet.

Pflanzliche Proteine sind schlichtweg nicht in ausreichendem Maße zu generieren. Soja vom Samen bis zur Tofuwurst ist schlicht Unsinn slebst zu produzieren. Hülsenfrüchte anbauen ohne Ende, bitte wer mag, meine Erfolge sind eher bescheiden. Zur Versorgung einer Gruppe von 10 Personen ist das einfach unmöglich unter Krisenbedingungen. Grüne Bohnen sind verhältnismässig zu produzieren, Erbsen und Bohnen zum Trocknen ist bereits eine sportliche Aufgabe. Ich lagere sie lieber heute ein für eine Krise.

Also brauchen wir das Hühnerei und die Milch. Hast du schon mal gesehen wieviel Getreide du benötigst um ein Hühnerei zu produzieren? Und dann denk an meinen Kollegen dem es fast unmöglich war Getreide ohne Chemie und Düngemittel her zu stellen das genießbar gewesen wäre, dann weisst du wie schwer das Hühnerei zu produzieren ist. DIe einzelnen sich selbst ernährenden Hühner um den Hof herum holt sich verdammt schnell Meister Reinecke und für schiache Horden sind sie eine leichte Beute. Also müssen sie auf ein paar hndert Quadratmetern zugefüttert werden um Eier produzieren zu können.

Die Milch aus dem Schaf raus quetschen geht mit Übung. Und dann? Ohne Kühlschrank geht es nur vom Euter in den Mund. Aber Milch geben die Schafe nur ein paar Monate lang. Schafskäse ist delikat und lässt sich gut herstellen. Aber du brauchst Lab und Calzium. Wer hat das für Jahre im Vorrat?

Zusätzlich zu diesen Problemen kommen dann schiache Horden die ernten wollen ohne an zu bauen. Mit der AK auf dem Rücken Unkraut jäten, glaube mir, ist kein Vergnügen. Die Zahnschmerzen behandelt keine Zahnklinik mehr sondern, mit Glück, Dr. Eisenbart. Wenn er denn dann mal auf dem Marktplatz steht mit seinem Holzhammer. Also bist du zusätzlich eingeschränkt beim Arbeiten. Die Schmerzen ignorieren und die Horden rechtzeitig erkennen beansprucht dich ganz schön.

Die tolle Rohmilch, wenn man sie dann hat, ist richtig gut. Aber wer sie das erste Mal trinkt, stellt fest, dass sein Wohlstandsdarm, gehätschelt und getätschelt durch Hygiene, Pasteurisieren und Homogenisieren, gar übelst darauf reagiert. Gerade schilderte mir jemand was sein Bauch so alles angestellt hat nach dem Genuß eines Liters Rohmilch.

Und dann noch ein paar Seuchen durch mit immigrierte inzwischen bei uns unbekannte Erreger, die Tuberkulose bietet sich neben Krätze und Läusen ja gerade nahezu an, und die Hälfte der Mitarbeiter liegt 70 cm tief unter dem Acker. Wie wir mit den ganzen viralen und bakteriellen Immigrationsleistungen in der Weltenwende klar kommen wollen erschließt sich mir noch nicht. Dass der Acker der Verblichenen dann aber so lange ausfällt zur Nahrungsproduktion bis sich jemand findet, der anbauen will und kann , ist klar. Und wer dann will muss die Ruderalvegetation erst mal wieder zurück drängen und ganz von vorne anfangen.

Es wird also meines Ermessens eine Reduktion des Humankapitals weit unterhalb der Tragfähigkeitsgrenze geben müssen. Erst langsam, die wenigen verwendbaren Saaten müssen erst mal erfolgreich in die Erde kommen und vermehrt werden, zur Nahrungsgewinnung bleibt da anfangs nichts übrig, wird ganz langsam, über viele Jahre eine erfolgreiche Umstellung erfolgen können.

Und dann wird ein bescheidenes Leben mit einer Großfamilie von 8 bis 12 Personen auf 3 oder 4 Hektar Land möglich sein. Nach Jahren. Und natürlich wird dann auch irgendwann eine Ertragssteigerung möglich sein im Einklang mit der Natur. Irgendwann. Wenn die klimatischen Verhältnisse es ermöglichen. Mit Terra Preta, heimischen Saaten die Standort angepasst sind und ohne Diesel und 100 PS Schlepper.

Bis dahin ist alles an Humankapital, was über eine Person pro Hektar hinaus geht auf Almosen von irgendwo her oder versteckte Ravioli Dosen angewiesen.

Lösungsansätze wie Terra zu verwenden gibt es reichlich und sie sind eine sehr gute Perspektive. Aber diese Perspektive ist nur langfristig und hilft bei der Ernährung der rasant zunehmenden 80 Millionen im Lande nicht viel.

Deshalb halte ich an meiner Drei-Säulen-Theorie fest. Vorräte für Zeiten in denen kaum oder keine Produktion möglich ist, Selbstversorgung als Ergänzung bzw. bei viel Erfahrung auch zur alleinigen Existenzgrundlage und Edelmetalle um sich bevorzugt vor den erfolglosen Papiergeldhortern, mit Notwendigem versorgen zu können sofern die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen es zulassen.

Und natürlich muss das Ganze auch gesichert werden können.

Anschließend können wir uns darüber unterhalten wie groß die Fläche sein muss um uns nachhaltig zu ernähren. Bis dahin hat die Frage nach der benötigten Fläche kaum Relevanz. Die paar Leute, die es geschafft haben, nicht ganzflächig, sondern hier und da einige wenige, können sich dann soweit vermehren wie es die verfügbaren Flächen, der weitaus größte Teil der heutigen Flächen wird erst wieder rekultiviert werden müssen, auch zulassen.

Mich geht das nicht mehr so viel an. Deine Generation Taurec setzt sich dann damit auseinander Effizienz auf eine Art zu erwirken, die ohne Raubbau an den Ressourcen funktioniert. Wenn es wirklich wärmer wird und genug Wasser da ist sind zwei oder drei Ernten möglich und der Flächenbedarf relativiert sich um diesen Faktor. Wenn weiter schiache Horden auftauchen über Jahrzehnte, leidet die Fähigkeit nachhaltig zu produzieren erheblich. Wird viel Militär und Ordnungskräfte benötigt, unproduktive Mitesser, müssen weit mehr Menschen für sie produzieren usw..

Meines Ermessens zu viele Variablen um einen Flächenbedarf seriös zu prognostizieren.

Herzlichen Bärengruß


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