keineswegs (Schauungen & Prophezeiungen)

Baldur, Freitag, 25.03.2016, 22:46 (vor 2947 Tagen) @ rauhnacht (3117 Aufrufe)
bearbeitet von Baldur, Freitag, 25.03.2016, 23:14

Hallo, rauhnacht,


Damit implizierst Du sehr deutlich, WEM das in erster Linie nützen soll. Den leidenden Angehörigen und dann in der Weiterleitung aus MITGEFÜHL auch der Oma Tüdelbeck, die sich grämt, dass nun kein Erbe übrig bleibt, alle ihr Leiden kaum mehr ertragen können und sie deutlich spürt, wie alle, auch sie den Tod willkommen heißen würden.

vielleicht habe ich nicht alle möglichen Abgrenzungen getroffen, was ich nun sagen will und was nicht und was auf keinen Fall, weil ich keine Angehörigen mehr habe, der nächste in der Reihenfolge, den Sensenmann zu treffen, werde ich sein.

Mag sein, dass ich deswegen an Erbschleicher nicht dachte. Ich rede auch für mich und nicht für andere.

.....siehe Nachtrag unten....

Ich habe den Weg zum Ende meines Vaters erlebt, das war grausam.
Er bat mich, ihm seine (legal besessene) Schusswaffe in die Klinik einzuschmuggeln, um endlich Schluss machen zu können. Naturlich konnte ich ihm das nicht erfüllen.

Sein Zustand war unumkehrbar, alle Ärzte wussten das, die meisten kannten ihn, aber als es in die letzte Runde ging, hatte die gesamte Stammbelegschaft der Klinik die grössten Schwierigkeiten, dem eindeutigen und vielfach geäusserten Wunsch meines Vaters UND seiner Angehörigen zu entsprechen, und das Elend nicht noch maschinell zu verlängern, als ein kleines, unbedeutendes, mieses Arschloch, ein aushelfender Jungarzt, auf die Barrikaden ging, und sich profilieren wollte, und alles mögliche auf eigene Faust ansetzen wollte, weil alles andere (keine Zwangsbeatmung) doch fast aktive Dingenz sein würde - er hatte es so interpretiert, und wollte sich durchsetzen.

Gehts noch?

Als meine Mutter über Wochen hinweg nicht starb, sondern elendiglich verreckte (Krebs im Endstadium mit Gehirn- und Lungenmetastasen), hatte ich schon Probleme, eine halbwegs ausreichende Morphiumgabe zu erwirken. Es könnte ja möglicherweise zu einem vorzeitigen Exitus führen, wenn man da........

Gehts noch?

Durch den Tod meiner Eltern kamen jede Menge Probleme auf mich zu, und nicht ein einziger Vorteil. Sie hatten auch keine Lebensversicherung.

Aber eines haben mir diese Erfahrungen gebracht, nämlich den Wunsch, selbst zu bestimmen, wann ich mal genug habe.

Mein Vater wäre gerne gegangen, als es unzumutbar wurde (aus seiner! Sicht).
Ich weiss nicht, wieviel meine Mutter gegeben hätte, wenn sie aus dieser katastrophalen Lage ein paar Tage vorher erlöst worden wäre.

Aber ich werde es, sofern es mir möglich ist, nicht zum letzten Tag ankommen lassen und mit reichlichem Sicherheitspuffer gehen. Wenn ich dies für richtig halte.
Glücklicherweise gibt es auch fortschrittlichere Länder auf dieser Welt, die solche Wünsche respektieren.

Und die Angst dazu ist uns anerzogen worden,
genau ZU DIESEM ZWECK!

Dann erzähle mal meiner Mutter, die Angst hatte, wie ihr Grossvater qualvoll zu ersticken, dessen Zehennägel sich im Todeskampf durch die Bettdecke geborht hatten, dass das ja nur Angstmache ist. Und gar nicht so schlimm.

Die Befürchtung, dass eine liberalere Handhabung der Sterbehilfe zu Missbrauch führen würde, halte ich für vorgeschoben und eine Ausrede aus kirchlichen Kreisen, denen dann die Angstopfer als ihr zahlendes Klientel, sowie aus dem pharmakologisch-medizinischen Komplex, dem dann die Gewinne fehlen würden.

Wieso, bitteschön, respektiert niemand den Willen des Betroffenen?

Beste Grüsse vom Baldur

Nachtrag:
ich habe meinen Ursprungsbeitrag nochmals nachgelesen.
Dort schrieb ich:

Insofern bin ich ein absoluter Befürworter von Sterbehilfe.
Jeder sollte selbst entscheiden dürfen, wann und wie er gehen möchte.

Wieso soll ich mich ggf. monatelang quälen, wenn es doch in Kürze vorbei sein wird - wer masst sich an, mir die Quälerei aufzuzwingen, es mir vorzuschreiben, dass ich leiden muss, weil andere ein anderes moralisches Empfinden haben, dass auf alle übertragen werden muss?

Das "Insofern" kann missverständlich sein, ich bezog es auf die gemachten Erfahrungen, dass das Ende sehr leidvoll sein kann und ich dies nicht aushalten möchte, wenn es mich betrifft.

Durch den Nachsatz, dass ich für mich rede, hielt ich es aber für ausreichend bestimmt.
Ich hoffe, das ist mittlerweile klar geworden.

Ich möchte für mich aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen dürfen. Nicht mehr und nicht weniger.
Dazu muss es sie geben.


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