Die Frucht der Erkenntnis (Schauungen & Prophezeiungen)

aavadan, Freitag, 08.01.2016, 08:34 (vor 3023 Tagen) @ Oberberger (9623 Aufrufe)

Lieber Oberberger, liebe willkommenen Mitleser,

ich möchte meinen Standpunkt gern klarmachen:

...ich möchte einfach von diesen Gottesbegriffen weg, diesem religiösem Verzücken, diesem Frömmeln, in welches, meines Erachtens, dann immer viele Menschen abgleiten und dann Gotteserfahrungen, Götterbegegnungen und der gleichen mehr postulieren, welche dann zu Schauungen mit stark religiösem Farbton "verkommen" können;

genau! Daher meine Bemerkung: "Es dürfen bei der Betrachtung derart wichtiger Dinge keine religiösen Voreingenommenheiten im Wege stehen, dieses Thema ist grenzenlos und auch so zu betrachten."
Ganz meine Meinung, eine religiöse Betrachtung steht dem Sinn oder Wissenszuwachs im Wege. Um diese These zu belegen, hier eine – etwas erheiternde Aussage unbekannter Quelle dazu:

Als der alte Gelehrte starb, kam er in den Himmel. Petrus empfing ihn freundlich und fragte nach seinen Wünschen. „Ich hätte gern eine Audienz bei Gott“, sagte der Gelehrte unverhohlen. Petrus lachte herzlich: „Lieber Mann, das kann dauern, Gott ist sehr beschäftigt, und es sind viele andere vor Dir dran.“ Der Gelehrte wartete. Lange Zeit. Schließlich durfte er beim Abendmahl tatsächlich direkt neben Gott sitzen. Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und wurde immer nervöser, bis Gott ihn schließlich ansprach: „Was ist es, mein Freund?“ „Ach, sagte der Gelehrte, es quält mich nun schon mein ganzes Leben die Frage, welche Religion eigentlich nun die richtige ist, das Christentum, der Hinduismus, der Buddhismus, der Islam, die Naturglauben, der Shintoismus…?“ Gott lächelte und lehnte sich langsam in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme und sagte: „Ach, weißt Du, ich war nie besonders religiös.“

Aber gleichzeitig zerstört die Genesis an dieser Stelle den Gott gleich wieder, indem sie Ihn auf eine Information, eine Formel, die Weltenformel oder Cosmosformel verweist und damit entpersonalisiert. Sozusagen: Gott ist die Weltenformel/Cosmosformel - nicht mehr und nicht weniger, Punct.
Das hat natürlich ganz andere Auswirkungen als die Existenz eines Gottes - auch eines allmächtigen, liebenden und gleichzeitig strafenden Gottes, denn die Cosmosformel wirkt je nach Beachtung oder Nichtbeachtung liebend oder strafend auf Lebewesen, die hochemotional reagieren - und....gnadenlos! Es giebt kein Entkommen bei Fehlentscheidungen, bei Nachlässigkeiten, nur Zufall kann etwas mildernder wirken, wenn etwas in die falsche Richtung läuft - als die "Gnade Gottes" wäre das dann interpretierbar. Deshalb auch die Unaussprechlichkeit oder Unaussprechbarkeit?? des Namens Jahwe!

Wie Ulrich richtig sagt, verwechselst Du hier den alten strafenden, manches Mal sogar eifersüchtigen :mauer: Gott des Alten Testaments mit dem liebenden Gottvater des Neuen Testaments. Für den "alten" Gott hast Du vollkommen recht. Unbenennbar, unannehmbar, Un-glaub-lich. Die Anmerkungen von Ulrich dazu:

"um irgendwie nachvollziehbar zu machen, wie sich der in der Genesis geschilderte Schöpfer, der regionale Stammesgott JHWH , zum kosmischen Logos-Weltgeist des Johannes-Evangeliums gewandelt hat. Ist kaum unter einen Hut zu bringen, weswegen man es fast entschuldigend damit begründet, daß diese Idee der griechischen Antike eben eher entspricht und deswegen für die Verbreitung des christlichen (Kirchen-)Glaubens förderlicher ist, weil sie auf weniger Widerstand trifft."

sind genau meine Meinung. Hier hat die Kirche – ähnlich zu "Petrus, der Fels, auf den ich meine Kirche bauen will", etwas von hinten durch die Brust ins Auge hergeleitet, um Machtansprüche zu formulieren und zu sichern.

ABER!

Kirche ist nicht Glauben. Auf der Sinnsuche, auch in der Sinnsuche in Schauungen, müssen wir immer das Gesamtbild betrachten (auch das einer Schauung). Denn, gehen wir analytisch vor, so führt das schnell in die Irre, wenn wir einzelne Teile der Bibel, einer Schauung oder eines Bildes getrennt vom Gesamtzusammenhang betrachten und dann entweder unser Wissen (und unseren Glauben) an den Einzelheiten festmachen oder diese Einzelteile "widerlegen" wollen, und so die Gesamtinformation des Wortes, des Bildes zerstören. Wir können doch nicht hergehen und aus dem Bild der Mona Lisa einen Quadratzentimeter herauslösen, um ihn dann zu betrachten und interpretieren zu wollen. Dann fehlt der Gesamtzusammenhang, das Gesamtbild und damit der Sinn. Wir können dann die Farben analysieren, woher sie stammen, ob das Bild in die Epoche passt, wie der Pinselstrich war, ob es der Meister oder ein Schüler gemalt hat, etc pp ad infinitum.

Hier geht es doch nicht um wissenschaftlich-analytische Arbeiten, hier geht es doch um Schauungen. Und ich versuche zu erklären, dass eine Interpretation (=immer eine Sinngebung, keine Analyse) den betrachteten Gegenstand (auch eine Schauung) unberührt lässt. Die hier manches Mal anzutreffende Analyse, der Streit um Worte führen für mich auf Abwege, die nicht zum Ziel eines besseren Verständnisses von Schauungen führen. (Das Folgende bezieht sich nicht auf Dich, Oberberger) Nein, diese Analysen und das Insistieren auf Vergleiche ("aber damals hat er gesagt...) irritieren manche Forumsschreiber, weil sie nicht so gut darin sind, die Sachebene von der Beziehungsebene (nach Paul Watzlawick) auseinanderzuhalten. Natürlich könnte man auch im Ton ein wenig mehr Rücksicht nehmen, aber das ist nun mal Charaktersache und das muss jeder selbst wissen. Es muss bei Schauungen wie bei Textbeiträgen immer um den Gehalt, nicht um die Verpackung gehen, sonst verlieren wir uns in der Betrachtung in dementia, weil die Betrachtung aller Einzelheiten eines Bildes, einer Schauung, in den Un-SINN führt.

"Buchstaben ergeben Wörter ergeben Worte ergeben Bilder ergeben Sinn."
Du meinst wahrscheinlich :
"Buchstaben ergeben Wörter ergeben Sätze ergeben Bilder ergeben Sinn."

Nein. Das meine ich nicht.
Ich meine "Buchstaben ergeben Wörter ergeben Worte ergeben Bilder ergeben Sinn." Hier ist "Worte" im Sinne (einige) "Wörter die einen Zusammenhang bilden", also genau die "Evolutionsstufe" zwischen dem Wort, den Wörtern und den Bildern.

So, jetzt gut festhalten und unbedingt zu Ende lesen Für mich ist die Bibel eine der möglichen Quellen der Erkenntnis, wie das Gespräch von Mitreisenden neben mir in der Bahn, die Erstausgabe des I Ging, die Veden oder ein Artikel in der Bildzeitung. Warum? Weil die Informationen, die wir zum Entschlüsseln unseres Lebens oder irgend eines Problems, auch einer Schauung, immer und überall um uns herum ständig vorhanden sind. Unsere Intuition weist uns den Weg, was wirklich wirk-lich wirkend ist. Und das kann man auch den Geist Gottes nennen, der übrigens sowohl in der Genesis alsauch im Johannes Evangelium explizit genannt wird und für mich deselben Ursprungs und der selben Bedeutung ist. Daher ist Deine Verwechslung auch überhaupt nicht schlimm oder wichtig.

Es muss bei jeder Sinnsuche um den Kern der Frucht der Erkenntnis gehen und nicht um das süße ablenkende Fruchtfleisch, das die Sinne vernebelt und Erkenntnisse verhindert. Denn nur der Kern der Frucht ist fähig, neue Erkenntnisse, "neues?" belebendes Wissen, einen weiteren Baum der Erkenntnis wachsen zu lassen; der dann wiederum Früchte tragen kann.

Vielen Dank!

Mit den besten Wünschen
aavadan


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