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Angeblicher Traum Friedrichs der Großen über Finsternis, Himmelskörper und Weltenbrand (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Montag, 29.07.2013, 15:54 (vor 3923 Tagen) (5185 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Mittwoch, 30.08.2017, 17:40

Hallo!

BBouvier und ich waren letztens bei Siegfried Hagl zu Besuch, welcher mir einen ganzen Ordner mit Notizen und Prophezeiungsquellen mitgab. Das meiste davon kennen wir schon, manches noch nicht, wie den folgenden Traum, den angeblich Friedrich II. hatte.

Ein kurzer Abschnitt aus dem Buch "Deutsche Geschichte" von Eberhard Orthbandt, erschienen in der Stuttgarter Hausbücherei 1955.

„Warum wurde diese Lebens- und Charakterskizze in den Gang einer Untersuchung eingeblendet, in der es doch um die Frage geht, was die schicksalhaften Ereignisse unserer Zeit für die Menschheit bedeuten?
Weil gerade dieser König, der vielen nur als religiöser Freidenker bekannt ist, einen prophetischen Traum erleben mußte, in dem wir auch manches über das uns bevorstehende Schicksal erfahren; und das wird bestimmt kein leichtes sein! Hören wir zunächst den kurzen
Bericht des königlichen Kammerdieners:

‚In einer Nacht, einige Jahre nach dem Siebenjährigen Krieg, hörte ich den König laut schreien: Feuer, Feuer! Ich stürzte sofort in sein Schlafzimmer, aber es brannte nirgends. Der König lag auf seinem Lager, ächzend, offenbar von schlimmen Träumen geängstigt. Ich erlaubte mir, ihn zu wecken. ‚Ach’, sagte er, ‚es ist gut, daß du mich wecktest. Ich hatte einen schlimmen Traum!’’
Was nun folgt, klingt unglaublich; aber der König, der wie sein Partner in der Korrespondenz, Voltaire, damals dem Geist der Aufklärung huldigte, hat dennoch seinen Traum sehr ernst genommen.

Der prophetische Traum

‚Mir träumte: ich stand auf der Terrasse von Sanssouci und um mich her sah ich mein Land und alle meine Schlösser, alles ganz dicht beieinander, und dahinter war's, als schaute ich die ganze Welt mit allen Städten und Ländern. Das alles lag da wie ein wunderschönes Bild, und ich freute mich daran.
Auf einmal verfinsterte sich der Himmel, schwarze Wolken zogen darüberhin, tiefe Nacht bedeckte die schöne Welt, unheimliches Kreischen und Ächzen ging durch die Luft. Plötzlich leuchtete mitten in den schwarzen Wolken ein glänzender Stern auf, fiel nieder, blitzschnell, und die Erde flammte auf in Feuer und Brand, die Dunkelheit wandelte siech in Tageshelle, das Feuer fraß immer weiter um sich, verbrannte alle meine Schlösser, die krachend zusammenstürzten. Der gefallene Stern hatte alles versengt und verbrannte mein ganzes Land, verwandelte die Flüsse in blutrote Ströme und die Kornfelder in Totenäcker.
Und weiter sah ich, wie der Stern, einer Rakete gleich, über alle anderen Länder der Erde dahinfuhr, überall Feuer entzündend, bis alle Städte und Länder in Asche zerfielen. Da schrie ich: Feuer, Feuer! und du wecktest mich.’

Abschließende Worte des Kammerdieners:
‚Der König sagte noch: Dieser Traum hat gewiß etwas zu bedeuten, und gewiß geschieht etwas Merkwürdiges in dieser Nacht. Schreib mir genau auf, was ich sagte, und merk dir das Datum und das Jahr!’

Schlußbemerkung des Historikers:
‚Es war der 15. August 1769, nachts 3 Uhr - die Geburtsstunde Napoleons.’ (Seite 609)

Friedrich der Große befand sich damals mitten in seiner Aufbauarbeit; es war sechs Jahre nach dem Siebenjährigen Krieg. Viel war schon geleistet, und das Land konnte nach den harten, entbehrungsreichen Jahren wieder aufblühen. Da mußte er diesen furchtbaren Traum erleben!
Was hat er ihm und uns zu sagen?
Der König schaut in seinem visionsartigen Traum den Untergang Preußens, und zwar einige Jahrzehnte vor dem tatsächlichen Geschehen. Rückblickend können wir heute alles leichter erkennen, als es Friedrich II. damals [hier endet die Kopie mitten im Satze]“

(Originalnotiz)

Mit Napoleon, der in der Nacht des Traumes geboren worden sein soll, hat der Trauminhalt sicher nichts zu tun. Allein, daß der Traum mit Napoleons Geburt datiert wird, läßt die Vermutung aufkeimen, er wäre absichtlich mit dem späteren Gegner Preußens in Zusammenhang gebracht worden, um eine schicksalsträchtige Begebenheit, bzw. eine Erklärung des Traumes gezielt herzustellen.

Der Inhalt paßt weitgehend auf die uns aus zahlreichen Schauungen und Prophezeiungen bekannte Großkatastrophe, bestehend aus Impakt-/Vulkanfinsternis und einem Himmelskörper. Wenn jemand tatsächlich eine Prophezeing ex eventu über Napoleon fälschen hätte wollen, hätte er Napoleon deutlich genannt. Die Interpretation des Autors wirkt also sehr konstruiert. Auch die Weisung Friedrichs an den Kammerdiener, sich Datum und Jahr des Traumes aufzuschreiben, weil in gerade dieser Nacht etwas bedeutendes passiert sei, ist in diesem Sinne nicht ernstzunehmen (die Begebenheit an sich erinnert ferner in Ansätzen an eine bekannte Goethe-Anekdote). Der Traum liefert keinen Hinweis, der diese Annahme berechtigte. Damit ist jedoch Friedrich als Ursprung des Traumes grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.

Eberhard Orthbandt war, soweit ich es in Erfahrung bringen konnte, Historiker und hatte mit Prophezeiungen nichts zu tun. Der Traum wurde von ihm als Friedrich-Anekdote aufgeführt. Folglich hat er aus einer älteren Quelle (irgendwann zwischen Napoleon und 1955) zitiert, in welcher der Traum bereits Friedrich zugeschrieben wurde.

Der Traum geht mit geringerer Wahrscheinlichkeit tatsächlich auf Friedrich zurück und wurde von späteren Überlieferern nachbearbeitet, um Napoleon ins Spiel zu bringen.
Wahrscheinlicher ist aber, daß es sich um eine der zahlreichen Anekdoten handelt, die später Friedrich dem Großen zugeschrieben wurden (die Literatur ist voll davon).

Da in dem Traum ein "glänzender Stern" genannt wird, der auf die Erde stürzt und Feuersbrünsten auslöst, kann er keine ausschließliche Verarbeitung zeitgenössischer Prophezeiungen sein. Der Himmelskörper, über den sich in den letzten Jahren eine ganze Reihe Schauungen angesammelt hat (Siehe hier.), war vor 1955 noch weitestgehend unbekannt. Jedenfalls kennen wir kaum ältere Quellen darüber. Wenn man die fragwürdigen Nostradamusverse abzieht, bleiben nur religiöse Prophezeiungen, in denen diffus von "Himmelszeichen" die Rede ist, Sepp Wudys undeutlicher Schein im Norden (dem eine Feuersbrunst folgt) und der "feurige Kern" Veltens, der tatsächlich 1865 den seinerzeit wissenschaftlich noch nicht beschriebenen Ablauf einer Impaktkatastrophe schildert:

"Schon zog sich wieder langsam am Himmel ein Wölkchen herauf, das immer größer und größer wurde, aber noch reifte eine dritte Ernte heran, ehe es sich ganz ausbreitete und zu einem grauen Schleier wurde, der wieder aschgrau sich über das Land ausbreitete. Die Menschen gewahren es nicht und leben in ihrem Treiben fort. Endlich rötet sich der graue Himmel an einer Stelle, ein feuriger Kern wird sichtbar dunkelrot glühend und wächst, bis er wie eine feurige Rute sich von einem Ende bis zu dem andern zieht. Die Ängstlichen beginnen nachdenklich zu werden und ein unheimliches Grauen ergreift sie - der Leichtsinn spottet der drohenden Erscheinung - die frommen Gelehrten schlagen in ihren Büchern und alten Chroniken nach und wissen nicht, wie sie es anders zu deuten haben, als auf einen Vorboten von besonderen unglücklichen Ereignissen, welche die nächste Zukunft bringen werde nach dem Vorgange früherer Jahrhunderte. Die sich aber weise und klug dünken, sprechen: was geht dieser Komet unsere Erde an, der gehört nicht zu unserer Welt und kann uns keinen Schaden bringen. Da auf einmal wehen heiße Winde, die Luft wird dick und ein Schwefelgeruch haucht aus ihr. Viele Quellen versiegen und an vielen Stellen sprudelt heißes Wasser hervor. Plötzlich tönt es wie ferner, dumpfer Donner, der Himmel steht ganz in Flammen und blutrote Wolken fliegen über das Land. Jetzt erdröhnt der Erdboden, er beginnt an vielen Stellen sich zu regen und zu winden – dann folgen einige furchtbare Stöße und Hunderte von Städten, Dörfern und Schlössern stürzen ganz oder halb zusammen oder versinken in weit geöffnete Schluchten. Ein Erdbeben hat sein Gericht gehalten und am Himmel sieht man zwei Neben-Sonnen in mattrotem Schein links und rechts von der halbverschleierten wahren Sonne. O! welch Gewinsel und Gestöhn, welch herzzerreißendes Gewimmer dringt allwärts in mein Ohr, denn Hunderttausende von Menschen, Alt und Jung, Männer, Weiber, Kinder, 1iegen erschlagen oder krümmen sich winselnd mit zerschellten Gliedmaßen unter den eingestürzten Mauern und Dächern und Überall schlägt des Feuers Lohe in riesigen Säulen zum Himmel auf. Wer sich retten konnte, hat nur das nackte Leben gerettet und sucht Schutz in den Wäldern und verschonten kleinen Hütten.
Dahin ist so viele Pracht des Landes, der Besen der Zerstörung hat sie hinweggefegt, wie ein Tyrus und Sidon, wie Ninive und Babylon, die unermeßlich reichen und großen Städte. Zerstört ist so vieles schöne Land durch den Einsturz von Felsen, welche die Täler füllen. Jammernd schleichen die Menschen umher und bangen jede neue Stunde, daß das Erdbeben sich wiederhole und sie von der Erde vertilge."

Wie wahrscheinlich ist es, daß der Urheber des angeblichen Friedrichtraumes sich von Velten inspirieren ließ?
Gibt es andere Quellen, die als Vorlage hätten dienen können?
Oder anders gefragt: Hat der Friedrichtraum einen echten seherischen Kern?
Welche älteren Quellen des Traumes selbst sind bekannt?

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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