@ throne (Schauungen & Prophezeiungen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Freitag, 26.10.2012, 02:07 (vor 4199 Tagen) @ throne (6077 Aufrufe)

Hallo throne,

Ich könnte genauso gut sagen, die Leugnung der Tatsache, dass dieses Plagiat mit jedem Tag mehr Gestalt annimmt, entzieht sich jedem vernünftigen Argument.

Ja, das könntest Du sagen, und ebenso wie ich Tillys Meinung zustimme würde ich Dir zustimmen:
Wer die zunehmende Übereinstimmung leugnet, leidet meiner Meinung unter Realitätsverlust.

Aber: Wer von der Prämisse ausgeht, daß diese zunehmende Übereinstimmung mit der Realität ein Beweis für die Authentizität der "Protokolle" sei, für den gilt ganz sicher, daß er sich jeder vernünftigen Argumentation entzieht, weil er seine "Beweisführung" auf den Faktor Übereinstimmung ja oder nein reduziert, und damit hängt er einem Glauben an.

Daß diese "Beweisführung" faktisch aber kein Beweis ist, wirst Du - im Umkehrschluß - wohl kaum bestreiten:
Von der Annahme ausgehend, wegen des Bekanntwerdens eines angeblichen Planes gäbe es eine Verschwörung die diesem zugrunde liegt, nachfolgend wegen mangelnder Übereinstimmung zwischen Plan und Realität zu urteilen, damit sei die Nicht-Existenz der Verschwörung bewiesen, ist ebenso unzulässig. Letzendlich könnte der Plan ja noch nicht durchgeführt oder gescheitert sein.

Auf Ford's "Beweisführung" bezog sich Tilly (so wie ich ihn verstehe), aber nicht auf Ford's Feststellung, daß Übereinstimmung vorhanden sei.

Hinter dieser Sicht der Dinge, die ich für falsch halte, steht meiner Meinung der Irrtum, allzu leichtfertig Ursache und Wirkung zu unterstellen, wo man tatsächlich nur Synchronizität, Kongruenz feststellen darf:

Ein Trapper hat sich in den tiefsten Wäldern von Kanada eine Blockhütte gebaut und hackt gerade Holz für den Winter. Kommt ein alter Indianer vorbei. Der Trapper denkt an die Wetterfühligkeit der alten Naturvölker und fragt: "Wie wird denn der Winter?" Der Indianer sagt: "Winter wird kalt." Der Trapper hackt sein Holz weiter. Nach einer Woche kommt wieder der Indianer vorbei und der Trapper fragt: "Wie wird denn der Winter?" Der Indianer sagt: "Winter wird sehr kalt." Also legt sich der Trapper ins Zeug und hackt ordentlich viel Holz. Nach einer Woche kommt wieder der Indianer und der Trapper fragt: "Wie wird denn der Winter?" Der Indianer sagt: "Winter wird sehr, sehr kalt." Der Trapper hackt wie wild sein Holz. Als der Indianer eine Woche später wieder kommt, fragt der Trapper abermals: "Wie wird denn der Winter?" Antwortet der Indianer: "Das wird der kälteste Winter seit Menschengedenken." Fragt der Trapper: "Woher weißt du das eigentlich?" Antwortet der Indianer: "Ganz einfach: altes indianisches Sprichwort sagt, wenn der weiße Mann Holz hackt, wird der Winter sehr kalt."


Ich halte es für paradox, daß gerade diejenigen, die der "öffentlichen Meinung" sehr kritisch gegenüberstehen, umso unkritischer vernachlässigen, die fadenscheinigen Zusammenhänge, die Fälschungen und Lügen zu hinterfragen, die ihnen von manch einem Vetreter der Verschwörung-Weltanschauungs-Industrie als "Beweiskette" aufgetischt werden.

Wegen dieses offensichtlichen Widerspruchs sehe ich die Neigung sowohl zu der gehirngewaschenen öffentlichen Meinung ebenso wie zur alles erklären wollenden gigantischen Verschwörungstheorie eher im Wunsch nach einem überschaubaren Weltbild, das vereinfacht, karikiert und schwarz-weiß-malt, um sich mit den tatsächlichen komplexen und widersprüchlichen Zusammenhängen nicht auseinandersetzen zu müssen und sich von diesen nicht verunsichern zu lassen. Daß die weißen Schafe, die Herde, für beide Weltanschauungs-Versionen eine Minderheit von schwarzen Schafe braucht, versteht sich von selbst. Und ob diese nun "die da oben", "die da unten", "die da drüben" (Variante a) oder "die da hinten, die man nicht sieht" (Variante b) sind, macht nur einen kleinen Unterschied.

Gruß,
Ulrich


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